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Chemie-Tarifrunde 2015: Verhandlungen erneut vertagt, IG BCE droht mit Streiks

13.03.2015 -

Im Tarifkonflikt der Chemieindustrie schließt die Gewerkschaft IG BCE nach ergebnislosen Verhandlungen einen Arbeitskampf nicht mehr aus. Gewerkschaft und Arbeitgeber gingen am 12. März nach der zweiten Verhandlungsrunde ohne Annäherung auseinander. Die IG BCE wies ein Angebot der Arbeitgeber als Provokation zurück und rief ihre Mitglieder zu Großdemonstrationen auf. Die Verhandlungen für die rund 550.000 Beschäftigten waren ursprünglich für Donnerstag und Freitag angesetzt und sollen am 26. und 27. März in Stuttgart weitergeführt werden.

Die Arbeitgeber haben nach eigenen Angaben ein Angebot vorgelegt, das nach zwei Leermonaten eine dauerhafte Einkommenserhöhung von 1,6% bei einer Laufzeit von insgesamt 15 Monaten vorsieht. Außerdem wollen die Arbeitgeber für das Jahr 2016 pro Beschäftigten 200 EUR zusätzlich in den betrieblichen Demografiefonds einzahlen. Die IG BCE fordert eine Anhebung der Entgelte um 4,8%. Außerdem will die Gewerkschaft den Tarifvertrag "Demografie und Lebensarbeitszeit" weiter entwickeln und den Demografiefonds ausbauen. "1,6% - das ist komplett neben der Spur. Das Gesamtvolumen passt hinten und vorne nicht", sagte Peter Hausmann, Verhandlungsführer der IG BCE.

In der zurückliegenden Tarifrunde waren Lohnerhöhungen von 3,7% ausgehandelt worden. Die Chemiebranche ist Deutschlands drittgrößter Industriezweig nach der Automobilindustrie und dem Maschinenbau. In der Metall- und Elektroindustrie hatten sich die Tarifparteien Ende Februar für die 3,7 Millionen Beschäftigten auf eine Tariferhöhung von 3,4% und eine Einmalzahlung von 150 EUR verständigt.

BAVC-Verhandlungsführer Hans-Carsten Hansen betonte: „Bei niedrigster Inflation kommt die angebotene Erhöhung als spürbares Reallohnplus in den Taschen der Beschäftigten an. Gleichzeitig sind wir überzeugt, mit einem Tarifabschluss in dieser Höhe allen Chemie-Betrieben ein Zuhause bieten zu können. Bei fehlendem Chemie-Wachstum und stagnierender Produktivität brauchen die Unternehmen die notwendige Luft zum Atmen."

Die IG BCE beharrt indes unverändert auf ihrer Maximalforderung nach 4,8 % mehr Geld und gleichzeitiger Aufstockung des Demografiefonds. Dazu Hansen: „Nach wie vor gibt es trotz eindeutiger Branchendaten keine gemeinsame Schnittmenge für die Beurteilung der wirtschaftlichen Lage. Realität trifft hier auf Hoffnung. Wir müssen also weiter verhandeln, um den großen Graben zuzuschütten." Nun gelte es, einen kühlen Kopf zu bewahren. „Wir werden uns nicht unter Druck setzen lassen, sondern weiter konstruktiv an einem tragfähigen Kompromiss arbeiten. Ein Abschluss auf Kosten der Wettbewerbsfähigkeit würde aber Arbeitsplätze gefährden."

Für die Chemie-Arbeitgeber hat der Tarifvertrag „Lebensarbeitszeit und Demografie" weiterhin eine große strategische Bedeutung. Neben einer Entgelterhöhung sieht das Angebot eine Einmalzahlung in den Demografiefonds in Höhe von 200 EUR für das Jahr 2016 vor. Eines müsse allen Beteiligten aber klar sein: „Der Gesamttopf ist begrenzt. Zusätzliche Forderungen machen ihn nicht größer. Ein Plus beim Entgelt bedeutet ein Minus bei der Demografie und umgekehrt", unterstrich Hansen.

IG BCE-Verhandlungsführer Peter Hausmann schlägt härtere Töne an: „Das Angebot ist eine Provokation. Die Arbeitgeber haben den Kontakt zur Realität verloren. Dieses Angebot ist ein Dokument der Ignoranz und der Arroganz. Die Branche verdient gutes Geld, die Konjunktur läuft robust auf hohem Niveau. Von dieser Entwicklung wollen sie uns abkoppeln."

Hausmann weiter: "Es bleibt dabei: Wir wollen einen angemessenen und fairen Anteil; wir wollen das, was uns zusteht. In Sachen Demografie haben sich die Arbeitgeber leicht bewegt. Das ändert allerdings nichts daran, dass wir von einem Abschluss noch weit entfernt sind. In Stuttgart besteht die letzte Möglichkeit, in freien Verhandlungen doch noch zu einem Ergebnis zu kommen. Kommt es zu keinem Ergebnis, leiten wir das Schlichtungsverfahren ein. Auch ein Arbeitskampf ist dann nicht mehr ausgeschlossen."

In den vergangenen zwei Wochen hat die IG BCE an über 300 Chemiestandorten ihre Forderungen deutlich gemacht. 60.000 Beschäftigte beteiligten sich an den Aktionen. Nach der lokalen Welle erhöht die Gewerkschaft jetzt den Druck. Vor der entscheidenden Verhandlung Ende März zeigt die IG BCE Flagge: In Ludwigshafen, Köln und vier weiteren Städten finden Großdemonstrationen statt. Nähere Informationen folgen.