News

Roche gibt im Kampf um Illumina auf

22.04.2012 -

Roche steht bei der feindlichen Milliarden-Übernahme des US-Gentechnikspezialisten Illumina vor dem Aus. Nach einer Niederlage auf der Illumina-Aktionärsversammlung entschied sich das Management des Schweizer Pharma- und Diagnostikkonzerns, das bis zum Freitag dauernde Angebot von 51 US-$ je Aktie nicht zu verlängern. Damit zerschlagen sich die Hoffnungen auf eine erneute Aufbesserung der Offerte. Das Illumina-Management erachtete das Angebot von insgesamt 6,8 Mrd. US-$ als zu niedrig.
Auch die Anleger glauben nun nicht mehr an eine Übernahme. Die Illumina-Aktie sackte 3 % auf 42,68 US-$ ab. Der Roche-Genussschein legte dagegen 1 % zu. Roche erleidet damit einen Rückschlag in seinen Bemühungen zur Entwicklung von Medikamenten, die speziell auf bestimmte Patientengruppen zugeschnitten sind. Illumina ist auf dem Gebiet der Gensequenzierung tätig. Mit Hilfe des Genprofils kann inzwischen bei manchen Krankheiten bestimmt werden, ob eine Behandlung wirkt oder nicht. Der Schweizer Konzern setzt stark auf dieses neue Feld der personalisierten Medizin. Dank des eigenen Diagnostikgeschäfts kann Roche im Gegensatz zu vielen anderen Pharmakonzernen die dazu nötigen Gentests selbst entwickeln und anbieten. Roche ist Weltmarktführer in der Krebsmedizin, einem Gebiet das als besonders vielversprechend für auf den Patienten zugeschnittene Medizin gilt. Aber auch Virus- und Autoimmunerkrankungen gelten als Kandidaten für maßgeschneiderte Arzneimittel.
GROSSAKTIONÄRE HALTEN ILLUMINA-CHEFS DIE TREUE
Um den Widerstand des Illumina-Managements zu überwinden und die Kontrolle über das Übernehmen zu erlangen, nominierte Roche eigene Kandidaten für den Aufsichtsrat. Doch die Aktionäre sprachen sich für die Kandidaten von Illumina aus. Ohne Empfehlung des Illumina-Kontrollgremiums dürften Roche nicht genügend Aktien angedient worden, um die Übernahme zu vollziehen. Ein Vertreter eines Hedgefonds, der auch Illumina-Titel hält, sagte, die größten drei oder vier Aktionäre stünden hinter dem Illumina-Management und dem Aufsichtsrat, sodass das Ergebnis der Aktionärsversammlung keine Überraschung darstelle. In Erwartung dieses Ergebnisses hätten viele Hedgefonds Illumina-Aktien leer verkauft und damit gute Gewinne eingefahren. Ein anderer Aktionär erklärte: "Roche hat noch keinen Preis geboten, der ausreichen würde, um Verhandlungen aufzunehmen." Roche hatte angedeutet, die Offerte erneut anzuhaben, falls der Konzern die Gelegenheit erhalten würde, Gespräche aufzunehmen und die Bücher von Illumina zu prüfen. Doch dagegen sperrte sich Illumina. Ausgehend von den öffentlich verfügbaren Informationen sei ein Preis von mehr als 51 US-$ nicht im Interesse der Roche-Eigner, entgegnete Konzernchef Severin Schwan. Noch ein anderer Grund könnte für Roche dafür gesprochen haben, jetzt Härte zu zeigen. Falls Roche sich einen Ruf schaffe, die ursprünglichen Angebote mehrmals zu erhöhen, leidet die Glaubwürdigkeit des Unternehmens Investmentbankern zufolge bei möglichen zukünftigen Transaktionen. Roche hatte bei der Veröffentlichung des Angebots Ende Januar 44,50 US-$ je Titel offeriert. Schon bei früheren Zukäufen war Roche ähnlich vorgegangen. Sowohl bei der US-Diagnostikfirma Ventana als auch beim amerikanischen Biotech-Konzern Genentech zog sich der Poker monatelang hin, schlussendlich griff Roche tiefer in die Tasche. Investmentbanker halten es für möglich, dass Roche zu einem späteren Zeitpunkt auch bei Illumina einen neuen Anlauf unternimmt. Konkurrenzangebote sind bisher nicht aufgetaucht und Experten gehen nicht davon aus, dass sich der Wert von Illumina innerhalb einiger Monate markant verändert. Auch Roche-Chef Schwan will sich nichts verbauen: "Roche wird weiterhin alle Optionen und Möglichkeiten prüfen, um unser Geschäftsportfolio weiterzuentwickeln und damit unsere führende Stellung in der Diagnostik auszuweiten", sagte er.