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MVV investiert in Standort Gersthofen

14.11.2011 -

MVV investiert 30 Mio. € am Standort Gersthofen. Um am Markt erfolgreich zu sein, müssen Industrieunternehmen viele Voraussetzungen erfüllen. Immer wichtiger werden dabei die Rahmenbedingungen, unter denen sie effizient produzieren können. Neben einem geeigneten Standort mit guten Verkehrsanbindungen, einer sowohl ökonomisch als auch ökologisch sinnvollen Energieversorgung und der entsprechenden Infrastruktur ist vor allem ein umfangreiches Dienstleistungsangebot das wichtigste Argument für Unternehmen, sich in einem Industriepark anzusiedeln. CHEManager sprach mit Manfred Schmidt, Leiter des Geschäftsfeldes Industrieparks und Großprojekte innerhalb der MVV Energiedienstleistungen, und Heinz Mergel, Geschäftsführer des Industriepark Gersthofen. Das Gespräch führte Dr. Michael Klinge.

CHEManager: Herr Mergel, vor etwa zweieinhalb Jahren hat MVV den Industriepark Gersthofen übernommen. Welches Fazit können Sie heute ziehen?

Heinz Mergel: Seit MVV den Industriepark Gersthofen (IGS) betreibt, bekommen wir immer wieder positive Rückmeldungen von den hier angesiedelten elf Unternehmen. Insbesondere zu der Tatsache, dass es jetzt keine Verflechtungen und Verpflichtungen zwischen den ehemaligen Hoechst-Gesellschaften mehr gibt. MVV tritt in Gersthofen als unabhängiger Dienstleister auf, der als Schwerpunktkompetenz die Energie hat und alles, was damit zusammenhängt. Und davon profitieren natürlich unsere Standortkunden ganz besonders. Man schätzt hier in Gersthofen den kompetenten Dienstleister, der gleichzeitig ein neutraler Betreiber ist.
MVV investiert vor allem in die Infrastruktur- und Energieversorgungsanlagen von Industrieparks. Das war in Gersthofen nicht immer so: Solange die IGS als Tochtergesellschaft zum Clariant-Konzern gehörte, waren Investitionen in die Infrastruktur des Industrieparks nicht oder nur schwer zu realisieren, denn Service und Infrastruktur gehörten so gar nicht zum Kerngeschäft des Herstellers von Spezialchemikalien. MVV hat dagegen einen ganz anderen Fokus, denn hier gehört der Betrieb eines Industrieparks ganz klar zum Kerngeschäft. Entsprechend positiv war auch die Resonanz auf die Investition von mehr als 30 Mio. € in die Energieversorgung des Standortes über ein EBS-Kraftwerk. Es handelt sich dabei um die größte Einzelinvestition seit vielen Jahren. Sobald das Kraftwerk seinen Betrieb aufnimmt, können wir unseren Kunden langfristig sehr günstige Dampfpreise anbieten.

Sie sind seit dem 1. Januar diesen Jahres Leiter des Industrieparks. Was haben Sie sich vorgenommen? Mit welcher Strategie wollen Sie den Standort Gersthofen entwickeln?

Heinz Mergel: Unsere Strategie ist grundsätzlich auf Langfristigkeit und Nachhaltigkeit angelegt. Das Verhältnis zu unseren Standortkunden ist partnerschaftlich und auf eine Solidargemeinschaft ausgerichtet. Wir verstehen uns als Dienstleister, der auf gleicher Augenhöhe mit seinen Kunden agiert. Nur so werden wir als kompetenter Partner wahrgenommen. Verlässlichkeit, Vertrauen und hohe soziale und fachliche Kompetenz sind der Schlüssel für eine zukunftsorientierte Leitung des Industrieparks in Gersthofen, der eine mehr als hundertjährige Geschichte hat. Das sind unsere Werte und Visionen, die wir heute schon leben und ständig weiterentwickeln.
Zusammengefasst habe ich drei Ziele für den Industriepark, die ich verwirklichen möchte, und darin spiegelt sich auch unsere Strategie für die IGS: Wir wollen das Geschäft mit unseren Standortkunden durch ein attraktives Leistungsangebot und niedrigere Energiekosten stärken. Wir wollen aber auch neues externes Geschäft generieren und die IGS mit ihrer Muttergesellschaft in der Region bekannt machen. Und dann haben wir noch eine „Königsdisziplin“, nämlich die Ansiedlung von weiteren Unternehmen auf den Freiflächen im Industriepark. Wir bieten einen interessanten und außergewöhnlichen Mix an Infrastruktur und Service und sind sicher, dass wir damit punkten können.

Herr Schmidt, was unterscheidet MVV von anderen Industrieparkbetreibern?

Manfred Schmidt: Wir bringen zusätzlich zu unserem Know-how als Industrieparkbetreiber das Wissen um die optimale Energieerzeugung und -verteilung mit. Das zählt seit vielen Jahrzehnten mit Erfolg zum Kerngeschäft der MVV. Außerdem gehört MVV zu den erfolgreichsten Anbietern von Maßnahmen zur Energieoptimierung in ganz Deutschland. Durch unsere Erfahrung sind wir in der Lage, unseren Kunden individuelle Lösungen anzubieten.

Wie profitieren die Standortkunden in einem Industriepark von diesen Erfahrungen?

Manfred Schmidt: Wir versorgen unsere Kunden sicher, rund um die Uhr und in gleich bleibend hoher Qualität mit allen Energiearten, die sie benötigen, zum Beispiel Strom, Dampf und Druckluft, aber auch mit Kälte oder Stickstoff. Darüber hinaus wissen wir besser als kein anderer, wie wir die Energieeffizienz erhöhen und Kosten reduzieren können. Der Vorteil für die Kunden: Wir stärken damit ihre Wettbewerbsfähigkeit und sichern damit indirekt Standorte und Arbeitsplätze. Und die Unternehmen müssen dazu nicht einmal selbst investieren, das machen wir.

Wie könnte eine Maßnahme aussehen, um die Energieeffizienz zu erhöhen?

Manfred Schmidt: Das richtet sich ganz nach den Bedürfnissen der Standortkunden und den bereits vorhandenen Anlagen. In Ludwigshafen zum Beispiel versorgen wir seit neun Jahren die Chemieunternehmen Almatis, BK Giulini und Amsterdam Fertilizer mit Dampf, Strom, Erdgas, Druckluft und verschiedenen Wasserarten. Dort haben wir rund 20 Mio. € in ein neues Gas- und Dampf-Turbinen-Heizkraftwerk und in eine komplett neue Wasseraufbereitungsanlage investiert. 2008 ging unser neues Motorenheizkraftwerk in Betrieb, das uns weitere 7,5 Mio. € wert war. Es dient zur Verbesserung der Anlagenverfügbarkeit in der Spitze.

Und an anderen Standorten?

Manfred Schmidt: Im Industriepark Gersthofen investieren wir 30 Mio. € in den Bau eines modernen Heizkraftwerkes, das Ersatzbrennstoffe in den am Standort benötigten Prozessdampf umwandelt. Die Anlage wird Mitte dieses Jahres in Betrieb gehen und die Brennstoffe Gas und Erdöl ersetzen. Wir schonen damit nicht nur die Umwelt, sondern auch die Budgets unserer Kunden, denn die Kosten für Prozesswärme werden deutlich sinken. Vier große, weltweit tätige Chemieunternehmen profitieren von dieser Energieoptimierung. Eine weitere Anlage, die Ersatzbrennstoffe einsetzt, steht in Korbach in Hessen und versorgt dort ein Werk von Continental mit Strom und vor allem mit Dampf.

Zahlen nicht am Ende die Kunden die Zeche für diese Investitionen?

Manfred Schmidt: Nein, im Gegenteil. Wir investieren, damit unsere Kunden davon profitieren, nie zum Selbstzweck. Die Wärmepreise können wir in Gersthofen dank des neuen Kraftwerks sogar um mindestens 15 % reduzieren. Außerdem machen wir unsere Kunden mit dieser Maßnahme unabhängig von der Entwicklung der Energiepreise am Weltmarkt und bieten ihnen Preisstabilität. Das steigert die Wettbewerbsfähigkeit und sichert Arbeitsplätze. Ein weiterer positiver Effekt ist die damit verbundene Schonung von fossilen Energieträgern. Alleine in Korbach vermeiden wir jedes Jahr den Ausstoß von rund 8.000 Tonnen Kohlenstoffdioxid.

Die Strompreise zeigen seit einigen Jahren nur in eine Richtung: nach oben. Welche weitere Entwicklung des Strompreises erwarten Sie?

Heinz Mergel: In den letzten Jahren sind die Strompreise sprichwörtlich explodiert. Wir hatten es mit Preisen an der EEX zu tun, die mit 90 €/MWh Base weit über den tatsächlichen Gestehungskosten lagen. Ende 2008 ist diese spekulative Blase schließlich geplatzt und die Strompreise sind wieder auf das Niveau von 2006 abgefallen, also ca. 50 €/MWh Base). Vor dem Hintergrund der erforderlichen Neuinvestitionen im Kraftwerksbereich halte ich persönlich einen Preis von 55 bis 60 €/MWh für realistisch und akzeptabel.

Die chemische Industrie ist energieintensiv wie kaum eine andere Branche und insofern besonders von Energiepreisen abhängig. Wie können die Unternehmen eine Planungssicherheit hinsichtlich der Energiepreise erlangen?

Heinz Mergel: Die Optimierung der Energieversorgungseinrichtungen mit dem erforderlichen Investitionsvolumen ist eines unserer Schwerpunktthemen. Als einer der wenigen Energiedienstleister in Deutschland haben wir alternative Brennstoffe in unserem Portfolio. Durch den Betrieb mehrerer EBS- und Biomasse-Heizkraftwerke – auf Holz- und Biogasbasis – verfügen wir über vielfältige Erfahrungen in der Optimierung von industriellen Energieerzeugungsanlagen mit hoher Planungssicherheit bei den Bezugspreisen für Primärenergien.
Die Preise für fossile Energieträger werden in den nächsten Jahren aufgrund der endlichen Ressourcen bzw. einen erhöhten Aufwand für schwer zugängliche Energiequellen weiter steigen. Eine Entkoppelung von diesem Trend ist nur durch den Einsatz alternativer Brennstoffe wie zum Beispiel EBS, Holz und andere nachwachsende Rohstoffe zu erreichen. Ein ganz wichtiger Baustein ist hierbei auch die optimale Nutzung der eingesetzten Energie, wie beispielsweise bei Wärmerückgewinnungsprozessen in der energieintensiven Industrie. Auch eine Auskopplung von Niedertemperaturenergie zu Wärmezwecken in nahe gelegenen Gewerbe- und Wohngebieten ist denkbar. Der Einsatz von hocheffizienten Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen ist in diesen Bereichen ein Muss, denn hier lassen sich Primärenergienutzungsgrade von bis zu 90 % erreichen.

Der VCI rechnet mit Kosten von 900 Mio. € durch die Vollauktionierung der Kohlendioxid-Zertifikate. Wie stark wird der Industriepark Gersthofen betroffen sein?

Heinz Mergel: Aufgrund der zukunftsorientierten Investition in das EBS-Kraftwerk spielt die CO2-Diskussion in Gersthofen nur noch eine untergeordnete Rolle. Ersatzbrennstoffe sind neutrale Brennstoffe, die einen biogenen Stoffanteil von 40–60 % besitzen und damit vom CO2-Handel befreit sind. Vor dem Hintergrund der eben besprochenen Themen sehe ich absolut gute Zukunftsperspektiven für den Industriepark Gersthofen und seine hier ansässigen Unternehmen.

Kontakt:
Manfred Schmidt
MVV Energiedienstleistungen, Mannheim
Geschäftsfeldleiter Industrieparks und Großprojekte
Tel.: 0621/290-3851
Fax: 0621/290-3797
m.schmidt@mvv.de
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