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Chemieindustrie: M&A-Aktivitäten 2016 auf Rekordniveau

AT Kearney-Studie prognostiziert Neuordnung der weltweiten Chemie-Branche

08.03.2016 -

„In diesem Jahr wird die Konsolidierungswelle in der Chemieindustrie einen historischen Höhepunkt erleben“, sagt Dr. Joachim von Hoyningen-Huene, Partner bei AT Kearney und zuständig für M&A in der Chemieindustrie. Er beruft sich auf die Ergebnisse der fünften Ausgabe des Chemicals Executive M&A Reviews. „Die aktiven Gestalter der Konsolidierung sind Dow, Dupont und ChemChina. Europas Unternehmen geraten unter Zugzwang. Diese fundamentale Neuordnung der Wettbewerbslandschaft birgt aber auch Chancen für die heimische Chemieindustrie, ihrerseits Konsolidierungsmöglichkeiten zu nutzen oder von Marktchancen überproportional zu profitieren.“

Für den fünften Chemicals Executive M&A Review wurden die weltweiten Transaktionen in der Chemieindustrie von 2001 bis Ende 2015 untersucht und Führungskräfte von Chemiekonzernen und Investmentbanken zu ihren Einschätzungen für 2016 befragt.

2015 ist der Wert der M&A-Transaktionen in der Chemieindustrie bereits zum vierten Mal in Folge gestiegen, zuletzt um 30% auf 110 Mrd. USD, wie die Studie zeigt. Ausschlaggebend für den Anstieg sind Mega-Deals wie Mercks Übernahme von Sigma Aldrich – mit 17 Mrd. USD die größte Transaktion seit 2009 – oder ChemChinas Akquisition von Pirelli in Höhe von 9 Mrd. USD. Kommt die angekündigte Fusion von DowChemical und DuPont und ChemChinas-Übernahme von Syngenta, die zusammen einen Wert von 173 Mrd. USD haben, wird sich das Volumen des vergangenen Jahres in 2016 verdoppeln.

Dabei wird der Zusammenschluss von DowChemical und DuPont die Chemieindustrie auf Jahre beschäftigen, schätzt AT Kearney. Aus der Verschmelzung entsteht zunächst das weltweit größte Chemieunternehmen und schließlich sollen drei selbständige Einheiten hervorgehen, die sich auf Agrochemie, Kunststoffe und Spezialchemie konzentrieren. Die Fusion folgt dem weltweiten Trend zur Fokussierung auf das Kerngeschäft.

Entsprechend sieht die Studie fünf Haupttreiber für die starke Deal-Aktivität: zunehmende Optimierung des Geschäftsportfolios, der steigende Druck durch aktivistische Investoren, die begrenzte Renditeerwartung aus organischem Wachstum, sowie die niedrigen Rohstoff- und Ölpreise.

Den größten Zuwachs an M&A-Aktivitäten prognostiziert die Studie in Nordamerika: Vom niedrigen Ölpreis profitieren vor allem die dort ansässigen Spezialchemie-Unternehmen. Die amerikanische Schiefergas-Revolution hat zu einer Schwemme an billigem Rohstoff geführt, so dass US-amerikanische Chemieunternehmen erhebliche Wettbewerbsvorteile gegenüber westeuropäischen Firmen haben.

Auch im Schwellenland China wird die Anzahl an Fusionen und Akquisitionen voraussichtlich deutlich wachsen: „Chinas Einfluss auf dem weltweiten M&A-Markt wird 2016 weiter zunehmen“, kommentiert von Hoyningen-Huene die Rolle Chinas bei der weltweiten Konsolidierung: „Erst Pirelli, dann KraussMaffei und nun Syngenta – diese Transaktionsserie von ChemChina verdeutlicht, mit welcher Entschiedenheit chinesische Unternehmen ihre strategischen Ziele verfolgen.“ Und sie werde weiter fortgesetzt. Die Marktteilnehmer aus Schwellenländern seien auf der Suche nach kritischem Know-how und Wachstumsmöglichkeiten außerhalb ihrer Heimatmärkte. “Unterbewertete Ziele in reifen Märkten wie in Europa sind attraktive Übernahmeziele“, fügt er hinzu.

Für die heimische Chemie-Industrie eröffnen die Mega-Deals auch Chancen. Wettbewerbsbehörden werden darauf bestehen, dass Unternehmensteile mit Milliarden-Umsätzen veräußert werden, um Marktdominanz in allen Märkten zu vermeiden. „Diese Unternehmensteile können dann weniger spektakulär, aber durchaus profitabel das Kerngeschäft europäischer Unternehmen verstärken“, gibt von Hoyningen-Huene zu bedenken. „Ferner absorbiert die Integration von Mega-Deals viel Aufmerksamkeit. Wer sich ausschließlich weiterhin auf seine Kunden konzentriert, kann auf dem hart umkämpften Markt Anteile von Wettbewerbern gewinnen, die mit Integrationen beschäftigt sind.“