Logistik & Supply Chain

Die Wichtigsten Neuerungen der Norm ISO 9001:2015

Auswirkungen der ISO 9001:2015 auf Beförderung gefährlicher Güter in der Chemieindustrie

06.09.2016 -

Auch für Unternehmen der Chemieindustrie bringt die ISO 9001:2015 Änderungen mit sich. Die neue Struktur der Norm lässt den PDCA-Zyklus (Plan – Do – Check – Act) von William Edwards Deming erkennen, der dem Gedanken der „ständigen Verbesserung“ folgt. Nachfolgend soll analysiert werden, welche Auswirkungen die Einführung der ISO 9001:2015 für die chemische Industrie und deren Geschäftspartner in der Supply Chain hat. So beinhaltet die neue Nomenklatur nicht nur die Änderung von Begrifflichkeiten, sondern hat Konsequenzen, die hier näher aufgezeigt werden.

Das Kap. 4 der ISO 9001:2015 heißt „Kontext der Organisation“ und enthält zwei neue Abschnitte, die den Kontext der Organisation definieren. Hier legt Kap 4.1, „Verstehen der Organisation und ihres Kontextes“, fest, wie beabsichtigte Ziele und Ergebnisse der Organisation durch langfristig strategische Ausrichtung erreicht werden sollen. Das Unternehmen muss klar stellen, welchen Zweck die Organisation erfüllt und wo sich die eigene Position im Markt befindet. Zur strategischen Ausrichtung gehört u.a. die Analyse des in- und externen Umfelds. Die Organisation soll sich damit auseinandersetzen, wie das Umfeld eigene unternehmerische Ziele beeinflusst.

Um das Unternehmen im internen Kontext besser zu verstehen, sind die Einschätzung der Kundenzufriedenheit (auch interner Kunden) und die Bewertung eigener Qualität zu evaluieren. Eine Analyse dieser Einflussfaktoren führt dazu, dass das Unternehmen langfristig bestehen kann und den Anforderungen der Norm gerecht wird.

Im Kap. 4.2, „Verstehen der Erfordernisse und Erwartungen interessierter Parteien“ ist die Berücksichtigung der interessierten Parteien gewünscht. Die Organisation soll genaue Kenntnis darüber haben, wer in welchem Maße Einfluss auf die Leistung ausübt. Dieses wird von Teilen der chemischen Industrie im Rahmen von „Responsible Care“ mit SQAS (Safety and Quality Assessment) bereits wahrgenommen.

Distribution gefährlicher Güter

Die folgenden Ausführungen gehen näher auf die Distribution gefährlicher Güter ein: Wer ist hierfür im Unternehmen zuständig? Welche Qualifikation haben z.B. die Auditoren in diesem Bereich? Wie ist der Stand der Ausbildung? Wie wird die Ausbildung qualitativ sichergestellt?

In den Unternehmen gibt es den Gefahrgutbeauftragen (GB). In den Gefahrgutvorschriften führt die GbV die Funktion des „Gefahrgutbeauftragten“ auf, der verkehrsträgerspezifisch geschult ist und der im Rahmen seiner Pflichten und Aufgaben die „Beauftragten Personen“ im Unternehmen überwachen soll. Hierzu muss der GB spätestens vor Ablauf von fünf Jahren an einer Wiederholungsprüfung teilnehmen. Die Gefahrgutvorschriften ändern sich alle zwei Jahre, je nach Verkehrsträger. Theoretisch können also zwei Änderungsintervalle vergehen, bevor zwingend eine erneute Prüfung des GB stattfindet.

Ist der Gefahrgutbeauftragte fachlich ausreichend qualifiziert, wenn eine Überprüfung der Sachkunde lediglich alle fünf Jahre nachgewiesen werden muss?

Die derzeitige Prüfung, die zur Qualifikation eines GB in Deutschland nötig ist, ist beim Vergleich mit europäischen Nachbarländern, wie z.B. den Niederlanden, zu hinterfragen. So sind z.B. in Deutschland die Fragen vorher bekannt und es müssen 50% zum Bestehen erreicht werden, während in den Niederlanden die Fragen nicht bekannt aber 70 % der Fragen richtig zu beantworten sind.

Der personenzertifizierte Sachverständige für Gefahrgut im Sinne der ISO Norm 17024: 2012 bietet eine deutliche Verbesserung hinsichtlich der Ausbildung für GB.

Führungsverantwortung der obersten Leitung

Das Kapitel 5.1.1, „Führung und Verpflichtung für das QM-System“, ISO 9001:2015, behandelt die erweiterten Verpflichtungen der Geschäftsleitung. Von ihr wird erwartet, das Qualitätsmanagement kontinuierlich zu verbessern und die Mitarbeiter zu mehr Qualitätsbewusstsein zu motivieren. Vom obersten Management wird klare „Leadership“ erwartet. Die Anforderung besteht darin, den Mitarbeitern verständlich zu machen, welche Aufgaben jeder einzelne von ihnen hat und wie groß die Bedeutung eines funktionierenden QM-Systems für die Organisation ist.

Für den Gefahrgutbereich müssen Führungskräfte ausgebildet werden, um das Qualitätsbewusstsein der Mitarbeiter zu verbessern. Dies impliziert u.a. eine Ausbildung im Quality Management sowie im Auditing.

Das Kapitel 5.3, „Rollen, Verantwortlichkeiten und Befugnisse der Organisation“, beinhaltet Anforderungen, die Verantwortung jedes Mitarbeiters zu definieren. Diese Zuständigkeiten müssen verstanden und dokumentiert werden. In der Praxis lassen sie sich in Stellen- und Prozessbeschreibungen sowie Organigrammen regeln.

Hat bisher im Sinne der ISO 9001:2008 ein Qualitätsmanagementbeauftragter (QMB) diese Aufgaben wahrgenommen, liegt nun gem. ISO 9001:2015 die Verantwortung bei der Geschäftsleitung, die Aufgaben des QMB zu übernehmen. Hat das Auswirkungen auf den Transport gefährlicher Güter?

Es gilt, bisherige Stellen- und Prozessbeschreibungen des Personals beim Gefahrguttransport in leitender Funktion zu überprüfen. Reichen die Qualifikationen aus oder müssen adäquate Weiterbildungsmaßnahmen stattfinden? Da die Geschäftsleitung hierfür die Verantwortung trägt, besteht Handlungsbedarf.

Risikobetrachtungen als Neuerung

Neu ist Kapitel 6.1 ISO 9001:2015, „Maßnahmen zum Umgang mit Risiken und Chancen“. Um die Erzielung beabsichtigter Ergebnisse nicht zu gefährden, sind Risiken zu bestimmen, die sich auf die Konformität der Produkte und Dienstleistungen auswirken können. Dabei gilt: „Je größer die Risiken, desto höher müssen Aufwendungen zur Risikominimierung sein“ Das risikobasierte Denken stellt eine wesentliche Neuerung der Norm dar. Es wird nicht verlangt, das Risikomanagement als Aufgabe der Unternehmensführung zu dokumentieren, jedoch soll bei der Zertifizierung deutlich werden, dass Risiken bewusst behandelt werden. (So kann eine Bewertung der Risiken verlaufen: siehe Grafik XX (mit blauen / grauen Kästchen))

Das Kapitel 6.2, „Qualitätsziele und Planung zu deren Erreichung“, legt fest, dass Ziele messbar sein müssen und somit sind Qualitätsziele jährlich für notwendige Prozesse und Funktionsbereiche zu definieren. Mit der ISO 9001:2015 gewinnen diese Ziele an Bedeutung, da sie die Qualitätspolitik auf operativer Ebene unterstützen. Es wird ein Aktionsplan zu deren Erreichung gefordert. Für den Transport gefährlicher Güter betrifft das die Ausbildung und Kenntnis neuer Vorschriften vor dem Inkrafttreten. Gleichzeitig müssen Überwachungsmaßnahmen mit dem Inkrafttreten neuer Gefahrgutvorschriften greifen. Dieses gilt z.B. für Audits der Chemiebetriebe bei Spediteuren oder Reedern, die von qualifiziertem Personal durchgeführt werden sollen.

In Kapitel 6.3, „Planung von Änderungen“, zeigt die ISO 9001:2015 neue Parameter auf, die bei Änderungen zu berücksichtigen sind:

  • Absichten und mögliche Konsequenzen
  • Vorhandensein von Ressourcen
  • Ordnung / Integrität des QM-Systems
  • Zuweisung von Verantwortungen und Befugnissen

Solche Veränderungen dürfen keinen Einfluss auf die Wirksamkeit eines funktionierenden QM-Systems ausüben. Für die Distribution gefährlicher Güter bedeutet das, dass z.B. das Umsetzungsszenario der Einführung neuer Parameter bei der Klassifizierung gefährlicher Güter Auswirkungen auf die Supply Chain haben kann. Dieses betrifft u.a. Lagerung, Auswahl geeigneter Packmittel, Wahl der Güterbeförderungseinheiten (CTU), Transportwege, Exportbeschränkungen, mögliche Importrestriktionen, geeignete Speditionen oder Reeder. Es eröffnet qualifizierten Distributoren, die adäquat ausgebildet sind und über entsprechendes Equipment verfügen, neue Chancen am Markt.

Kapitel 7.1.5, „Ressourcen zur Überwachung und Messung“, der ISO 9001:2015 stellt  fest, dass Messungen und Überwachungen sorgfältig von qualifiziertem Personal durchzuführen sind, um eine konforme Dienstleistungs- und Produktqualität zu bescheinigen. Der Begriff „Überwachungs- und Messmittel“ aus der ISO 9001:2008 wird in der ISO 9001:2015 durch „Ressourcen zur Überwachung und Messung“ ersetzt und führt damit Personal als Überwachungsorgan ein.

Auf den Gefahrguttransport übertragen, muss ein Unternehmen Personal vorhalten und ausbilden, das in der Lage ist, Überwachungen durchzuführen. Dieses geht viel weiter als eine Inaugenscheinnahme, z.B. durch den Werkschutz. Die Integrität dieses Personals kann durch qualifizierte Ausbildung im Bereich Qualitymanagement, Auditing, Packen von CTU, Gutachtenerstellung als Personenzertifizierter Sachverständiger sichergestellt werden.

Seminar

Die GGT, Gesellschaft für Gefahrgut Training, hat in Kooperation mit Prof. Ing. (mul.) Kapitän Michael Bochmann sowie einer nach ISO 9001:2008 zertifizierten Zertifizierungsstelle ein Spezialseminar entwickelt, das die Herausforderungen der neuen ISO 9001:2015 an die Industrie erkannt hat und die notwendigen Ausbildungsinhalte mit Zertifizierungsmöglichkeit inkludiert. Es gibt u.a. Gefahrgutbeauftragen die Möglichkeit sich weiter zu qualifizieren, um Aufgaben und Anforderungen gem. der Gefahrgutvorschriften im Sinne der neuen ISO 9001:2015 wahrnehmen zu können. Nähere Informationen sind bei der GGT erhältlich.

Angedacht ist ein Personenzertifizierter Sachverständiger gem. DIN EN ISO 17024:2012

Qualifikation: Transport gefährlicher Güter Straße/Schiene und Seeverkehr Zusatzqualifikation: Packen von CTU

Es soll eine Überwachung und eine jährliche Prüfung durch die eine Zertifizierungsstelle erfolgen.

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