Chemie & Life Sciences

Der Kosmetikmarkt in China boomt

Europäische Firmen haben gute Chancen, mit chinesischen Markenanbietern zusammenzuarbeiten

19.03.2018 -

China ist weltweit der zweitgrößte Markt für kosmetische Produkte und wächst in großem Maße weiter. Das Marktvolumen insgesamt betrug für 2017 ca. 9,5 Mrd. EUR. Das geschätzte Marktvolumen bis 2021 soll 163,5 Mrd. EUR betragen. Hautpflegeprodukte und dekorative Kosmetikprodukte machen den größten Teil des gesamten Marktvolumens aus. Europäische Produzenten und Lieferanten von kosmetischen Inhaltsstoffen wollen selbstverständlich an diesem Marktwachstum partizipieren. Birgit Megges befragte Mei Gräfe, Inhaberin und Geschäftsführerin von Intergate Consulting zum chinesischen Markt für Kosmetika und den Hürden, die ein europäischer Anbieter von kosmetischen Inhaltsstoffen in Asien zu nehmen hat.

Welche Trends bestimmen den chinesischen Markt für Kosmetika?

M. Gräfe: Den größten Trend, den ich beobachtet habe, ist der Boom von chinesischen Kosmetikmarken. In den letzten zehn Jahren habe ich drei „Wellen“ erlebt: Ganz am Anfang hatten importierte Marken – meistens mit Produktion in China – die absolute Dominanz auf dem Markt. Danach kamen Kosmetikprodukte aus den Nachbarregionen, insbesondere K-Beauty Produkte, die eine Mischung von Qualität, Innovation, Lifestyle, Popkultur und Natur für die jungen chinesischen Konsumenten sind. Seit etwa zwei Jahren holen die chinesischen Marken kräftig auf. Traditionsmarken wie Herborist oder Pechoin haben TCM-Elemente, also Elemente der traditionellen chinesischen Medizin, in ihre Produkte übertragen und finden bei den Konsumenten großen Zuspruch. Desweiteres beobachte ich den Trend einer tieferen Produktsegmentierung als früher. Produkte wie Lippenpeeling, Gesichts-Lifting-Patches oder Augenbrauenpflege sind keine fremden Begriffe mehr, sondern werden von Konsumenten akzeptiert und mit einer Selbstverständlichkeit gekauft.

Wie stehen chinesische Unternehmen zu Anbietern aus anderen Ländern?

M. Gräfe: Chinesische Unternehmen suchen zunehmend die Zusammenarbeit mit ausländischen Produktentwicklern und OEM-Herstellern, um innovative Produktkonzepte zu realisieren und auf den Markt zu bringen. Es gibt eine rege Zusammenarbeit mit koreanischen Anbietern. Auch europäische Firmen haben aufgrund der hohen Produktqualität und des positiven Images gute Chancen, mit chinesischen Markenanbietern zusammenzuarbeiten.

Wie unterscheiden sich die Ansprüche der Konsumenten an kosmetische Produkte in China von denen in Europa?

M. Gräfe: Ich habe eine ganz interessante Beobachtung bezüglich dieser Frage gemacht: Kosmetikerinnen in Europa sind immer wieder von der „elastischen, dicken Haut“ der Asiatinnen beeindruckt, doch die meisten Chinesinnen halten ihre Haut für empfindlich und trocken. Gleichzeitig haben sie sehr hohe Ansprüche bezüglich der eigenen Gesichtshaut und Haut überhaupt. Sie sollte sprichwörtlich makellos und straff sein. So werden zum Beispiel Anti-Falten-Produkte oftmals viel früher eingesetzt als in Europa. Produkte mit aufhellender Funktion sind nach wie vor sehr beliebt. Feuchtigkeitsspendende Produkte gehören ebenfalls zu den Must-haves.

Mit welchen kosmetischen Inhaltsstoffen haben europäische Firmen derzeit die größten Chancen auf dem chinesischen Markt?

M. Gräfe: Hochwertige Inhaltsstoffe, die außerordentlich wirkungsvoll sind, also Anti-Aging-Features und aufhellende Funktionen besitzen oder viel Feuchtigkeit spenden sind beliebt. Inhaltsstoffe mit Bezug zur Natur haben ebenfalls sehr gute Chancen auf dem chinesischen Markt, weil Chinesen durch ihren Glauben an die traditionelle chinesische Medizin der Wirkung natürlicher Inhaltsstoffe vertrauen. Auf der anderen Seite gibt es genügend lokale Inhaltsstoffe, deren Wirkungen für die Konsumenten nachvollziehbarer sind als zum Beispiel ein „fremder natürlicher Inhaltsstoff“ aus dem Ausland. Insofern ist meiner Meinung nach Marketingarbeit für Inhaltsstoffanbieter genauso wichtig wie für die Anbieter der Fertigprodukte.

Welches ist die größte Hürde, die ein europäischer Produzent nehmen muss, um einen innovativen Inhaltsstoff in China zu vermarkten?

M. Gräfe: Die größte Hürde für europäische Anbieter von Kosmetikinhaltsstoffe ist tatsächlich die Markttauglichkeit, sprich das Erzielen der Inhaltsstoffregistrierung in China. Die Inhaltsstoffzulassung in China hat mittlerweile ebenfalls großen Einfluss auf das Europageschäft von Inhaltsstoffanbietern, weil viele Kosmetikmarkenhersteller den Produktverkauf in China längerfristig planen. Mit einem in China nicht zugelassenen Inhaltsstoff kann der Kosmetikhersteller sein Produkt in China nicht anmelden und verkaufen.

Lohnt sich für ein europäisches Unternehmen das aufwendige Zulassungsverfahren?

M. Gräfe: Das Potenzial des chinesischen Marktes lässt sich für einen Markenhersteller nicht ignorieren. Das Zulassungsverfahren für Kosmetikinhaltsstoffe dauert allerdings je nach Funktionalität drei bis fünf Jahre. Deswegen rate ich zu einer frühzeitigen Planung der Anmeldung. Im Vergleich zur Kosmetikproduktanmeldung ist der Zulassungsprozess für einen neuen Inhaltsstoff viel komplexer, weil wesentlich mehr Informationen über die Entstehung des Produkts, vorhandene Testberichte und wichtige Produktangaben benötigt werden. Erfolgsentscheidend sind vollständige und qualifizierte Informationen sowie die Durchführung der Anmeldung von einem professionellen Dienstleister, zumal die vorzuliegenden Dokumente oft sensible Informationen über die Kernkompetenzen eines Inhaltsstoffanbieters enthalten. Auf der anderen Seite ist unserer Erfahrung nach die Datensicherheit bei der chinesischen Registrierungsbehörde CFDA weitgehend gewährt. Die effiziente Kommunikation zwischen dem Dienstleister und dem Inhaltsstoffanbieter trägt ebenfalls zu einer reibungslosen Zusammenarbeit und dadurch zum endgültigen Projekterfolg bei.