Anlagenbau & Prozesstechnik

VWR und basan gehen gemeinsame Wege

21.11.2012 -

ReinRaumTechnik - Im Juni 2012 berichtete ReinRaumTechnik von der Übernahme der basan GmbH durch VWR International.
5 Monate nach der Bekanntgabe standen Frank Braun und Jacobus Bartels, basan sowie Stephan Labonté, VWR Dr. Roy T. Fox im Interview Rede und Antwort über Hintergründe, Visionen und Ziele.

ReinRaumTechnik: Herr Bartels, die basan GmbH hat in diesem Jahr bewegte Zeiten. Letzter Coup war die Transaktion mit VWR. Was hat Sie zu dem Schritt bewogen, mit VWR zusammen zu gehen? Es ist ja doch ein großer Schritt, das eigene Unternehmen nach 30 Jahren erfolgreicher Marktbearbeitung aus der Hand zu geben, Sie haben das Unternehmen schließlich aufgebaut.

Jacobus C. Bartels: Seit einigen Jahren bin ich alleiniger Gesellschafter. Der Schritt, mit VWR zusammenzugehen, ist vor dem Hintergrund entstanden, dass die Expansionsmöglichkeiten in dieser Konstellation limitiert waren. Um basan einen Schritt in die Zukunft zu ermöglichen, die sowohl lokale als auch internationale Expansionen möglich macht, war es ein logischer Schritt, einen starken Partner an die Seite zu bekommen, bei dem es nicht nur um eine finanzielle, sondern auch um eine strategische Erweiterung der Ressourcen geht. VWR ist an der Stelle ein perfekter Partner. Wir sind in der Vergangenheit als Wettbewerber im Markt gegeneinander angetreten und wir haben VWR als Wettbewerber schätzen gelernt. Aufgrund der Unternehmensgröße, VWR macht über US $ 4 Mrd. Umsatz weltweit, ist VWR in einer Dimension unterwegs, die basan ganz andere Perspektiven ermöglicht.
Wir sind stark auf ein Segment fokussiert, das Segment Reinraum bzw. Controlled Environment. Bei VWR ist das ein Teilbereich in einem Gesamtkonstrukt, das stark auf den Laborbedarf fokussiert ist. basan wird in diesem Zusammenschluss den Bereich Controlled Environment in der Spezialisierung weiter vorantreiben, nun innerhalb der VWR Gruppe, und dies in den Märkten, in denen basan und VWR unterwegs sind. Wir haben in der Vergangenheit bewiesen, dass wir darin sehr gut sind.

Und für die andere Seite, Herr Labonté, warum war basan für Sie ein interessanter Übernahmekandidat?

Stephan Labonté:
Wir haben basan über viele Jahre intensiv beobachtet und als ein hervorragendes Unternehmen im Nischenmarkt Reinraum eingestuft. basan hat ein hervorragendes Know-how nicht nur rund um Reinraum-Produkte, sondern auch beim Thema der produktbegleitenden Dienstleistungen, das wir nicht haben, und das für uns sehr mühsam wäre über die Zeit aufzubauen. Als uns basan auf unsere Anfrage hin die Möglichkeit gab, die Gespräche über einen Zusammenschluss zu führen, haben wir das sehr gerne aufgenommen. Die Strategie dieser Akquisition ist ganz klar die einer Plattformbildung: basan mit seinem Portfolio und Know-how kann durch einen Partner wie VWR in Märkte und Kundensegmente expandieren, die vorher schwer zugänglich waren und VWR profitiert umgekehrt durch ein spezialisiertes Wissen, personell und produktbezogen, und gewachsene Kundenbeziehungen in dem Segment.

Herr Braun, Sie werden die Geschäfte von basan weiter leiten. Was ändert sich bei basan durch den Zusammenschluss?

Frank Braun:
Der Zusammenschluss läuft in bestimmten Phasen ab. Kurzfristig, darin sind wir uns einig, ändert sich für unsere Kunden, Lieferanten, Geschäftspartner und nicht zuletzt unsere Mitarbeiter erst einmal gar nichts. Die Bestandskunden von basan behalten ihre gewohnten Ansprechpartner, Infrastrukturen, Services und Preise; all die Dinge, die sie gewohnt sind, werden auch weiterhin unverändert so bleiben. Auch auf VWR-Seite werden die Bestandskunden zunächst weiter betreut. In der derzeit laufenden Integrationsphase lernen sich die beiden Unternehmen basan und VWR besser kennen. In den einzelnen Ländern werden sogenannte Kundenmappings durchgeführt, d.h. wir analysieren den Kundenstamm im Bereich Reinraum nach Überschneidungen und erörtern anschließend, welche weitere Strategie für jeden einzelnen Kunden am meisten Sinn zu machen scheint und wo basan seine Erfahrung relativ schnell zum Kunden und zu dessen Nutzen anbringen kann.
Die andere Seite sind die Lieferanten. Der Zusammenschluss ist sehr positiv vom Markt aufgenommen worden, gerade von den Herstellern. Beim Lieferantenstamm der beiden Unternehmen gibt es große Überschneidungen und somit Synergieeffekte. Es wurden bereits sehr interessante Gespräche geführt, die gezeigt haben, dass die Lieferanten ein großes Interesse an dieser Plattform haben. Es gibt da bisher keine Konflikte. Im Gegenteil, die Hersteller sind sehr offen und sehen den positiven Aspekt, über diese Plattform neue Kunden zu generieren, mehr Möglichkeiten in der Zusammenarbeit zu haben und vom Wachstum mit zu profitieren. Es wird viele Prozessoptimierungen für den Kunden, aber auch für den Lieferanten geben. Ansprechpartner bündeln sich, die Logistik vereinfacht sich und vieles mehr. Wir sind jetzt dabei, das Beste aus beiden Unternehmen zusammenzulegen. VWR hat viele Dinge anders und besser gemacht als wir und umgekehrt. Im Sinne des Kunden und des Marktes wollen wir kurzfristig das Beste aus beiden Welten identifizieren und dann nach und nach umsetzen.

Es wird also keine Entlassungen geben? Man kauft ja Know-how zu. Und wir wissen alle wie schwierig es ist, Fachpersonal zu finden.

Frank Braun: Unser Modell ist die beschriebene Plattformakquisition. Man kauft sich das Know-how eines Unternehmens bzw. seiner Mitarbeiter/innen und nutzt diese Plattform, um weiter zu wachsen. Und gerade in den Bereichen, die wir jetzt angesprochen haben, Markt-, Applikations- und Produkt-Know-how, Kundenberatung und -betreuung, Supply-Chain-Management, Lieferantenmanagement u.v.m. das ist unser spezielles Know-how bei basan. Es wäre daher wirklich kontraproduktiv, wenn man hier über Kosteneinspareffekte durch z.B. Entlassungen irgendwelche Synergien ziehen wollen würde.
Stephan Labonté: basan ist heute präsent mit Mitarbeiter/innen und jeweiliger lokalen Infrastruktur in Deutschland, Frankreich, Holland, Belgien, Italien, Singapur, Malaysia und Vietnam. VWR ist in fast allen Ländern der Welt präsent. Wir wollen überall dort nun das basan-Modell in die Märkte hereintragen. Wir werden also eher noch weitere Vertriebs- und Marketingleute aufbauen, um die Märkte zu bearbeiten und zu bedienen.

Und wie sieht es mit Umzug oder Zusammenlagerung aus?

Stephan Labonté:
Die Notwendigkeit würde ich jetzt nicht sehen. basan ist gerade in die neuen Räumlichkeiten in Kelsterbach gezogen. Alleine das neue Distributionszentrum stellt einen immensen Wert innerhalb der VWR-Welt dar. Der Standort Kelsterbach wird eine große Rolle in unserem Logistikkonzept in Europa spielen. Organisiert sind die Distributionszentren über das VWR-SAP-System, so dass es im Prinzip keine Rolle spielt, wo sich ein Produkt befindet. Das Büro in Kelsterbach und die dortigen Kollegen/innen stellen im Prinzip einen „Center of Excellence" für den Bereich Reinraum dar, der durch Schulungen usw. fachlich weiter verbessert werden wird.
Jacobus C. Bartels: Aber es ist sicherlich einen Standortvorteil, dass VWR und basan relativ nahe beieinander sind und wir sehr kurze Wege haben, auch für persönliche Gespräche. Nur 20 Minuten Fahrt und man kann Face to Face miteinander sprechen. Nichtsdestotrotz werden wir in den einzelnen Ländern durchaus Zusammenführungen haben. Das gebietet einfach die Wirtschaftlichkeit. Ein aktuelles Beispiel sind z. B. unsere Büros in Breda, Niederlande, die im Moment
300 m voneinander entfernt unabhängig voneinander betrieben werden. Eine Zusammenlegung wird, von der reinen Kostenreduktion einmal abgesehen, sicher auch andere Synergien mit sich bringen.
Stephan Labonté: Wir versuchen immer, die Kunden und Mitarbeiter im Fokus zu behalten. Nehmen Sie zum Beispiel Singapur. Die Büros unserer beiden Unternehmen liegen derzeit auf den entgegengesetzten Seiten der Stadt. Ein Zusammenschluss der Büros könnte dann den Ausschlag dafür geben, ob ein Mitarbeiter den Zusatzaufwand in Kauf nimmt und bei uns bleibt oder nicht. Uns sind in diesem Fall die Mitarbeiter/innen wichtiger, als durch einen Zusammenschluss an einen Standort kurzfristig ein paar Euro einzusparen, um ein kleines Büro zu schließen. VWR hat auch schon in der Vergangenheit gezeigt, dass es Plattformakquisitionen zum Vorteil aller managen kann.

Könnte ich als Kunde zukünftig über die VWR-Website basan-Produkte bestellen?

Stephan Labonté:
Das ist eine ausgezeichnete Frage. Heute können Sie das noch nicht, allein, weil unsere Systeme noch nicht miteinander kommunizieren. Die elektronische Integration ist aber natürlich geplant. Das Thema E-Business spielt allerdings in diesem Kundenkreis noch keine große Rolle, dafür ist der Reinraum zu beratungsintensiv. Bei VWR machen wir heute fast 50 %
unseres Geschäftes über E-Business-Kanäle. Trotzdem wird basan von den E-Business-Kompetenzen von VWR profitieren, um beispielsweise Abläufe zu vereinfachen und den Kunden mehr Möglichkeiten zu bieten.

Was ist der größte Vorteil für den Kunden?

Frank Braun:
Ich denke, dass wir heute über die Plattform VWR/basan einerseits noch kompetenter, noch spezieller beraten können. Unser Fokus ist der kontrollierte Bereich, der Reinraum, auf beiden Seiten sind Experten für andere Produktbereiche verfügbar. Ich kann mir aus dem Stand keinen einzigen unserer Bestandskunden vorstellen, der nicht auch Chemikalien und/oder Instrumente und/oder Laborbedarfsartikel und/oder andere Produkte der umfangreichen VWR Produktpalette benötigt. Hier können wir professionell ausbauen, was wir bereits über 15 Jahren erfolgreich propagieren: das Full-Service-Konzept. Auch hier passen VWR und basan perfekt zusammen, denn die Devise beider Unternehmen ist, unseren Kunden eine Vollversorgung aus einer Hand anzubieten. Dies kann nun noch umfangreicher angeboten und umgesetzt werden. Ich denke, das hat Charme, dass man mit einem solchen Angebot zum Kunden gehen kann. Ich habe das in jüngster Vergangenheit schon ein paar Mal praktiziert und unsere Kunden sind dafür wirklich sehr offen.
Ein weiterer wichtiger Punkt ist das Thema Globalisierung. Wir werden Teil einer extrem gut vernetzten Welt. Wir profitieren vom weltweiten Erfahrungsaustausch erfahrener Mitarbeiter/innen aus unterschiedlichsten Kontinenten und Funktionsbereichen. Gerade im Hinblick auf unsere (globalen) Kunden kann dieser Wissens-
austausch auch unseren Kunden enorme Vorteile bringen. Zudem verfügt VWR über ein sehr erfahrenes Sourcing Team mit Sitz in Asien, auf dessen Ressourcen und Kompetenz wir künftig ebenso zurückgreifen können. Diese Beispielliste ließe sich noch weiter fortführen. Dieser Zusammenschluss ist eine große Chance für alle.
Jacobus C. Bartels: Über die reine Produktsphäre hinaus wird der Zusammenschluss auch zu Synchronisierungen in den peripheren Dienstleistungen führen, sprich Inventory Management, Logistik, Schulungen u.v.m. in denen sowohl basan als auch VWR stark sind. Auch dies bedeutet für die Kunden eine Vereinfachung in den Prozessen, die Möglichkeit auf größere Ressourcen zurückzugreifen bei gleichzeitiger Kontinuität in Qualität und Service.
Frank Braun: Es gibt noch ganz pragmatische Vorteile für den Kunden. Wie bereits am Anfang des Interviews von Herrn Bartels erwähnt hatten wir als mittelständiges Familienunternehmen irgendwo finanzielle Grenzen und somit limitierte Ressourcen. Mit VWR können wir auf eine sehr gesunde, liquide und trotz seiner über 8.000 Mitarbeiter/innen flexible Organisation zurückgreifen, die uns in vielerlei Hinsicht ganz andere Dimensionen eröffnet. So können wir im globalen Kontext mit einem Netzwerk wie VWR ganz anders agieren, während wir in der Vergangenheit in Regionen, in denen wir keine Präsenz hatten, an Grenzen stießen.

Das heißt, die Marke basan wird es auch noch in Jahren so weitergeben als Spezialist im Markt?

Stephan Labonté:
Das ist der Plan. Sie sehen das auch am neuen Logo, das wir kreiert haben. basan - the cleanroom division of VWR. basan steht hier im Vordergrund, nicht VWR. Wir sehen einen erheblichen Wert in dieser Marke und die Reputation, die man sich über 30 Jahre im Markt aufgebaut hat, wollen wir gerne weiter nutzen.

Vielen Dank, meine Herren für Ihre Antworten. 

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