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Mit strategischem Pricing zu mehr Profitabilität

11.10.2011 -

Mit strategischem Pricing zu mehr Profitabilität. Globale Nachfrageschwäche gekoppelt mit starkem Preisdruck, hohe Volatilität bei Wechselkursen und Rohstoffpreisen, komplexe Produkt- und Kundenportfolios, weitgehend ausgeschöpfte Einsparpotentiale – die chemische Industrie sieht sich derzeit vielfältigen Herausforderungen gegenüber. Umso mehr muss der Fokus gerade jetzt auf ein langfristig profitables Wachstum gerichtet sein. Auf der Absatzseite sollte dabei das marketingpolitische Steuerungsinstrument des Pricings verstärkt in den Blickpunkt rücken.

Wie kein anderer Stellhebel hat der Preis einen erheblichen und unmittelbaren Einfluss auf die betriebliche Ertragssituation: Ausgehend von der durchschnittlichen Umsatzmarge in der Chemieindustrie bringt eine einprozentige Preiserhöhung ein EBIT-Plus von etwa 8 %, während die Senkung der Herstellkosten bzw. der allgemeinen Verwaltungs- und Vertriebskosten um 1 % den Ertrag nur um durchschnittlich 4 bzw. 2 % verbessern können (Abb. 1).

Angesichts dieser Konstellation müsste Pricing-Excellence eigentlich eine Chefsache mit Top-Priorität sein. Doch die Realität – gerade auch in der Chemieindustrie – sieht häufig anders aus. Nur wenige Unternehmen verfolgen ein systematisches Pricing; entsprechend viel Gewinnpotential wird verschenkt. Mögliche Gründe hierfür gibt es einige:

  • Pricing wird nicht als vom Management beeinflussbar wahrgenommen, sondern als eine vom Markt determinierte Größe. Als Konsequenz wird bei der Preisbildung oftmals nur reagiert und nicht agiert.
  • Preisentscheidungen erfordern die Analyse von komplexen, unternehmensinternen und umfeldbezogenen Daten, die von den betrieblichen Informationssystemen nicht immer zur Verfügung gestellt werden können.
  • Die Incentivierungssysteme des Vertriebs berücksichtigen stringente Preisimplementierung und wertorientiertes, kundenspezifisches Preismanagement meist nur unzureichend.

Vor diesem Hintergrund ist die Identifikation von Preisspielräumen und deren konsequente Durchsetzung im Markt eine herausfordernde Aufgabe. Ein systematischer Prozess zur Professionalisierung des Preis- Managements baut auf vier Schritten auf (Abb. 2).

Kundennutzen entscheidend

Zur Vorbereitung des eigentlichen Pricing-Prozesses sind tiefgehende Informationen über die Zielgruppe und die relevanten Wettbewerber zu beschaffen. Zudem gilt es, die Kosten der Leistungserbringung auf der Basis einer Vollkostenbetrachtung zu ermitteln. Für eine wertorientierte Preisbestimmung – wie sie hier zur Diskussion steht – müssen Unternehmens- und Kundenperspektive zusammengeführt werden. Die unternehmensinterne Dimension wird durch eine Kosten-Volumen-Profit-Analyse erfasst. Es wird untersucht, wie sich potentielle Preisänderungen auf den Produktabsatz sowie auf den Deckungsbeitrag des Unternehmens auswirken.

Die Kundenperspektive kann mittels einer Conjoint-Analyse abgebildet werden, die den monetären Wert eines Produktes nach definierten Segmenten ermittelt. Darauf aufbauend können Nachfragekurven erstellt werden, die eine Quantifizierung des Produktnutzens aus Kundensicht im Vergleich zu Wettbewerbsprodukten erlauben. Die Wettbewerbsanalyse schließlich bezieht die Mitanbieter und die Interaktion mit den Hauptwettbewerbern in den Prozess der Preisgestaltung mit ein. Auf der Basis dieser Analysen lassen sich Möglichkeiten einer profitablen Preisbestimmung ableiten, die sich vom klassischen Cost-Plus-Ansatz lösen. Solche kreativen Value-Pricing-Strategien eignen sich gut für differenzierbare Produkte und Leistungen mit echtem Mehrwert für den Kunden.

Vertrieb richtig einbinden

Unternehmensinterne Konflikte im Pricing und der internen Preisumsetzung entstehen häufig durch unterschiedliches Rollenverständnis und mangelnde Festlegung klarer Preiskompetenzen zwischen Marketing und Vertrieb.

Vertriebsmitarbeiter denken in der Regel eher umsatzgetrieben als ertragsorientiert. Für eine erfolgreiche Implementierung der Preisstrategie ist deshalb eine stringente Festlegung von Bonus- und Rabattsystemen, die sich am Wert des Kunden für das Unternehmen orientieren, erforderlich. In diesem Zuge müssen auch die Incentive-Systeme für den Vertrieb auf den Prüfstand gestellt werden, die sich nicht selten ausschließlich am Umsatz und nicht am Ertragsbeitrag spezifischer Kundensegmente bemessen. Um jedoch den Vertrieb für Effekte von Preisnachlässen auf die Rentabilität des Unternehmens zu sensibilisieren und die Hemmschwelle für reine Absatzausweitung durch aggressives Discounting zu erhöhen, sollten die variablen Anreizsysteme auch eine deckungsbeitragsabhängige Komponente enthalten.

Erfolgsfaktor Kundenkommunikation

Wesentliche Voraussetzung für die Implementierung eines kundenwertorientierten Pricing- Ansatzes ist die Kundenkommunikation. Den Kunden müssen Inhalte und Ziele des Pricing-Modells transparent gemacht werden. Wenn der Kunde sich gut informiert fühlt und das Modell als fair, zielgerichtet und kompetitiv empfindet, ist eine wesentlich Grundlage für die Preisdurchsetzung im Markt gelegt. Hierzu benötigt der Vertrieb neben Schulungen und Coaching im wertbasierten Verkauf, fundierte, wertorientierte Argumentationshilfen, um den Kunden vom angemessenen Preis zu überzeugen und sich gegenüber dem Wettbewerb abzugrenzen.

Transparenz schaffen

Neben der Preisfestlegung und -implementierung spielt das Pricing-Controlling zur Professionalisierung des Preis-Managements eine bedeutende Rolle. Denn durch solche Kennzahlensysteme zum Preismonitoring können Transparenz für das gegenwärtige Pricing erreicht und künftige Pricing-Entscheidungen zielgenau getroffen, optimiert und überprüft werden. Dies führt letztlich zu mehr Effektivität und Effizienz in der Preisgestaltung. Auf der Basis klar definierter und kommunizierter Erfolgsindikatoren für eine stringente Preispenetration im Markt können Optimierungsfelder identifiziert und Verbesserungsmaßnahmen abgeleitet werden. Hierzu zählen beispielsweise Handlungsfelder wie die Einführung von klaren Regelungen für die Vergabe von Sonderkonditionen an spezifische Kunden.

Fazit

Das Ertragspotential des strategischen Pricings ist von vielen Unternehmen der chemischen Industrie noch nicht ausgeschöpft. Häufig orientiert sich die Preissetzung – im Sinne einer Passivstrategie – vorrangig an der eigenen Kostenstruktur und den „vorgegebenen“ Wettbewerbspreisen. Gefragt ist aber vielmehr eine Aktivstrategie, die beim Pricing den Kundennutzen eines Produktes in den Mittelpunkt stellt. An diesem Ziel sind die Pricing-Strategie, die interne Preisumsetzung und die externe Preisdurchsetzung sowie das Controlling konsequent auszurichten.

Kontakt:
Dr. Hanno Brandes
Management Engineers International Consultants
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