Forschung & Innovation

Zytostatika aus dem Container WISAG hat in Sinsheim einen Reinraum zur Medikamentenherstellung errichtet

30.10.2015 - Die Klinikapotheke der Gesundheitszentren Rhein-Neckar in Sinsheim hat die WISAG Industrie Service mit der kompletten Errichtung einer Containerlösung auf dem Klinikgelände beauftragt.

Die aseptische Herstellung für Zytostatika-Infusionslösungen für die Chemotherapie bei Krebserkrankungen wird hier zukünftig in einem separaten Modulgebäude hinter der Klinik­apotheke erfolgen.

Für die Herstellung von Medikamenten, Zytostatika und Parenteralia ist eine Vielzahl unterschiedlicher gesetzlicher Vorgaben einzuhalten. Laut den Normen und Vorschriften für die Zytostatika-Herstellung ist bspw. ein abgetrennter Herstellungsraum sowie ein Umkleideraum für das Personal erforderlich, die Fläche des Arbeitsraumes, in dem die Sicherheitswerkbank aufgestellt wird, muss mindestens zehn Quadratmeter, die Raumhöhe mindestens 2,5 m betragen. Weiterhin sollte die freie Bewegungsfläche nicht kleiner als 1,5 m2 und an keiner Stelle weniger als einen Meter breit sein. Um diese und weitere Richtlinien einhalten zu können, hat die Klinikapotheke der Gesundheitszentren Rhein-Neckar in Sinsheim die WISAG Industrie Service, einen der größten deutschen Industriedienstleister, beauftragt.

Die Beweggründe
„Die bisherige Klinikums-Apotheke konnte nicht entsprechend der aktuellen Apotheken-Betriebsverordnung umgebaut werden, da eine rund dreimonatige Unterbrechung der Zytostatika-Herstellung notwendig gewesen wäre. Dem Apothekenleiter Jürgen Heußer und seinem Team war es wichtig, bis zum Abschluss unserer Arbeiten durchgängig die Patienten mit Medikamenten versorgen zu können. Deshalb musste ein geeigneter neuer Produktionsort für die Zytostatika gefunden werden“, erklärt Fred Kühne, Projektleiter der WISAG in Dresden. „Als beste Möglichkeit stellte sich schnell der Bau eines Reinraumcontainers hinter der Bestandsapotheke heraus.“

Die Planung
Zunächst wurde der Container entsprechend den Vorgaben der Zytostatika-Herstellung und der notwendigen Technik in den Dresdner Produktionsstätten der WISAG ausgelegt, berechnet und gefertigt. In Dresden wurde auch der notwendige „Grundausbau“ wie Lüftungs-, Medien-, Elektro- und Regelungstechnik eingebaut. Es folgten die Installation der Reinraumdecke sowie der Einbau der Reinraumwände inklusive der Elektroinstallation und des Reinraumfußbodens. Danach wurde der Container luftdicht verpackt und per LKW nach Sinsheim transportiert. Nach Lieferung des Containers konnte die WISAG mit dem Ausbau beginnen und die fehlenden „Puzzleteile“ in der Installation komplettieren, die Reinraummöblierung und -geräte wie bspw. Sicherheitswerkbank und Kühlschränke einbringen.
„Die notwendige Technik (Kaltwasserversorgung, Heizung, Elektrotechnik und Regelung) für den Reinraumbereich ist ebenso im Container untergebracht wie der eigentliche Reinraumbereich für die Zytostatika-Herstellung“, so der Projektleiter. Die zentrale Lüftungstechnik ist vor dem Container als Außengerät aufgestellt.
Die Vorteile der Containerlösung sieht Fred Kühne insbesondere darin, dass der Endkunde nur die Erschließung von Strom, Wasser und Wärme sowie das Containerfundament erbringen muss. Auf dem Gelände wird keine „Langzeitbaustelle“ eingerichtet, die effektive Bauzeit vor Ort beträgt nach Aufstellung des Containers nur wenige Wochen. Danach erfolgt die zeitnahe Inbetriebnahme und Qualifizierung des Reinraumbereichs. Darüber hinaus steht der Container autark, es muss im Gebäude der Apotheke keine „Ersatzfläche“ gefunden werden, und der laufende Betrieb im Klinikgebäude wird nicht beeinflusst.

Die Herausforderungen
Trotz aller Vorteile stellte der Bau die Mitarbeiter der WISAG auch vor große Herausforderungen: „Für uns war die Errichtung einer Containerlösung für eine Apotheke mit Isolatortechnik eine Premiere. Dies war auch eine besondere Herausforderung, da der sehr hohe und zugleich kompakte Isolator mit einer Länge von 6 m in den Raum integriert werden musste. Auch auf Grund der Bauhöhe des Isolators musste eine lichte Innenhöhe von 2,90 m realisiert werden, dies stellt an die Fertigung des Containers enorm hohe Ansprüche. An den freien Flächen, an denen es möglich war, haben wir Fenster angeordnet, die dank einer speziellen Konstruktion von außen revisionierbar sind.“ Für die vorgesehenen Prozesse wurde der Reinraum-Container gemäß den EU-GMP-Richtlinien erstellt, da nur so die hohen Hygiene- und Sicherheitsanforderungen zu erfüllen waren.
Mit der Entscheidung zur Isolatortechnik wurde ein Reinraum Klasse D errichtet. Die ermöglicht ein „vereinfachtes“ Einschleuse Prozedere. Um den Reinraum betreten zu können, müssen die Mitarbeiter der Klinikapotheke strenge Hygienevorschriften einhalten, indem sie sich in einer Personalschleuse einmal waschen, desinfizieren sowie spezielle Reinraumkleidung anlegen. Dies ermöglicht eine flexiblere Einteilung von Pausenzeiten und bedeutet nur etwa 10 Minuten Zeitverlust durch Umkleiden.
Die eigentliche Medikamentenherstellung findet im Isolator Klasse A statt. Der Isolator bietet ein hohes Maß an Sicherheit für Mensch und Produkt, da ein Arbeiten am Produkt nur über Handschuheingriffe möglich ist.
„Um eine hohe Produktqualität und Professionalität bei der Medikamentenherstellung zu gewährleisten, war ein hochwertiger Reinraum Voraussetzung. Zudem war es uns wichtig, schnell Produktionskapazitäten zu schaffen und dabei die Kosten für den Reinraum im Rahmen zu halten. Die Anforderungen, die wir an die Arbeit der WISAG hatten, waren sehr hoch. Wir sind rundum zufrieden mit der Qualität des neuen Reinraumcontainers und freuen uns, dass die Errichtung reibungslos und ohne Komplikationen ablief“, kommentiert Apothekenleiter Jürgen Heußer. Im Vergleich zur klassischen Reinraum-Variante konnten Investitionskosten reduziert werden, da z. B. auf übliche Brandschutzmaßnahmen, wie sie in bestehenden Gebäuden nötig sind, verzichtet werden konnte. Zudem werden die Container in Serie gefertigt, was nicht nur einen Kostenvorteil mit sich bringt, sondern auch für eine bessere Planbarkeit aufgrund von Standardmaßen beim Einbau von Equipment, Material- und Personalschleusen sorgt.
Im letzten Jahr haben sich die Anfragen von Apothekern nach Reinräumen bei der WISAG etwa verdreifacht. „Wir gehen allerdings davon aus, dass diese auf Grund der gesetzlichen Rahmenbedingungen nun wieder etwas zurückgehen werden“, berichtet Axel Tesch, Vertriebsingenieur und Experte für die Reinraumbranche bei der WISAG Gebäude- und Industrieservice in Dresden. Für die Zukunft rechnet die WISAG jedoch mit einem weiterhin hohen Bedarf an Containerlösungen, wie der Vertriebsingenieur erklärt: „Da die Standards nicht in jedem Bestandsobjekt umgesetzt werden können, stellen die Reinraumcontainer eine schnelle und komfortable Lösung auf wenig Platz dar.“
Auch zukünftig werden Reinräume in zahlreichen Branchen aufgrund strengerer Auflagen etwa in der Pharma- und Lebensmittelindustrie sowie der zunehmenden Verfeinerung der Technik immer mehr an Bedeutung gewinnen. Bereits jetzt ist die deutsche Reinraumtechnik-Branche mit ca. 15.000 Beschäftigten und einem Jahresumsatz von 2,5 Mrd. Euro internationaler Technologieführer. Gerade für klein-, mittelständische sowie Start-Up-Unternehmen bietet die Containerlösung branchenübergreifend eine Alternative zum klassischen Reinraum-Konzept, da hohe Kosten vermieden und so wirtschaftliche Risiken minimiert werden können.

Die Gesundheitszentren Rhein-Neckar
Die GRN-Klinikapotheke in Sinsheim beliefert die verbundeigenen Einrichtungen sowie andere Krankenhäuser mit Arzneimitteln. Das Apotheken-Team besteht aus Apothekern, Pharmazeutisch-Technischen Assistentinnen (PTA) und Pharmazeutisch-Kaufmännischen Angestellten (PKA).
Die GRN-Klinik Sinsheim ist ein Haus der Grund- und Regelversorgung mit insgesamt 225 Planbetten. 535 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter versorgen hier jährlich etwa 11.000 stationäre Patienten und ebenso viele ambulante Notfälle. Hinzu kommen knapp 1.500 ambulante Operationen. Insgesamt gehören der GRN Gesundheitszentren Rhein-Neckar gGmbH vier Kliniken (Sinsheim, Schwetzingen, Weinheim und Eberbach) mit insgesamt knapp 900 Planbetten an.

Kontakt

WISAG Industrie Service Holding GmbH

Kennedyallee 76
60596 Frankfurt

+49 69 63306 110
+49 69 63306 117

Wasserstoff für die Prozessindustrie

News & Hintergrundberichte

CITplus Insight

Aktuelle Themen aus der Prozess- und Verfahrensindustrie

Registrieren Sie sich hier

CHEMonitor

Meinungsbarometer für die Chemieindustrie

> CHEMonitor - Alle Ausgaben

Social Media

LinkedIn | X (Twitter) | Xing

Wasserstoff für die Prozessindustrie

News & Hintergrundberichte

CITplus Insight

Aktuelle Themen aus der Prozess- und Verfahrensindustrie

Registrieren Sie sich hier

CHEMonitor

Meinungsbarometer für die Chemieindustrie

> CHEMonitor - Alle Ausgaben

Social Media

LinkedIn | X (Twitter) | Xing