Anlagenbau & Prozesstechnik

Norovirenausbruch im Krankenhaus – alles längst Routine?

Defizite im Rahmen des Ausbruchsmanagements von Norovirusinfektionen sind vielfältig.

24.10.2016 -

Ausgewählte Fälle zeigen, wie sich häufige Fehler leicht vermeiden ­lassen.

Maßnahmen, die zum Management von Norovirusausbrüchen anzuwenden sind, sollten weithin bekannt sein und in den meisten Krankenhäusern mit vergleichbaren Standards umgesetzt werden. Doch kommt es immer wieder zu Ausbrüchen, die sich nur schwer unter Kontrolle bringen lassen und immer wieder aufflackern. Hier lohnt es sich, bei der Umsetzung der Maßnahmen genau hinzusehen.
Während meiner langjährigen Tätigkeit in der Aus- und Weiterbildung von Hygienefachkräften (HFK), konnten Erfahrungen vieler Kollegen zusammentragen werden. Einige der häufig und wiederholt zu beobachtenden Fehlerquellen sollen nachfolgend vorgestellt werden.

Risiko: erkrankte Mitarbeiter
Eine geburtshilfliche Abteilung, die üblicherweise nicht von Norovirushäufungen betroffen ist, meldet an einem Freitag, dass im Kreißsaal und auf der Risikoschwangerenstation seit ca. drei bis vier Tagen Durchfall und Übelkeit auftreten. Betroffen sind 14 Mitarbeiter und zwei Patientinnen. Maßnahmen des Ausbruchsmanagements werden sofort etabliert. Am Sonntag erkranken zwei weitere Mitarbeiterinnen und zwei Patientinnen. Danach treten keine weiteren Erkrankungen mehr auf. Die Recherche ergab, dass die diensthabende Gynäkologin am vorangegangenen Wochenende trotz Krankheitszeichen ihren Dienst fortgesetzt hatte.

Tätigkeitsverbot im Infektionsfall
Auch und gerade in Abteilungen, die selten von Norovirusausbrüchen betroffen sind, müssen Mitarbeiter regelmäßig zu den notwendigen Hygienemaßnahmen – im vorgestellten Fall dem Tätigkeitsverbot für erkrankte Mitarbeiter – geschult werden. Die Chefärzte sind in diesem Zusammenhang an ihre Verantwortung als Leitung zu erinnern und müssen die erkrankten Kollegen ggf. disziplinarisch anweisen, ihren Dienst zu beenden.

Risiko: fehlende Kommunikation
Am Wochenende und den folgenden Tagen erkranken im Wohnbereich eines Pflegeheims nahezu alle Bewohner und einige Mitarbeiter. Eine als Besucherin anwesende Kollegin informiert am Montag die HFK. Sie berichtet, dass weder genügend Schutzkittel vorhanden noch die richtigen Desinfektionsmittel im Einsatz waren.
Die Recherche ergab, dass die anwesenden Mitarbeiter – neben Stammpersonal auch Leasingkräfte – weder wussten, welche Desinfektionsmittel zu verwenden sind, noch wo sich diese und der Vorrat an Schutzkleidung befinden.
Auch Mitarbeiter in Teilzeit und Leasingkräfte müssen regelhaft über die wesentlichen Maßnahmen bei Auftreten von Durchfallerkrankungen informiert werden. Hilfreich ist außerdem ein definiertes Notfallset (Schutzkleidung, Desinfektionsmittel und VA zu Maßnahmen bei Durchfallerkrankungen) an einem definierten Ort vorzuhalten.

Risiko: Fehlende Compliance der Mitarbeiter
Bei Begehungen auf Stationen, die von Häufungsgeschehen betroffen sind, kann man unter anderem folgendes beobachten:

  • Isolierzimmer sind nicht oder mit den ­falschen Hinweisschildern gekennzeichnet
  • In den Spendern hängt nicht das ent­sprechende Händedesinfektionsmittel geg­en Noroviren
  • Schutzkleidung wird nicht oder nicht ­angemessen getragen
  • Mitarbeiter verlassen mit Handschuhen an den Händen das Isolierzimmer und ­ver­gessen die Händedesinfektion
  • Ursache für solches Verhalten der Mitarbeiter kann entweder fehlendes Wissen oder Ignoranz gegenüber den festgelegten ­Hygienemaßnahmen sein
  • Tägliche Prüfung der korrekten Umsetzung

Im Ausbruchsgeschehen sollten alle Mitarbeiter des betroffenen Bereichs zu den aktuell notwendigen Maßnahmen geschult werden. Die HFK muss täglich vor Ort überprüfen, ob die Maßnahmen korrekt umgesetzt werden. Hygienebeauftragte Pflegekräfte und Ärzte können hier als Multiplikatoren eingebunden werden. Die verantwortlichen Leitungen (Stationsleitung/Chefärzte) sind ebenfalls in die Verantwortung zu nehmen, ihrerseits nachdrücklich auf ihre Mitarbeiter einzuwirken.

Risiko: Defizite in der Reinigung
Eine besondere Herausforderung stellt der Bereich Reinigung dar, da diese in der Regel durch Mitarbeiter eines Fremdunternehmens erfolgt. Führt man hier Kontrollen zur Umsetzung durch, lassen sich unterschiedlichste Defizite erkennen:

  • Die Reinigungskraft trägt im Isolierzimmer keine Schutzkleidung
  • Im Isolierzimmer wird nicht mit dem ­korrekten Desinfektionsmitteln gewischt,
  • da die Reinigungskraft ggf. gar nicht weiß, dass dies erforderlich ist
  • Statt mit Desinfektionsmittel, wird mit
  • einem Neutralreiniger gewischt
  • Das Flächendesinfektionsmittel wird nicht korrekt dosiert
  • Das Granulatpulver (Sauerstoffabspalter) wird fälschlicherweise in einen Eimer mit Flächendesinfektionsmittel aus dem Dosiergerät eingerührt oder im Vliestuchspender eingesetzt
  • Wischtücher für die Oberflächendesinfektion werden bei Verlassen des Isolierzimmers nicht gewechselt

Reinigungsmitarbeiter sind demnach häufig unzureichend oder gar nicht über Art und Durchführung der notwendigen Desinfektionsmaßnahmen informiert.

Kennzeichnung der Isolierzimmer
Isolierzimmer sind so zu kennzeichnen, dass die Reinigungskraft erkennen kann, welche Maßnahmen hier erforderlich sind. Dies kann z. B. durch unterschiedlich farbige Aushänge mit Hinweis auf das zu verwendende Desinfektionsmittel erfolgen.
Mitarbeiter des Reinigungsdienstes müssen zu den Maßnahmen bei Noroviren geschult sein, am besten durch die HFK des Krankenhauses. Der Desinfektionsplan und die Vorgaben zu Maßnahmen bei Noroviren müssen dem Reinigungsdienst vorliegen.
Auch muss eine schriftliche Anweisung zum korrekten Ansetzen der Lösung von Pulvergranulat aushängen. Das korrekte Ansetzen der Lösung soll mit den Reinigungsmitarbeitern praktisch geübt werden.

Mögliche Fehlerquellen frühzeitig erkennen
Defizite im Rahmen des Ausbruchsmanagements von Norovirusinfektionen sind häufig auf Unkenntnis, unzureichende Kommunikation, fehlende Schulung oder mangelnde Compliance zurückzuführen. Wichtige Voraussetzungen für eine zügige Beendigung eines Ausbruchs sind:

  • klare schriftliche Festlegungen der erforder­lichen Maßnahmen, auch als Aushänge
  • standardisierte Kommunikationswege, ­besonders für bereichsfremde Mitarbeiter
  • Schulung von Ärzten, Pflegekräften, ­Therapeuten zu den aktuell erforderlichen Maßnahmen in der Ausbruchssituation
  • Schulung der Reinigungsmitarbeiter zum Umgang mit Desinfektionsmitteln und ­Verhalten bei Isolation
  • Bereitstellung eines „Ausbruchsset“ an ­definierter Stelle
  • Korrekte Verwendung des richtigen ­Desinfektionsmittels
  • Und natürlich muss die kontinuierliche Kontrolle der korrekten Umsetzung durch die tägliche Präsenz der HFK vor Ort garantiert sein.

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