Chemie & Life Sciences

Erschließung Seltener Erden

Mikroorganismen sollen zukünftig bei der Aufarbeitung Seltener Erden eine große Rolle spielen

24.09.2014 -

Die Metalle der Seltenen Erden (SEE) sind allgegenwärtig in den Gesteinen der Erdkruste. Sie liegen jedoch nur selten in wirtschaftlich interessanten Konzentrationen vor. Zudem ist ihre Gewinnung oft mit unerwünschten negativen Begleiterscheinungen verbunden. Die SEE stellen jedoch für viele Hochtechnologieprodukte einen unverzichtbaren, weil kaum substituierbaren Rohstoff dar. Sowohl Bundesregierung als auch EU-Kommission stufen daher die SEE als strategisch wichtige Metalle ein, deren Versorgungssicherheit geopolitisch gefährdet ist. Nachhaltige Prozesse zur Gewinnung der Metalle aus heimischen oder zumindest sicheren Import-Quellen sind gesucht. Neue biologische Verfahren könnten eine bedeutende Rolle in der SEE-Gewinnungskette einnehmen.

Der Weltmarktanteil Chinas im Segment der SEE betrug im vergangenen Jahr etwa 92%. Durch diese Quasi-Monopolstellung bestimmt das Land Preis und Verfügbarkeit dieser industriell wichtigen Metalle. Als Reaktion auf die 2010 temporär stark reduzierte Exportquote seitens China und der damit verbundenen explosionsartigen Preiserhöhung der SEE, begannen Explorationsunternehmen weltweit etwa 400 aussichtsreiche Vorkommen zu untersuchen. Seit jener Zeit hat China den Export jedoch wieder normalisiert und die SEE-Preise haben stark konsolidiert. Eine Neuexploration und Entwicklung von SEE-Projekten erscheint derzeit wenig lukrativ. Dennoch, als Resultat der Hochpreisphase und der massiven Marktverunsicherung ist es den zwei westlichen Produzenten Lynas und Molycorp gelungen, die Produktion seltener Erden zu starten, wodurch China mittlerweile ca. 5,5% Marktanteil eingebüßt hat. Allerdings werden die beiden Produzenten zurzeit mit einem starken Preisverfall für SEE konfrontiert. Als Resultat sind sie gemäß ihrer Bilanzen höchst unwirtschaftlich. Preiswertere und nachhaltigere Prozesse tun Not, um die SEE-Produktion unabhängiger von Importen zu gestalten.

Interessante Zukunftsmärkte

Im Jahr 2013 wurden gemäß Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe weltweit rund 90.500 t Seltenerdenoxide, z.B. als Beiprodukte bei der Eisenerz-Aufbereitung, gewonnen. Dies ist aber nur die Vorstufe für ein verwendbares Produkt. Eine Trennung und Raffinierung der Seltenen Erden ist Grundvorrausetzung für eine technische Anwendung. Laut Kingsnorth (2013) waren SEE im Jahre 2012 Bestandteil von Industrieprodukten wie Elektromotoren und Magneten (20% Marktanteil), innovativen Metall-Legierungen (19%), Katalysatoren (19%), Polituren (16%), Gläsern (7%), Leuchtmitteln (7%) und Keramiken (6%) sowie einigen Nischenmärkten (6%). Insbesondere die schweren Seltenen Erden wie Dysprosium, Terbium oder Europium sind sehr selten, haben aber einen hohen Nutzen und sind damit von großem strategischem Interesse. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung unterstützt daher seit Juli 2013 die Forschung und Entwicklung der Ceritech zur Etablierung eines metallspezifischen, biotechnologischen und nachhaltigen Trennprozesses im Rahmen der strategischen Allianz „ZeroCarbFP".

Bioprospecting im Erdreich

In den vergangenen Monaten wurden die ca. 30.000 Mikroorganismen des „BRAIN-BioArchivs" hinsichtlich ihrer Fähigkeit zur spezifischen Bindung und Anreicherung von SEE-Metallen durchmustert und eine Vielzahl unterschiedlicher Stämme identifiziert, die sowohl aus artifiziellen Seltenerdgemischen als auch aus realen Erzlaugen einzelne Metalle spezifisch anreichern können. Ceritech verfügt in diesem Zusammenhang über eine eigene SEE-Lagerstätte in Storkwitz, nördlich von Leipzig. Diese stellt das einzige abbaubare SEE-Vorkommen in Mitteleuropa dar. Proben der Storkwitz-Bohrkerne, die bis in 700 m Tiefe reichen, wurden von BRAIN einem Bioprospecting unterzogen. Dabei fanden sich erstaunlicherweise selbst in Tiefen von 400-700 m Mikroorganismen, welche durch eine spezifische Bindung und Anreicherung von SEE auffielen.

Verfahrensentwicklung

Mit den aus verschiedenen Quellen identifizierten Mikroorganismen wird zurzeit ein industrielles Verfahren zur SEE-Abtrennung aus Erzlaugen entwickelt. Zusätzlich werden die SEE-bindenden Mikroorganismen genauer bzgl. ihres SEE-Bindeverhaltens charakterisiert. Hierbei wurden bereits biologische Strukturen mehrerer Stoffklassen identifiziert, die die Grundlage der spezifischen und selektiven SEE-Bindung darstellen. Die gebildeten Metall-Biomassekomplexe werden in einem einfach skalierbaren Prozessschritt, wie z.B. Sedimentation, Flokkulation, Flotation oder Chromatographie von übrigen Laugebestandteilen getrennt.

Molekulare Prinzipien

Bei dem Versuch, das molekulare Prinzip der spezifischen Anreicherung von SEE durch Mikroorganismen zu verstehen, wurden verschiedene Bindeprinzipien entdeckt. So konnten bereits Mikroorganismen beschrieben werden, die metallbindende Moleküle verschiedener Stoffklassen bilden. Dabei handelt es sich um natürliche Chelatoren die in der Lage sind, neben Eisen durch Variation der eingesetzten Puffersysteme auch SEE-Metalle in ionischer Form zu binden. Auch einigen mikrobiellen Polymeren konnte eine solche, Metalle bindende Rolle zugewiesen werden. Diese Polymere zeichnen sich durch eine hohe Bindespezifität aus und die sie bildenden Mikroorganismen sollen in den nächsten Monaten in Anwendungsversuchen zur spezifischen SEE-Anreicherung zum Einsatz kommen.

Green-Mining-Ansätze

Bei der biotechnologischen Erschließung von Metallen wird oft auch von „Green Mining" gesprochen. Darunter fallen so unterschiedliche Ansätze wie Biolaugung, Biosorption oder biologische Flotation. Gemein ist all diesen Verfahren, dass sie die Gewinnung von metallischen Rohstoffen mit vergleichsweise geringen Belastungen für Mensch und Umwelt erlauben. Gleichzeitig können solche Verfahren durchaus auch aus ökonomischer Sicht mit klassischen Metallgewinnungsverfahren mithalten. Entsprechend sind im Bergbau bereits heute einige biologische Verfahren zur Tank- und Haldenlaugung sulfidischer Buntmetall- sowie Golderze etabliert. Im Wesentlichen handelt es sich dabei um Prozesse unter Verwendung von chemolithotrophen Organismen wie Acidithiobacillus ferrooxidans. Auch für SEE-Erze werden solche Biolaugungs-Ansätze zurzeit verfolgt. Häufig finden sich in diesen Erzen nur geringe oder gar keine Anteile reduzierter Schwefelverbindungen wie Sulfide (bspw. Pyrit), so dass ein klassisches Bioleaching über die oxidative Herstellung von anorganischer Schwefelsäure nicht möglich ist.

Erste Erfolge        

Die biotechnologische Erschließung von Metallen ist im Bereich der Seltenen Erden ein Novum. Erste erfolgreiche Ergebnisse zur mikrobiellen Anreicherung konnten bereits mit dem SEE-Metall Scandium aus Erzlaugen erzielt und patentrechtlich gesichert werden. Ein „proof-of-principle" ist damit erreicht. Bereits im jetzigen frühen Stadium der Entwicklung konnten Bindungskapazitäten von ca. 20 g Scandium pro Kilogramm Biotrockenmasse erreicht werden. Mit dem neuen biologischen, kostendeckenden Verfahren erscheint darüber hinaus auch eine Erschließung alternativer Seltenerd-Quellen aus bislang ungenutzten Prozessströmen möglich. Es ist das Ziel, die nachhaltige und effiziente Scandium-Technologie an Minenbetreiber zu lizensieren und einer breiten industriellen Nutzung zuzuführen.

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