Anlagenbau & Prozesstechnik

Explosionsschutz DIN EN 60079-0:2012

Neue Gehäuse-Anforderungen

08.01.2014 -

CITplus - In der neuen Grund-Norm-Explosionsschutz EN 60079-0:2012 erfolgte eine Klarstellung einiger Begriffe, die zur Aufrechterhaltung des Explosionsschutzes entscheidend sind.

Gehäuse und Gehäuseteile werden in der Richtlinie 94/9/EG neu bewertet. Zu den Gehäuseteilen zählen auch Kabeleinführungen und Steckverbinder. In der neuen Grund-Norm-Explosionsschutz EN 60079-0:2012 erfolgte eine Klarstellung einiger Begriffe, die zur Aufrechterhaltung des Explosionsschutzes unmittelbar entscheidend sind. Insgesamt hat sich der Normenzyklus solcher Änderungen in der letzten Zeit verkürzt.

Prüfungen von Gehäusen
Die Tests von Gehäusen sind in der Norm genau definiert. Die Reihenfolge der Prüfungen an metallischen Gehäusen wird ist in der nachstehenden Reihenfolge gefordert:

  • Prüfungen für die Schlagfestigkeit,
  • ggf. eine Fallprüfung,
  • Prüfungen der IP-Schutzart,
  • daran anschließend die Prüfungen für die betreffende Zündschutzart.

Nichtmetallische Gehäuse werden vor­ab zusätzlich einen Klimaeinlagerung (Wärme/Kälte) unterzogen. Danach erfolgen die mechanischen Tests, analog wie bei den metallischen Gehäusen. In der Dokumentation zur Prüfung müssen außerdem auch die Werkstoffe und das Herstellungsverfahren der Gehäuses spezifiziert werden.

Gehäuseöffnungen
Sind im Gehäuse Öffnungen vorgesehen, die zu Installation oder Wartung verwendet werden, dann müssen diese Gehäuseöffnungen die nachfolgenden Anforderungen Norm erfüllen. Deckel-Dichtungen sollen an einer der beiden einander berührenden Seiten befestigt sein, um Verlust oder Beschädigung der Dichtung zu verhindern. Der Dichtungswerkstoff darf nicht von selbst an der anderen Spaltseite haften.
Dichtungsmaterialien sind häufig Elastomere. Für diese Elastomere werden u.a. folgende Angaben gefordert:

  • den Namen oder das registrierte Markenzeichen des Elastomer-Herstellers
  • die Werkstoffe-Zusammensetzung,
  • die Dauergebrauchstemperatur.

Elektrostatische Aufladung
Die elektrischen Geräte müssen so konstruiert sein, dass im Betrieb eine Gefährdung durch Zündung, verursacht durch elektrostatische Aufladungen vermieden wird. Diese Anforderung kann z. B. durch durch Einhaltung einer der nachstehenden Bedingungen erfüllt werden:

  • das der Oberflächenwiderstand unterhalb einen Maximalwert gehalten wird,
  • die Begrenzung der Oberfläche,
  • von nichtmetallischen Gehäuseteilen,
  • durch Aufbringen einer leitfähigen ­Beschichtung.

Anforderungen an Kabel- und ­Leitungseinführungen
Für die Kabel und Leitungseinführungen (KLE) sind das die Klemmvorrichtungen, das Druckteil sowie der Dichtungsring. Die präzisierten Definitionen in der Norm lauten:

  • Kabel- und Leitungs­durchführungseinrichtung: Einführungseinrichtung, vorgesehen für ein oder mehrere Kabel und Leitungen, mit einer Abdichtung.
  • Klemmvorrichtung: Element einer Kabel- oder. Leitungseinführung, mit dessen Hilfe verhindert werden soll, dass Dehnungen und Drehungen des Kabels oder der Leitung auf die Anschlussteile übertragen werden
  • Druckteil: Element einer Kabel- oder Leitungseinführung, das so auf den Dichtungsring einwirkt, dass dieser seine Funktion erfüllen kann.
  • Dichtungsring: Ring einer Kabel- und Leitungseinführung, um die Dichtheit zwischen der Kabel- und Leitungseinführung und dem Kabel sicherzustellen.

KLE dürfen die Zündschutzart des Gerätes in das diese eingebaut werden, nicht aufheben oder schwächen. Die KLE sollen durch eine Klemmverbindung des Kabels sicherstellen, dass Zug- oder Drehbewegungen nicht auf die Kabelanschlüsse einwirken.
Zum Nachweis dieser Eigenschaften werden die KLE einer Typprüfung unterzogen. Mit der vollständig montierten KLE wird zunächst einer Wärmebeständigkeitsprüfung durchgeführt. In der Regel beträgt die maximale Temperatur 75 °C. Zur Prüfung wird ein Metall-Dorn (Oberflächenrauheit 1,6 µm) in die KLE montiert, der Dorn-Durchmesser entspricht dem kleinsten Kabeldurchmesser.
Der Dichtungsring soll nun das Verrutschen des montierten Dorns verhindern, wenn die von außen horizontal wirkende Kraft in Newton den 20fachen Wert des Dorn-Durchmessers erreicht.
Danach folgt eine Zugprüfung. Das thermisch konditionierte Muster der Typprüfung muss einer konstanten Zugkraft über 6 h ausgesetzt werden. Dieser Überprüfung findet bei Raumtemperatur statt. Die interne Befestigung durch den Dichtungsring gilt als ausreichend, wenn das Verrutschen des montierten Dorns weniger als 6 mm beträgt. Nach diesen Prüfungen finden sind weitere Überprüfungen der mechanischen Festigkeit der KLE nötig. Die Details sind in der EN 60079-0:2012 dokumentiert.

Ex-Kennzeichnung
Es ist selbstverständlich, dass das Kennzeichnungssystem nur auf elektrische Geräte oder Bauteile angewendet wird, welche die Norm, für die jeweilige Zündschutzart erfüllen. Das elektrische Gerät muss deutlich lesbar auf dem Hauptteil an der Außenseite des Gehäuses gekennzeichnet sein und diese Kennzeichnung muss vor der Installation des Gerätes lesbar sein

Verantwortung für die Kennzeichnung
Durch Anbringen der Kennzeichnung auf dem Gerät bestätigt der Hersteller in eigener Verantwortung, dass seine elektrischen Gerät in Übereinstimmung mit den im Hinblick auf die Sicherheit zutreffenden Anforderungen der einschlägigen Normen gebaut wurde, und die Überwachungen und Stückprüfungen erfolgreich abgeschlossen wurde und das Erzeugnis mit der Dokumentation übereinstimmt.
Die Anforderungen an das Typenschild, sowie die notwendigen Angaben auf dem Typenschild sind ebenfalls vorgegeben. Die Ex-Kennzeichnung soll u. a. die folgenden Angaben enthalten:

  • den Herstellernamen oder sein ­Warenzeichen,
  • die Typenbezeichnung des Gerätes;,
  • eine Seriennummer,
  • den Namen der Stelle, die das Zertifikat ausgestellt hat,
  • ggf. besondere Bedingungen,
  • die entsprechende Ex-Kennzeichnung für Gas- oder Staubatmosphäre.

Kommentar von Prof. Dr.-Ing. Ulrich Johannsmeyer zur Normensituation im Explosionsschutz
Für den neutralen Betrachter erscheint die Normenlandschaft im Explosionsschutz in den letzten Jahren sehr dynamisch. Es könnte dabei der Eindruck entstehen, dass durch sicherheitstechnische Mängel der früheren Normenausgaben ein dringender Handlungsbedarf entstanden war. Eine Rückschau in die Normungsgeschichte von Cenelec TC 31 und IEC TC 31 führt jedoch zu der Einschätzung, dass nur äußerst selten nachträglich bekannt gewordene Sicherheitsmängel die Revision einer Norm ausgelöst haben.
Trotzdem verstärkt das Verfahren der Zurückziehung einer Norm durch die Normungsorganisationen bzw. im Amtsblatt der EU bei den Marktteilnehmern den Eindruck, dass die zurückgezogenen Normen nicht mehr die Anforderungen der Richtlinie 94/9/EG erfüllen. Dieser Eindruck ist jedoch irreführend. Insbesondere die Integrität und Bewahrung der allgemeinen Schutzkonzepte für explosionsgeschützte Betriebsmittel bewirkt, dass die Fortentwicklung der Normung nicht notwendigerweise die sicherheitsbezogenen Fragen berührt, sondern vorwiegend redaktionelle Fragen, strukturelle Änderungen der Normen, die Pflege der technischen Anforderungen und die Integration neuer Produkttechnologien in die bestehenden Schutzkonzepte. So ist z. B. durch die Zusammenführung der bisher jeweils getrennten Normen für Gase/Dämpfe und für Stäube die Notwendigkeit der kompletten Neustrukturierung entstanden. Für Elastomere sind in der IEC/EN 60079-0 seit der vorletzten Fassung neue klarer gefasste Anforderungen enthalten, da bis dahin die Prüfstellen weltweit unterschiedliche Interpretationen zu den Prüfverfahren angewandt hatten.
Künftig wird die Frequenz zum Erscheinen neuer Normen bei IEC und EN wieder auf mindestens 5 Jahre gestreckt. Die IEC hat zusätzlich ein formales Verfahren eingeführt, nach dem die Bearbeitung einer neuen Normenfassung schlüssig begründet werden und auch von der Mehrheit der nationalen Komitees akzeptiert werden muss. Es ist deshalb in der Zukunft zu erwarten, dass die Normungsaktivitäten wieder mit größeren Zeitkonstanten ablaufen werden.

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