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Gesteigerte Lebensdauer von Gleitringdichtungen

09.10.2011 -

Gesteigerte Lebensdauer von Gleitringdichtungen. Gleitringdichtungen werden in Pumpen, Rührwerken, Verdichtern und anderen rotierenden Maschinen als Wellenabdichtung für flüssige und gasförmige Medien eingesetzt. Die abzudichtenden Prozessdrücke reichen vom Vakuum bis zu über 400 bar. An die Gleitringdichtung werden dabei zum Teil hohe Anforderungen bezüglich der chemischen und thermischen Beständigkeit gestellt. Die Konstruktion und die Werkstoffauswahl spielen eine entscheidende Rolle, um die zuverlässige Funktion und die Langlebigkeit der Dichtung unter den zu Grunde liegenden Randbedingungen zu gewährleisten. Oberstes Ziel aller Betreiber ist es, diese Werte entscheidend zu verbessern und die Prozessausfallkosten durch ungeplante Unterbrechungen zu minimieren.

Jedes System ist nur so leistungsfähig wie die Haltbarkeit des schwächsten Bauteiles. Untersuchungen zeigen, dass die Hauptschwachstelle der Gleitringdichtung nach wie vor die Schädigung der Gleitflächen in Verbindung mit Mangelschmierung und dem daraus entstehenden Trockenlauf ist. Die Auswahl geeigneter Gleitwerkstoffe hängt im Wesentlichen vom Feststoffanteil im Medium und dessen Schmierfähigkeit ab. Bei reinen Medien werden überwiegend hart / weich Gleitkombinationen ausgewählt, wobei der weiche Partner in der Regel ein imprägnierter Kohlegraphit ist. Das Einsatzspektrum der weichen Kohlegraphite wird durch im Medium vorhandene Feststoffpartikel, maximal zulässige Abrasivverschleißraten und teilweise unzulässiger Produktkontamination (Pharmazie) beschränkt.

Die in den vergangenen 10 bis 15 Jahren immer mehr bei den Gleitringen verbreiteten SiC / SiC Werkstoffpaarungen haben hervorragende chemische Beständigkeit, hohe Abriebfestigkeit und nahezu keinen Verschleiß, dies jedoch nur bei ausreichender Schmierung im Dichtspalt. Jede Form von Mangelschmierung durch Trockenlauf führt zu starker Temperaturerhöhung mit Schädigung der Gleitflächen und Nebendichtungen (O-Ringe). Bis zum Totalausfall der Gleitflächen können im Extremfall nur wenige Sekunden vergehen. In der Praxis können Mangelschmierungszustände durch unzulässig hohe Gasanteile im Fördermedium, durch fehlerhafte Bedienung oder auch durch die Verdampfung des Fördermediums im Dichtspalt auftreten.

Genau hier setzt die Diamanttechnologie von Burgmann an. Durch eine aus einer aktivierten Gasphase auf die SiC-Gleitflächen abgeschiedene kristalline Diamantschicht kann eine herausragende Abrasivbeständigkeit bei gleichzeitig niedrigem Reibwert und damit eine deutlich verbesserte Leistungsfähigkeit der Dichtung unter Mangelschmierungsverhältnissen realisiert werden.

Diamant ist nicht gleich Diamant

Amorphe diamantähnliche Kohlenstoffschichten (DLC) werden seit ca. 10 Jahren als Verschleißschutzschicht in gasgeschmierten Gleitringdichtungen eingesetzt und haben sich hier gut bewährt. In flüssigkeitsgeschmierten Anwendungen bzw. bei erhöhten Belastungen wurden bisher jedoch häufig die Grenzen der Schichthaftung und der Verschleißbeständigkeit von DLC-Schichten überschritten.

Im Gegensatz hierzu besitzen die für die spezifischen Anwendungen in Gleitringdichtungen entwickelten, kristallinen Diamantschichten Burgmann Diamond Faces neben ihrer unvergleichbaren Härte eine exzellente chemische und thermische Beständigkeit. In inerter Atmosphäre ist Diamant bis zu einer Temperatur von ca. 1.500 °C stabil, in oxidierender Umgebung beginnt die Verbrennung von Diamant ab einer Temperatur von ca. 600 °C. Säuren und Laugen greifen Diamant nicht an.

Zur großflächigen und homogenen Beschichtung von keramischen Gleitringen wird ein für diese Anforderungen optimiertes HF-CVD (Hot Filament – Chemical Vapor Deposition) Verfahren eingesetzt. Die Beschichtung erfolgt dabei in einer Vakuumkammer mit elektrisch beheizten Wolframdrähten. Die Oberflächentopographie und die Orientierung der Diamantkristalle lassen sich dabei durch die Variation der Prozessparameter gezielt einstellen.

Diamantbeschichtung

Zur Optimierung des Verbundwerkstoffes SiC-Diamant wurden umfangreiche Grundlagen- und Anwendungstests durchgeführt. Im Rahmen der Tests wurden unterschiedliche Substratvarianten, Schichtstärken, Substratsvorbehandlungsverfahren und Schichttypen untersucht. Wichtigstes Optimierungsziel war die Minimierung des Reibwertes und der Verschleißrate der neuen Tribopaarung. Weitere Optimierungskriterien bildeten die Haftfestigkeit und Ebenheit der Schichten als Voraussetzung für ein vorhersagbares Dichtungsverhalten.

Das Ergebnis der Optimierung, Burgmann Diamond Faces, ist ein hoch effizienter Verbundwerkstoff, welcher für den Einsatz in gas- und flüssigkeitsgeschmierten Gleitringdichtungen bestens geeignet ist.

Der gemessene Reibfaktor im Trockenlauf mit einer unbeschichteten SiC / SiC- Standardpaarung liegt bei ca. 0,65. Siliziumkarbid mit eingelagertem Kohlegrafit erreicht nach einer kurzen Einlaufzeit ein Reibfaktorniveau von etwa 0,2. Nach 5.000 Sekunden beginnt jedoch auch hier der Reibfaktor anzusteigen. Die diamantbeschichtete Gleitpaarung zeigt ein stabiles Trockenlaufverhalten bei Werten um 0,15.

Nutzen für den Betreiber

Mit der Optimierung und Qualifizierung von kristallinen Diamantschichten kann die Leistungsfähigkeit von Gleitringdichtungssystemen unter Mangelschmierungsbedingungen oder auch bei der Abdichtung von abrasiven Medien deutlich gesteigert werden. Durch die Reduzierung des Reibfaktors sowohl im Trockenlauf als auch unter geschmierten Bedingungen und durch die Erhöhung des Verschleißwiderstands wird die Zuverlässigkeit gerade unter schwierigen Betriebsbedingungen erheblich verbessert. Im Vergleich zu trocken laufenden unbeschichteten SiC / SiC-Paarungen, die nur wenige Sekunden trockenlauffähig sind, können Burgmann Diamond Faces je nach Belastung bis zu mehrere Stunden trockenlaufen. Dies wird durch umfangreiche Feldtests in diversen Anwendungen bestätigt.

Durch die reduzierte Gleitflächenreibung wird auch im Normalbetrieb die erzeugte Reibungswärme verringert. Die geringere Reibleistung erlaubt reduzierte Kühlung bei Doppeldichtungssystemen und höhere Temperatureinsatzgrenzen bei leicht siedenden Medien. Die universelle chemische Beständigkeit und Unempfindlichkeit gegenüber feststoffbeladenen Medien ermöglicht den standardisierten Einsatz in der Chemie und Pharmazie. (Kohlegraphitwerkstoffe, deren Abrieb teilweise zu unzulässigen Produktkontaminationen führt, können in vielen Fällen ersetzt werden).

Analysen zeigen, dass der ROI (Return on Invest) aufgrund der wesentlich verlängerten Lebensdauer, einer diamantbeschichteten Gleitringdichtung bereits nach 1,5 Jahren erreicht wird. Die durchschnittliche Steigerung der Lebensdauer diamantbeschichteter Gleitringdichtungen eröffnet die Möglichkeit zur Wartungsbündelung mit anderen Maschinenbau- bzw. Anlagenbauteilen wie Lager oder Laufrad.

Was sagt die Praxis

Natürlich sind neben den bereits erwähnten Feldtests auch etliche Dichtungen bereits im harten Dauereinsatz. Erwähnenswert ist hier in erster Linie eine Dichtungsanwendung mit extrem abrasiven Medien in einer Bornemann Multiphasenpumpe. Hier geht es um die wirtschaftliche Erschließung der riesigen Ölsandfelder in Kanada. Aufgrund der deutlich angestiegenen Ölpreise wird dieses Projekt mit Hochdruck vorangetrieben.

Durch das neuartige SAGD-Verfahren (Steam Assissted Gravity Drainage), in dem die Ölanteile durch Dampfbeaufschlagung gelöst werden, muss die Pumpe ein extrem abrasives Gemisch aus Gas- und Feststoffen fördern. Die bisherige eingesetzte Einfachdichtung fiel regelmäßig bereits nach ca. 14 Tagen aus. Hier hat die gleiche Dichtung, jedoch mit diamantbeschichteten Oberflächen eine massive Verbesserung gebracht, indem sie seit 4 Monaten einen völlig störungsfreien Betrieb gewährleistet.

Eine weitere signifikante Verbesserung der Dichtungslaufzeit konnte in einer Aufbereitungsanlage für Schleif- und Waschemulsion zur Bearbeitung von Dichtungsgleitringen erzielt werden. Diese Anlage des Herstellers Atec steht in unserer Fertigung und fiel regelmäßig nach ca. 1.500 – 2.000 Stunden aufgrund hoher Leckage aus. Unter Federführung des Herstellers Atec wurde auch hier die Burgmann Diamond Faces Technologie eingesetzt. Bis heute wurde eine Lebensfaktorverlängerung um den Faktor 6 erreicht, d. h. mehr als 11.500 Betriebsstunden ohne messbare Leckage. Eine zwischenzeitliche Überprüfung der Dichtung wies eine einwandfreie Gleitringoberfläche aus.

Ausgezeichnete Dichtung

Für ihre Diamantbeschichtung von Gleitringdichtungen erhielt die Eagle Burgmann Gruppe im Oktober 2008 zwei renommierte Auszeichnungen. Der Frost & Sullivan Preis für die Produktinnovation 2008 ging an Eagle Burgmann für die Entwicklung der Diamond Faces Gleitringdichtungen. Um die Preisträger in der Kategorie „Technologische Innovation“ auszuwählen, vergleichen und bewerten Analysten der Unternehmensberatung alle Einführungen von neuen und in der Entwicklung befindlichen Produkten auf ihren Innovationsgrad und befragen Anwender nach deren Erfahrungen und Zufriedenheit. Darüber hinaus hat Diamond Faces von den Lesern des amerikanischen Magazins „Flow Control“ auch deren Innovation Award 2008 zugesprochen bekommen.

Dr. Wolfgang Berger, Burgmann Industries
Kontakt:
Burgmann Industries GmbH & Co. KG,
Wolfratshausen
Abteilung Forschung & Entwicklung
Tel.: 08171/231025
wolfgang.berger@de.eagleburgmann.com
www.de.eagleburgmann.com