Anlagenbau & Prozesstechnik

Reinraum-Renovierung

Renovierung oder Sanierung eines Bodensystems im laufenden Betrieb

18.01.2017 -

Die Renovierung oder Sanierung eines Bereichs mit kontrollierter Atmosphäre setzt vor allen Dingen die Berücksichtigung der orts­spezifischen Vorgaben sowie das Einbringen geeigneter und dauerhafter Lösungen voraus. Vor Beginn der Arbeiten müssen zahlreiche Tests, insbesondere im Hinblick auf die Bodenbeschaffenheit durchgeführt werden. Ein globaler Lösungsansatz ist erforderlich.
Arbeiten in Bereichen mit kontrollierter Atmos­phäre, oder Reinräumen, sind in zahlreichen Industriesektoren zur Gewährleistung der Produktionsqualität erforderlich. Die Pharma-, Kosmetik-, Nahrungsmittel-, Raumfahrt-, Elektronik-, Automobil- und Mikromechanik-Industrien sind die wichtigsten betroffenen Industrien. Reinräume müssen so ausgelegt sein, dass letztendlich ein auf den jeweiligen Anwendungsbereich abgestimmtes genaues Lastenheft erfüllt wird. Im Bereich der Reinräume bspw. lässt sich anhand der ISO 14644 und ISO 14698 Normen eine Reinraumklasse, insbesondere auf der Ebene der Partikel-, Molekular- oder Mikroorganismen-Konzentration festlegen.
Als konkretes Beispiel einer der zahlreichen zu erfüllenden Kriterien ist bspw. der Tatbestand zu nennen, dass ein Reinraum, der laut ISO 14644 als ISO 3 klassifiziert werden soll, nicht mehr als 100 Partikel mit einem Durchmesser von mehr als 0,3 in 1 m3 Primärluft (in den Bereich eingeleitete, gefilterte Luft) enthalten sollte. Dieses Anforderungsniveau müsste sich infolgedessen auf alle den Reinraum bildenden Elemente niederschlagen: Böden, Wände, Decken, Verbindungsprofile, Dichtungselemente, Luftverarbeitung, Abzug, usw. Diese Kriterien lassen sich bei der Errichtung eines neuen Gebäudes, welches einen Reinraum enthalten soll, von Anfang an berücksichtigen. Dies trifft jedoch nur auf eine geringe Zahl der Fälle zu; der Ausgangspunkt für die Planung eines Reinraum liegt häufig auf der Ebene der Sanierung bereits bestehender Gebäude. Entweder auf der Grundlage eines bereits bestehenden Reinraums (der die gewünschten Kriterien nicht mehr erfüllt) oder auf der Ebene der Renovierung eines ursprünglich nicht für diesen Zweck geeigneten Gebäudes. Hierbei können zahlreiche Probleme auftreten.
Im ersten Fall sind in erster Linie die Auswirkung der Zeit und der im Reinraum durchgeführten Tätigkeiten zu berücksichtigen: Schädigungen am Boden und an den Wänden durch die Verwendung von Chemikalien im Zuge der Produktion oder Desinfizierung (insbesondere H2O2), mechanische Abnutzung der Böden durch Tritt- oder Fahrbeanspruchung, Einbußen der Boden- oder Wanddichtigkeit. Was den letztgenannten Punkt anbelangt, so kann der Dichtigkeitsverlust auf die Rissbildung in Harzen (Bodenbewegungen, Stöße) aufgrund von Silikondichtungen zurückzuführen sein, die sich im Laufe der Zeit zusammenziehen, bzw. auf qualitativ minderwertige Boden-/ Wand-Verbindungselemente. Im zweiten Fall muss häufig die Ausgangsgrundlage vollkommen neu überarbeitet werden: Staub und Partikel bildende Gipswände, undichte oder poröse Betonböden, die Schmutz und Bakterien zurückhalten, Holzböden, feuchte Böden oder Wände mit Salpeter- oder Schimmelbildung, Vorliegen von Pilzen oder Bakterien.

Die Renovierung von Böden und Wänden
Die Renovierung oder Sanierung des Bodens und der Wände eines Bereichs mit kontrollierter Atmosphäre setzt vor allen Dingen die Berücksichtigung der ortsspezifischen Vorgaben sowie das Einbringen geeigneter und dauerhafter Lösungen voraus. So wird häufig gewünscht, dass die Arbeiten in genutzten Bereichen auf allen Arten von Untergründen (geschädigte Harze, Fliesen, veraltete Wände) vollzogen werden. Gleichzeitig ist es insbesondere im Falle einer Sanierung wichtig, das bestehende Umfeld aufrecht zu erhalten und nicht zu beschädigen.

Qualifizierung von Laboren
Um die Pertinenz der vorgeschlagenen Lösungen zu gewährleisten, sind zahlreiche vorbereitende Tests notwendig. Insbesondere für den Boden muss ein solider, in erster Linie auf den Normen ISO 14644 und ISO 14698 beruhender Qualifizierungsplan durchgeführt werden. Die folgenden Tests sind für die Auswahl der für einen Reinraum geeigneten Lösungen besonders wichtig.

Partikelemission bei Fahrbeanspruchung
Zunächst muss die Partikelemission bei Fahrbeanspruchung (0,45 m/s, 22 °C, 45 % relative Luftfeuchtigkeit), bewertet werden. Ein Ergebnisbeispiel wird in den Bildern dargestellt; hier bietet der betrachtete Boden die Möglichkeit, die Anforderungen eines als ISO 4 klassifizierten Bereichs zu erfüllen.

VOC-Emission
Die Emission flüchtiger organischer Verbindungen (VOC) muss im Hinblick auf ein zweifaches wichtiges Ziel bewertet werden: es gilt zu gewährleisten, dass ihre Konzentration so niedrig wie möglich und mit der Verwendung des getesteten Untergrunds in einem Reinraum vereinbar ist. Auf diese Weise werden die im Laufe der Zeit zu beobachtenden Auswirkungen von VOC auf den Menschen, wie unangenehme Empfindungen oder Atembeschwerden vermieden; des Weiteren muss das Vorliegen bzw. die Abwesenheit von Risikoverbindungen (Amine, Organophosphate, Siloxane, Phthalates, usw.) anhand der Bestimmung des vollständigen VOC-Spektrums des getesteten Untergrunds festgestellt werden. Diese Verbindungen haben bedeutend direktere Auswirkungen auf den Menschen.
In einer Abbildung zeigt das für VOC verwendete Messprinzip der Thermodesorption, gekoppelt mit  Gaschromatographie/Massenspektroskopie (TD-GC/MS) in einer Mikrokammer laut ISO 14644-8. Außerdem wird der Fall eines PVC-Bodenbelags dargestellt. Die VOC-Konzentration basiert auf einer Messung bei 23 °C bei konstantem Volumen (1 m3). Eine jede im Hinblick auf Bezugsspektren identifizierte Substanz wird anschließend in äquivalente Alkanverbindungen umgewandelt, um letztendlich eine ISO-ACCm-Klassifizierung zu erhalten. Die Bestimmung von Risikoverbindungen erfolgt bei 90 °C (Extrembedingungen).

Porosität
Die Porosität der verwendeten Oberfläche ist für das Endergebnis des sanierten Reinraums von wesentlicher Bedeutung. Einerseits dürfen die Bakterien nicht in einem zu „offenen“ Material eingefangen werden. Andererseits muss sich die Fläche leicht reinigen lassen. Die in einem Reinraum zu verwendenden Lösungen werden folglich einem Kontaminationstest gefolgt von einer Reinigung unterzogen, um zu bewerten, ob der Untergrund keine Bakterien einfängt. In den meisten Fällen ist die verwendete Verunreinigungssubstanz fluoreszierend (Riboflavin), damit eventuell schwer zu reinigende Stellen sichtbar werden. Nach der Reinigung darf der getesttete Untergrund keine fluoreszierenden Stellen mehr aufweisen.

Chemikalienbeständigkeit
Chemikalienbeständigkeit gegenüber in Reinräumen verwendeten Produkten: Wasserstoffperoxid, Ammoniak, Schwefelsäure, Phosphorsäure, Natriumhydroxyd, Isopropanol. Diese Produkte kommen häufig mit dem Raummantel, insbesondere dem Boden und den Wänden in Kontakt und können zu einer Schädigung oder gar Zerstörung ungeeigneter Untergründe führen. Die am häufigsten verwendete Methode besteht darin, den betrachteten Untergrund in Lösungen aus chemischen Verbindungen zu tauchen, die im betroffenen Reinraum vorliegen können.

Biologische Resistenz
Die Resistenz gegenüber aggressiven biologischen Einflüssen muss gemessen werden. ISO 846 ermöglicht eine Bewertung der biologischen Resistenz des Untergrunds anhand der Dispersion von Sporen/Bakterien auf dem Untergrund gefolgt von einer vierwöchigen Inkubation (29 °C, 95 % Feuchtigkeit). Es gilt die Verbreitungsmöglichkeiten der Bakterien durch Vergleich der Zahl der Kolonien (KBE) am Ende des Tests sowie anhand einer eventuellen Schädigung der Oberfläche, welche darauf hindeutet, dass sich die Bakterien an ihr ernähren konnten, zu bewerten.

Verkehrs- und Stoßfestigkeit
Die Verkehrs- und Stoßfestigkeit schließlich muss in Übereinstimmung mit den zu erwartenden Belastungen bewertet werden: Gewicht der ­Wägen, Durchfahrhäufigkeit, usw.

Globaler Ansatz
Für die Renovierung eines Reinraums ist ein globaler Ansatz notwendig, um letztendlich die Realisierung eines „dichten Gehäuses“ zu gewährleisten. Denn selbst wenn jeder Bestandteil eines Reinraums für sich alleine den Normen entspricht, muss dies auch für ihre Kombination der Fall sein. Der Boden muss an den Wänden eine Leiste bilden, damit eine schalenförmige Struktur entsteht. Die Verbindungen zwischen den einzelnen Elementen, z. B. zwischen dem Boden und der Wand, wie im Aufmacherbild dargestellt, oder auch an den Durchführungsstellen unbeweglicher Elemente des zu renovierenden Reinraums (Siphon, Ecke, Türe, Pfosten, Rohrleitung... ) müssen vollkommen glatt und dicht sein. Dieser letzte Punkt ist in der Regel der Ausgangspunkt der Renovierung: Berücksichtigung der bestehenden Elemente im Hinblick auf die Auswahl einer optimalen Lösung.
Solche Renovierungen sind immer gleichbedeutend mit Zeitverlusten für die Nutzung der betroffenen Räume, unabhängig davon, ob diese zu Produktions- oder Forschungszwecken genutzt werden. Deshalb ist es wichtig, der Geschwindigkeit und der Einfachheit aller Umsetzungsetappen der gewählten Lösungen große Bedeutung beizumessen:
Installation: Lassen sich die Materialien direkt verlegen und fangen sie die Unregelmäßigkeiten des Untergrundes auf, oder muss eine Untergrundvorbereitung stattfinden, um eine ebene Fläche zu erhalten?
Verlegung: Anzahl der einzelnen Etappen und deren Dauer sowie problemlose Umgehung unbeweglicher Elemente, wie bspw. einer Maschine.
Inbetriebnahme: Wartezeit vor dem möglichen Betreten des Raums im Hinblick auf dessen Einrichtung, Trocknung, usw.
Nacharbeiten: Es gilt Lösungen zu bevorzugen, deren Verlegung mit einer geringen Staubbildung verbunden sind und nur einen begrenzten Chemikalieneinsatz erfordertn; dies ist sowohl im Hinblick auf die Geruchsbildung sowie auf die Bildung von Ablagerungen im gesamten Raum wichtig.

Die Unterschiede summieren sich für einen einzigen Raum schnell auf mehrere Tage. Ein aktueller Trend bei Instandhaltungsprojekten ist in den letzten Jahren zunehmend im Bereich von smarten Sanierungskonzepten zu beobachten, bei denen der Boden bei nahezu laufendem Betrieb saniert werden kann.

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