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Was treibt uns an?

Unternehmen, die die Lebensmotive ihrer Mitarbeiter kennen, sind erfolgreicher

11.06.2010 -

Gesunde und leistungsfähige Mitarbeiter sind der Wunsch jedes Unternehmen. Dr. Andrea Gruß sprach mit Alexander Reyss, Autor des Buches „Kraftquellen des Erfolgs", darüber, wie dieser Wunsch Realität werden kann. Reyss war über viele Jahre in der Pharmaindustrie als Personalentwickler und Trainer tätig. Heute begleitet er Menschen bei Veränderungen und in Konfliktsituationen als Coach.

CHEManager: Folgt man Berichten von Medien und Krankenkassen (s. Seite 8), scheinen sich Depression und Burnout zur Volkskrankheit zu entwickeln. Spiegelt dies Ihre Beobachtung wider?

A. Reyss: Zwar sind die Themen Depression und Burnout u.a. aufgrund des Freitods von Robert Enke öffentlich mehr ins Bewusstsein gerückt, dennoch sind sie nach wie vor stark tabuisiert. Die Dunkelziffer der Betroffenen ist viel größer als die Zahlen, die an die Öffentlichkeit gelangen. Experten schätzen, dass 10 bis 15 Mio. Menschen in Deutschland unter dem Burnout-Syndrom leiden.

Wie kann man dem Burnout vorbeugen?

A. Reyss: Menschen, die sich ihrer wichtigsten Werte und Motive bewusst sind, gestalten ihr Leben privat und beruflich so, dass sie - wenn immer möglich - das tun können und dürfen, was sie wollen. Diese Menschen sind wirklich glücklich, gesund und ausgeglichen. Denn sie bekommen mehr die Wertschätzung und Anerkennung die ihnen wichtig ist. Dies ist letztlich der beste Schutz gegen einen Burnout.

Wie erkennen wir unsere persönlichen Werte und Motive, die uns antreiben?

A. Reyss: Der amerikanische Motivationsforscher, Psychologe und Psychiater Prof. Dr. Steven Reiss hat in den 1990er Jahren herausgefunden, dass 16 Motive für unsere Motivation und unser Verhalten maßgeblich verantwortlich und handlungsleitend sind: Macht/Power, Teamorientierung, Neugier, Anerkennung, Ordnung, Sparen/Sammeln, Ziel-/Zweckorientierung, Idealismus, soziale Beziehungen, Familie, Status, Wettkampf/Rache, Schönheit/Eros, Essen, körperliche Aktivität und der Umgang mit Stress. Die Motivanalyse nach Reiss ergibt für jeden Menschen ein unverwechselbares Werte- und Motivprofil, vergleichbar mit einem persönlichen seelischen Fingerabdruck. Dieses Motivprofil ist niemals gut oder schlecht, sondern immer ganz individuell. Eine Wertung des persönlichen Werte- und Motivprofils kommt erst durch die beruflichen oder privaten Lebensumstände zu Stande. Sie wird im Coachingprozess erarbeitet.

Ihn Ihrem Buch beschreiben Sie das Reis Profile. Was unterscheidet es von anderen Potentialanalysen, wie z.B. Insight MDI, das DISG-Modell oder den Myers-Briggs-Typindikator, die in vielen Unternehmen eingesetzt werden?

A. Reyss: Die meisten dieser Methoden beschäftigen sich mit einfachen, auf C.G. Jung zurück zuführende Denkstil- und Verhaltensanalysen. Menschen werden aufgrund ihres aktuell gezeigten Verhaltens typologisiert und in einfache, wenige Schubladen gesteckt. Je nach Verfahren lassen sich 4, 16, 32 oder 64 Typen abbilden für die 20.000 bis 30.000 Textbausteine hinterlegt sind. Diese Vereinfachung kann in vielen Unternehmensprozessen hilfreich sein, bildet aber die persönliche Komplexität eines Menschen nur zu einem kleinen Teil ab. Das Reiss Motivation Profile erfasst seit 1999 die Ursachen des menschlichen Verhaltens auf der Basis der persönlich wichtigsten inneren Werte, Motive und Antreiber. Es basiert auf einer wissenschaftlichen und weltweit in Studien bestätigten Methode, die die Ansätze der Psychologen Gordon Allport und Abraham Maslow integriert und weiter entwickelt. Aus den 16 Lebensmotiven ergeben sich um die 9 Mrd. mögliche Motivations- und Werteprofile, die beschreiben wie, was einen Menschen motiviert. Es bildet ab, wie sich ein Mensch idealerweise verhalten will, unabhängig davon, ob er sich dessen bewusst ist oder dies gerade umsetzen kann oder darf.

Inwiefern profitieren Unternehmen und Mitarbeiter von der Kenntnis des Motivprofils?

A. Reyss: Die Leistungsfähigkeit jedes Menschen definiert sich über drei Größen: Dürfen, Können und Wollen. Hinzu kommen noch weitere Faktoren, wie Erziehung, Kultur, Regeln und Normen. Bei der Definition der persönlichen Ziele oder der Personalentwicklung liegt der Fokus meist auf Dürfen und Können. Das Wollen, also die motivationale Grundstruktur eines Menschen, wird oft vernachlässigt bzw. war bisher wissenschaftlich fundiert nicht zu messen. Hier steckt ein ganz großes Potenzial für die Mitarbeitermotivation im Unternehmen sowie für jeden Menschen persönlich, denn mit der Motivanalyse lässt sich die persönliche Grundstruktur der Motivation abbilden. Jeder kennt das Phänomen von sich selbst: Wenn wir etwas lernen und tun wollen, woran wir Spaß und Freude haben, steigt unsere innere Bereitschaft und die Motivation, uns diese Fertigkeiten und Fähigkeiten anzueignen. Nicht nur bei der Personalentwicklung und dem Gesundheitsmanagement, auch bei der Auswahl neuer Mitarbeiter ist ein Motivprofil des Kandidaten sehr hilfreich.

Inwiefern?

A. Reyss: Es gibt bestimmte Motivkonstellationen, von denen man von vornherein sagen kann, dass sie erfolgreicher in einem Assessment-Center sein werden. Das sind z.B. Menschen, die stark nach Anerkennung streben. Sie bereiten sich besonders intensiv auf ein Assessment vor, weil sie keine Fehler machen wollen. Ebenso werden Menschen, die ein starkes Streben nach Sicherheit haben und Ängste vermeiden wollen, gut vorbereitet sein.

Menschen mit anderen Motivkonstellationen, die risikofreudiger sind, für die Fehler machen kein Problem ist und die sehr spontan und situativ reagieren, gehen meistens unvorbereiteter in ein Assessment und werden häufiger aussortiert, weil sie z.B. eine Wissensfrage zum Unternehmensgründer, den aktuellen Unternehmenszahlen o.ä. nicht beantworten können.
Oft wären im Unternehmensalltag aber diese Menschen für eine bestimmte zu ihnen passende Aufgabe genau die Richtigen, weil sie unter Druck reflektiert entscheiden können und gerade unter emotionalem Stress stärker belastbar sind und Ruhe bewahren.

Lässt sich das Verhalten einer Führungskraft anhand ihrer Motivprofile voraussagen?

A. Reyss: Mit der Motivanalyse lässt sich die persönliche Motivation und das das Verhalten einer Führungskraft unter Stress in Verbindung mit dem persönlichen Gespräch sehr gut abschätzen. Ein Mensch, der beispielsweise stark nach Anerkennung und nach Macht strebt, will zwar führen und schnell entscheiden, aber auch möglichst keine Fehler machen. Hier blockieren sich ohne die nötige Reflexion und ein Coaching zwei starke persönlichkeitsspezifische Motive und Antreiber. Die Führungskraft gibt unter Druck daher tendenziell lieber die Verantwortung ab oder entscheidet nicht, was zu viel Verwirrung in wichtigen Entscheidungsprozessen führen kann und oft viel Geld kostet. Zudem sind viele der Mitarbeiter irritiert, denn in Veränderungsprozessen fühlen sie sich nicht wirklich geführt und mit ins Boot geholt. Auch die Führungskraft leidet psychisch darunter hin- und hergerissen zu sein.

Ich bin in meinen über 2.000 Coachings mit der Motivanalyse nach Reiss auch immer wieder auf Top-Führungskräfte getroffen, die gar keine Lust verspüren, Mitarbeiter zu führen, oder sie zu fördern. Sie sind zur Führungskraft geworden, weil sie z.B. ein guter Vertriebler waren. Bei einem flexibleren Vergütungssystem würden viele Vertriebler gerne im Vertrieb bleiben. Aber den 5er BMW oder den Audi A6 gibt es in den meisten Unternehmen erst ab der Regionalleiterfunktion.

Wie lässt sich die Motivanalyse zur Mitarbeitermotivation nutzen?

A. Reyss: Im Grunde kann man keinen Menschen motivieren, wenn der das nicht wirklich selbst will. Motivation kommt von innen. Sie kann durch Reize von außen verstärkt werden.

Findet ein Unternehmen heraus, was den einzelnen Mitarbeiter motiviert, und bietet ihm einen Arbeitsplatz, der seinen wichtigsten Motiven entspricht, lässt sich dessen Leistungsfähigkeit und Identifikation deutlich steigern.
Und nicht nur das: Mit steigender Zufriedenheit der Mitarbeiter sinkt der Krankenstand, es gibt weniger Depressionen und Burnouts. Unternehmen mit motivorientiert eingesetzten Mitarbeitern haben eine höhere Produktivität und werden langfristig die Herausforderungen der Zukunft mit gesundem und motiviertem Personal besser meistern.

www.reiss-profile.de
www.kraftquellen-des-erfolgs.de 

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