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Lokalisierungssysteme in der Prozessindustrie

R. Stahl: Echtzeit-Positionsüberwachung auch in Ex-Bereichen

22.09.2011 -

Die Echtzeit-Positionsüberwachung von Betriebsmitteln und Personal kann die Anlagenproduktivität erhöhen, zur Optimierung der Logistik beitragen sowie Arbeitsschutz und Sicherheit verbessern. Das gilt besonders an weitläufigen und unübersichtlichen Produktionsstandorten wie etwa Chemieparks, in denen unterschiedliche Unternehmen tätig sind und zusätzlich externe Dienstleister und Besucher unterwegs sein können.

Lässt sich der Standort von Werkzeugen, tragbaren Messgeräten, mobilen Maschinen, Fahrzeugen, Transportbehältern und anderen Gerätschaften jederzeit bestimmen, so gibt es keine unerwarteten aufwändigen Suchvorgänge mehr, durch die viel Arbeitszeit verloren gehen kann. Mit einem Asset Tracking lässt sich einfacher und zuverlässiger vorausschauend disponieren, um auch Verzögerungen durch Wartungs- und Reparaturvorgänge zu reduzieren. Ein weiterer Nutzen: Dank Tracking kommt nur noch selten kostspielige Ausrüstung abhanden.

Welchen Nutzen bieten Lokalisierungssysteme und wer profitiert davon?
Außer Betriebsmitteln lassen sich mit einem Lokalisierungssystem natürlich auch Personen identifizieren und orten. Auf diesem Weg kann die Zutrittsberechtigung zu bestimmten Anlagenbereichen überprüft werden. Vor allem aber lassen sich Evakuierungen deutlich zielgerichteter durchführen. Im einfachsten Fall wird die Anzahl der Mitarbeiter ermittelt, die sich an den Sammelstellen eingefunden hat. Kommt es zu einem Unfall, können Rettungskräfte außerdem betroffene Personen mit Hilfe der optionalen präzisen Lokalisierung schneller und mit geringerer Gefährdung für die eigene Gesundheit bergen und versorgen. Ein „People Monitoring" über ein Lokalisierungssystem trägt so zu höherer Arbeitssicherheit bei.

Welche Lokalisierungssysteme eignen sich für Prozessanlagen?
Grundsätzlich basieren Lokalisierungssysteme auf Funksignalen. An Fahrzeugen oder Betriebsmitteln werden Transponder angebracht oder aufgeklebt, Personen tragen sie zum Beispiel an der Arbeitskleidung. Gesendete und empfangene Informationen müssen in eine Asset Tracking-Software oder andere Softwaresysteme implementiert werden. Gängige Hardware-Lösungen nutzen entweder RFID (Radio Frequency Identification) oder das Global Positioning System (GPS). Die letztere Option bietet den Vorteil, dass kein eigenes Netzwerk von Empfängern in einer Anlage installiert werden muss. Für viele Prozessanlagen allerdings scheidet GPS von vornherein aus: Dieses Satelliten-gestützte System eignet sich nur für Außenbereiche - im Inneren von Gebäuden kann die erforderliche Verbindung zum Satellitensystem nicht gewährleistet werden.
Ein Lokalisierungssystem auf Basis von aktiven RFID-Tags ist für die Indoor- und Outdoor-Nutzung gleichermaßen geeignet. Zudem sind die erforderlichen Komponenten erheblich kostengünstiger als industrietaugliche GPS-Elektronik. Die Verwendung aktiver Tags ist eine flexible und für den Großteil aller prozesstechnischen Anlagen geeignete Lösung: Daten übermitteln und empfangen diese im Freien oft noch über Strecken von deutlich mehr als 100 m. Selbst in Gebäuden passieren Signale aktiver Tags beträchtliche Entfernungen, auch durch Wände hindurch.

Wie werden Lösungen auf gängige Praxisanforderungen abgestimmt?
Ein Echtzeit-Lokalisierungssystem kann grundsätzlich gut auf die Bedürfnisse individueller Anwendungen abgestimmt werden, wie unterschiedliche Größen des zu überwachenden Areals oder Standorte mit Teilen von Anlagen im Gebäudeinneren. Daneben spielt auch die geforderte Ortungs-Genauigkeit und -Geschwindigkeit sowie die Bewegungs-Häufigkeit und -Geschwindigkeit der Betriebsmittel und/oder der Personen, die mit Lokalisierungs-Tags versehen werden sollen, eine wichtige Rolle. Die einfachsten Systeme registrieren lediglich die Anwesenheit beobachteter Assets oder Personen an wenigen konkreten Orten. Objekte und Mitarbeiter mit Tags werden in diesem Fall nur jeweils dann identifiziert und geortet, wenn ihre Signale von den an den spezifischen Orten einzeln installierten RFID-Controllern empfangen werden. So kann beispielsweise bei Evakuierungen festgestellt werden, ob und wann alle im Gebäude anwesenden Mitarbeiter definierte Sammelpunkte erreicht haben. Das Container Tracking wiederum lässt sich dazu nutzen, das Eintreffen eines leeren Tanks an einem Ankunfts- oder Abstellpunkt zu registrieren, ebenso dessen Erreichen einer Reinigungsstation sowie beispielsweise die Bereitstellung zur erneuten Befüllung und Verladung.
Mit einem leistungsfähigeren System lassen sich weitergehende Überwachungsmöglichkeiten schaffen. Notwendig ist dazu die Installation einer Reihe fest installierter Controller, die als Verbund eine Zone bilden. Nützlich ist dies zum Beispiel für die laufend aktuelle Standortbestimmung von Arbeitsmitteln, die immer wieder mobil in unterschiedlichen Teilbereichen eingesetzt werden und deren aktueller Standort nicht immer absehbar und planbar ist. Systemlösungen von R. Stahl zur Zonenlokalisierung können in einem Umkreis von bis zu 160 m anwesende RFID-Tags identifizieren und dem entsprechenden Anlagenteil zuordnen. Im anspruchsvollsten Szenario kann auch eine exakte Lokalisierung beispielsweise von Personen in bestimmten Räumen oder Behältern auf bestimmten Stellflächen erfolgen. Eine entsprechend genaue Positionsbestimmung von RFID-Tags lässt sich auf der Grundlage der Signalfeldstärke eines Tags oder anhand von Laufzeitmessungen ermitteln. Mit Hilfe des optionalen Softwarepakets „Advanced Localization" erreichen auf derartige Anforderungen abgestimmte Systeme eine Ortungspräzision von bis zu ±5 m.

Wie werden Ortungssysteme für den Einsatz im Ex-Bereich ausgelegt?
Für Anlagen mit gas- und staubexplosionsgefährdeten Bereichen bietet die Firma Stahl ein System mit eigensicheren aktiven RFID-Tags und zugehörigen Controllern in druckfest gekapselten Gehäusen an. Die Komponenten sind für Umgebungstemperaturen von ­40 °C bis +50 °C (Transponder) bzw. ­20 °C bis +60 °C (Controller) ausgelegt. Die Controller in Schutzart IP66 sind für die Installation in Zone 1 und 2 bzw. 21 und 22 geeignet. Die Tags sind gerade für Außenbereiche noch robuster (Schutzart IP67) konstruiert und können in explosionsgefährdeten Bereichen der Zone 0, 1, 2 bzw. 20, 21, 22 verwendet werden. Die RFID-Tags senden ihre Kennungen kontinuierlich im lizenzfreien ISM-Band (2,45 GHz) in einstellbaren Intervallen zwischen 1 und 60 Sekunden. Bei Bedarf ist die Sendefunktion abschaltbar. Jeder Transponder kann mit 112 Bytes zusätzlichen Nutzdaten beschrieben werden. Dank einer Kombination aus energiesparender Elektronik und einer leistungsfähigen Batterie erreichen die flachen, nicht einmal 2 cm hohen Einheiten eine Lebensdauer von sechs bis zehn Jahren.
Die Controller erlauben die Positionsüberwachung von bis zu 100 RFID-Tags pro Sekunde und über 1000 Tags an Geräten oder Personen insgesamt. Mit der übergeordneten IT-Ebene können sie per Fast Ethernet oder über eine WLAN-Schnittstelle kommunizieren. Die Einbindung ermittelter Positionsdaten in Business-Applikationen wie PLS oder ERP-Systeme erfolgt über eine Middleware. Ein Web Service Interface (SOAP) macht die Nutzung typischer Funktionen wie Gate Access, People Monitoring und Container Tracking über einen Browser möglich. 

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Von Visionen und Innovationen
Die R. Stahl Technologiegruppe ist ein Anbieter von Produkten, Systemen und Dienstleistungen für den Explosionsschutz. Das Unternehmen ist in diesem Jahr in das „Lexikon der deutschen Weltmarktführer" aufgenommen worden. CHEManager sprach mit Dr. Peter Völker, Technikvorstand bei R. Stahl, über den Stand der Technologie beim Explosionsschutz sowie über Innovationen und Ziele des Unternehmens. Das Interview führte Dr. Volker Oestreich.

CHEManager: Herr Dr. Völker, fühlen Sie sich wohl in explosiver Umgebung?

Peter Völker: Explosionsgefahren werden durch die richtigen technischen und organisatorischen Maßnahmen sicher beherrscht. Daher ist die chemische Industrie in Deutschland einer der sichersten Arbeitsbereiche. Weltweit betrachtet ist das Sicherheitsniveau allerdings sehr unterschiedlich. Es gibt leider manche Betriebe in der Welt, in denen ich mich in explosionsgefährdeten Bereichen nicht wohl fühlen würde, da man es dort mit Explosionsschutz nicht so genau nimmt wie bei uns. Hier gibt es noch viel zu tun.

... womit wir schon beim Thema sind: was sind die aus Ihrer Sicht wichtigsten Fortschritte der letzten Jahre beim Explosionsschutz?

Peter Völker: Durch die weltweite Harmonisierung der Standards für den Explosionsschutz und das internationale Zertifizierungssystem IEC-Ex-Scheme hat sich eine gute Normenbasis für explosionsgeschützte Produkte entwickelt. Dass Explosionsschutz nicht bei elektrischen Geräten endet sondern umfassend beurteilt wird, ist sicher ein wesentlicher Fortschritt. Die intelligente Anwendung und Kombination von Zündschutzarten macht explosionsgeschützte Produkte und Systeme möglich, die in ihrer Funktionalität, Sicherheit und Wirtschaftlichkeit dem Anwender einen hohen Nutzen bieten

Ihr Unternehmen gehört nicht nur zu den deutschen Weltmarktführern, sondern auch zu den „TOP 100" der innovativsten Mittelständler und wurde kürzlich dafür ausgezeichnet. Jetzt können Sie sich zufrieden zurücklehnen und den Erfolg genießen!

Peter Völker: Ja, wir feiern und genießen auch unsere Erfolge. Weltmarkt- und Innovationsführer sind wir aber nicht durch Ausruhen geworden. Daher sind für uns die Auszeichnungen TOP 100 und Weltmarkführer ein Ansporn, unsere Leistungen zu verstärken und noch besser zu werden. Wie gut wir sind, bemessen wir auch eher an der Zufriedenheit und Begeisterung unserer Kunden. Sie sind für uns der größte Ansporn.

Damit neue Techniken oder Technologie zu Innovationen werden, müssen sie vom Markt akzeptiert und eingesetzt werden. Wie sieht es da mit Power-i bzw. Dart aus?

Peter Völker: Die Fragen, die sich bei jeder Innovation stellen, sind: Welche Aufgaben löst die neue Technologie besser als die bestehende? Welches Kundenproblem wird gelöst? Steht der Aufwand in einem akzeptablen Verhältnis zum Nutzen?
Power- i ermöglicht es, den Anwendungsbereich für die Eigensicherheit in höhere Leistungsbereiche zu erweitern. Dazu zählt insbesondere die Stromversorgung von elektrischen Geräten - wie z.B. aufwändige und damit energieintensive Diagnosetechnik. Hier kann Power-i eine Lösung bieten, wo die klassische Eigensicherheit an ihre Grenzen stößt. Wir verfolgen das Thema und werden die Technologie einsetzen, wenn sie es ermöglicht, innovative neue Lösungen auf den Markt zu bringen. Im Moment fehlt allerdings noch die internationale Akzeptanz in Form der Standardisierung auf internationaler Ebene (IEC und NEC) - trotz großer Fortschritte im europäischen Bereich.

Welche Rolle wird die funkbasierte Übertragung in der Prozessautomatisierung, insbesondere auch im Ex-Bereich, in Zukunft spielen?

Peter Völker: Funkübertragung spielt sicher eine zunehmende Rolle in der Prozessautomatisierung. Aber auch hier stellt sich die Frage, welche Aufgaben durch Funkübertragung besser und wirtschaftlicher gelöst werden können als mit konventionellen Technologien. Anwendungen wie die mobile Datenübertragung zu mobilen PC Lösungen oder Asset Tracking können nur auf Basis von Funktechnologien sinnvoll umgesetzt werden. Ein weiterer Vorteil liegt im temporären oder nachträglichen Einsatz bei einer Nachrüstung oder für einen Pobebetrieb. Eine Verdrahtung ist in diesen Fällen meist sehr aufwändig. Anwender sehen hier ein sinnvolles Anwendungsfeld.

Viele Anbieter von Produkten und Systemen der Automatisierungstechnik steigen verstärkt in das Lösungs- und Systemgeschäft ein - von Differenzierung kann man da kaum noch sprechen ...

Peter Völker: ... Erfolgreiche Konzepte werden natürlich gerne nachgeahmt. R. Stahl beschäftigt sich seit langem mit dem Systemgeschäft. Dabei steht für uns immer der Kundennutzen im Vordergrund. Mit einem breiten Produktportfolio, jahrzehntelanger Erfahrung und einem profunden Know-how bieten wir Lösungen, bei denen wir uns bisher immer differenzieren konnten.

Wie passen die von R. Stahl getätigten Firmenübernahmen der letzten Jahre und die neu gestarteten Kooperationen in dieses Konzept?

Peter Völker: Unsere Akquisitionen und Kooperationen passen hervorragend in unser strategisches Konzept, weil sie kein Zufallsergebnis sind. Akquisitionen werden bei uns strategisch geplant und systematisch verfolgt. Wir überlegen, wo wir über Akquisitionen und Kooperationen schneller oder besser wachsen können als durch organischen Aufbau. Dann folgen Selektion und gezielte Ansprache. So konnten wir in den letzten Jahren in den Bereichen HMI, elektrische Schiffsausrüstung und Heizungstechnik sowie im Bereich der Alarm- und Signalgeräte und jüngst bei Kameras/CCTV gezielt punkten. 

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