Chemie & Life Sciences

Regionale Entwicklungen in der Consumer-Care-Branche

Wachsender Trend zu Multifunktionalität und Kundenorientiertheit in Europa

18.05.2015 -

Die globale Consumer-Care-Branche produziert Körperpflegeprodukte (Personal Care) wie Kosmetika, Haarpflegemittel, Zahnpasta und Haushaltsprodukte (Home Care) allen voran Wasch-, Spül- und Putzmittel. Weltweit ist Europa der größte Consumer-Care-Markt und nahezu doppelt so groß wie der Markt in den USA oder Japan. Während der Weltmarkt solide Wachstumsraten von 6% verzeichnet, stagniert die europäische Consumer-Care-Industrie seit 2008.

Angaben der European Cosmetic Toiletry and Perfumery Association „Colipa" zufolge ist der Wert des Personal-Care-Marktes in den 28 EU-Staaten zwischen 2008 und 2012 um weniger als 1% p.a. gewachsen. Gebremst wird das Wachstum in dieser Branche vor allem durch die wirtschaftliche Rezession. Starke Rückgänge gibt es insbesondere in den Krisenländern der Eurozone Griechenland, Spanien und Frankreich.

In Asien ist die Lage anders. Dort wird ein Wachstum von über 6% im Personal-Care- Segment und von 8% im Bereich Home Care prognostiziert, das durch Urbanisierung und höhere verfügbare Einkommen beflügelt wird.

Europa: Nachahmerprodukte beliebt

In Europa sind die diskretionären Ausgaben für zahlreiche Körperpflegeprodukte angesichts des wirtschaftlichen Abschwungs gesunken. Gleichzeitig hat sich die Nachfrage nach günstigeren Nachahmerprodukten und Eigenmarken in den Bereichen Personal Care und Home Care belebt. Einige Produkte wie Waschmittel reagieren kaum auf Einkommensveränderungen. Bei vielen Beauty-Produkten hingegen schnallen die Konsumenten den Gürtel enger, wenn sie knapp bei Kasse sind. Statt jedoch vollständig zu verzichten, wechseln Verbraucher zum Teil von Markenprodukten zu Eigenmarken. Discounter wie Aldi und Lidl haben inzwischen komplette Kosmetikserien eingeführt und preisen deren kosmetische Wirkung an, beispielsweise den Anti-Aging-Effekt oder die Unterstützung der Faltenreduzierung.

In Westeuropa stieg der Anteil der Eigenmarken im Bereich Home Care von 15% im Jahr 2005 auf über 17% im Jahr 2010 (Euromonitor). Seither tritt er auf der Stelle. Der Anteil im Segment Personal Care geht indes stetig nach oben, von 5,4% im Jahr 2005 auf 6,9% in 2011 und weitere 7,5% in 2014. In Asien sinkt im Gegenzug der Anteil der Eigenmarken bei Haushalts- und Körperpflegeprodukten, da die Gesamtausgaben in beiden Segmenten nach oben zeigen. Konsumenten in Asien zeichnen sich durch größere Markennamenorientierung aus, weshalb der Handel nur bedingt in die Vermarktung von Eigenmarken investiert (s. Grafik 1).

Asien: Kaufkraft wächst

Der wachsende Wohlstand der Länder in Asien beschert Millionen neuer Kunden Zugang zu einem breiteren Warenangebot. Der Studie „The New Global Middle Class: A Cross-Over from West to East" des Wolfensohn Center for Development an der Brookings Institution aus dem Jahr 2010 zufolge werden mehr Kunden in die Kategorie „globale Mittelklasse" aufsteigen. Dazu zählen per Definition Haushalte, die bezogen auf die Kaufkraftparität täglich zwischen 10 und 100 USD pro Person ausgeben. Auf dieser Einkommensstufe sind höhere diskretionäre Ausgaben möglich. 2009 entfielen weniger als 25% der Ausgaben der globalen Mittelklasse auf Asien. Bis 2020 dürfte dieser Anteil auf 42% und bis 2030 auf 60% steigen. Geschürt wird dieser Anstieg hauptsächlich durch die Bevölkerung in Indien und China. Nach wie vor sind sie ärmer als Verbraucher der Mittelklasse in Europa und Nordamerika. Ihre große Zahl und die wachsende Fähigkeit, mehr Geld für ein größeres Angebot an Waren und Dienstleistungen auszugeben, werden jedoch einen wichtigen Markt für viele Branchen schaffen, darunter auch für Consumer Care (s. Grafik 2).

Anti-Aging-Produkte auf dem Vormarsch

Die größere Preissensitivität wirkt sich ebenso auf den Consumer-Care-Markt in Europa aus wie der demografische Wandel. 2050 werden über ein Drittel der Erwachsenen in Deutschland, Spanien, Italien und Russland älter als 60 Jahre sein. Die Altersgruppe 60+ dürfte für den Rest des 21. Jahrhunderts zu der am schnellsten wachsenden Konsumentengruppe weltweit avancieren (Vereinte Nationen).

Da der demografische Wandel sich auf F&E und Innovationstätigkeit auswirkt, wird sich die Marktpräsenz von Produkten mit bekannter Anti-Aging-Wirkung ausweiten. Dieses Segment ist auf dem Vormarsch, und deckt diverse Problembereiche ab. Die Alterung manifestiert sich nicht mehr nur in Falten. Auch Altersflecken, trockene Haut, Hyperpigmentierung, unebener Teint, dunkle Augenringe und geschädigtes Haar bereiten den Verbrauchern Kummer. Das dürfte die Nachfrage nach bestimmten Produktsegmenten im Bereich Personal Care wie Haut-, Haar- und Körperpflege beflügeln. So steigt beispielsweise die Nachfrage nach Antioxidanzien in Gesichtscremes, die den Alterungsprozess stoppen, oder nach Substanzen, die das Haar vor einer Schädigung durch freie Radikale schützen.

Aufheller in Asien im Trend

Eine Besonderheit des asiatischen Marktes für Hautpflege ist die Rolle von Aufhellern, da ein blasser Teint in Asien als Schönheitsideal gilt. Hauptkunden für diese Produkte sind junge Frauen, die meistens in Städten leben, in der Regel überdurchschnittlich verdienen und bereit sind, für diese Kosmetika einen höheren Preis zu bezahlen. In Indien haben über 80% der Gesichtscremes eine aufhellende Wirkung. Auch bei chinesischen Verbrauchern ist dieses Merkmal äußerst wichtig. Sie sind überzeugt, dass in einem blassen, perlweißen, schimmernden Teint der soziale Status einer Person zum Ausdruck kommt. Für Wirkstoffe wie Niacinamid, Retinsäure und Hydrochinon, die den Transport von Melaninpigmenten in die Hautzellen verhindern, wird ein zweistelliges Wachstum prognostiziert.

Multifunktionalität gewünscht

Einen weiteren wichtigen Trend am europäischen Consumer-Care-Markt markiert das Aufkommen sog. High-Tech-Produkte. Dabei handelt es sich vornehmlich um hoch innovative Personal-Care- und Home-Care-Formulierungen mit häufig multiplen Wirkstoffen, die mehrere Funktionen erfüllen. Der wachsende Trend zu Multifunktionalität und Kundenorientiertheit vergrößert die Auswahl und Vielfalt für anspruchsvolle Kunden, während für die Hersteller die Marge steigt. Zu diesen Produkten zählen 2in1-Shampoos, die verschiedene Funktionen wie Reinigung und Spülung in einem Produkt vereinen oder Waschmittel mit Mikrokapseltechnik, bei denen Duftöle kontrolliert freigegeben werden, um sich besser in der Wäsche zu verteilen. Diese Art von Multifunktionalität erweist sich nicht nur als praktisch und wirksam für den anspruchsvollen, qualitätsbewussten Verbraucher. Sie kann auch preisbewusste Kunden ansprechen, da sie mehrere Produkte in einem verbindet.

Unterschiedliche Innovationsstrategien

Viele Kunden auf reifen europäischen Märkten sind von Premiumprodukten zu billigeren Marken und Eigenmarken gewechselt, um Geld zu sparen. Statt Kompromisse bei der Qualität zu machen, entscheiden sich Verbraucher häufig für High-Tech-Formeln, die mehrere Funktionen in einem Produkt bündeln, Rohstoffe und Verpackung sparen oder natürliche Inhaltsstoffe enthalten. Für zahlreiche Unternehmen werden multifunktionale Produkte zur zentralen Innovationsstrategie avancieren, um den sich entwickelnden Bedürfnissen preisbewusster Verbraucher Rechnung zu tragen. Bei anderen wird der demografische Wandel die Innovationstätigkeit vorantreiben.

In Asien wird es vor allem darum gehen, Marken zum Durchbruch zu verhelfen und den Bekanntheitsgrad von Produkten in einem wachsenden Mittelklassesegment zu erhöhen. Hersteller in der Personal-Care-Branche müssen besonders sensibel für kulturell bedingte Schönheitsideale sein, die sich von denen in Europa teilweise deutlich unterscheiden. Unternehmen in der europäischen und asiatischen Consumer Care Value Chain müssen mit Innovationen und neuartigen Marketingstrategien auf eine sich verändernde Kundenbasis mit sehr speziellen Bedürfnissen zugehen.

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