Anlagenbau & Prozesstechnik

Feldgeräteintegration – FDI vereint Vorteile von EDDL und FDT in einer Lösung

Mischung macht’s - Migrationstrategie für vorhandene DTMs und EDDs schützt getätigte Investionen

25.11.2010 -

Auf dem Feld der offenen standardisierten Feldgerätebedienung buhlen seit einigen Jahren EDDL und FDT als Konkurrenten um die Gunst von Leitsystemherstellern, Geräteherstellern und Anwendern. Während FDT programmierte Komponenten zur Gerätebedienung, sog. DTMs nutzt, definiert EDDL eine Sprache, mit der sich die Gerätebedienaspekte von Feldgeräten beschreiben lassen. Beide Technologien besitzen unterschiedliche Schwerpunkte, weisen aber auch ein hohes Maß an Überlappung auf. Und genau diese Überlappung führt zur derzeitigen Situation, in der die Technologien am Markt konkurrieren statt sich zu ergänzen, sich Systemlieferanten politisch zu ihrem „Hausstandard" positionieren, Gerätehersteller doppelten Aufwand für EDDL und FDT treiben müssen und die Endkunden, vor die Wahl „EDDL oder FDT" gestellt, zurecht verunsichert sind.

Das Idealbild sieht für die Betroffenen sicher anders aus: Leitsystemhersteller streben vor allem eine hohe Robustheit des Systems an und wollen gleichzeitig ein hohes Maß an Technologie- und Plattformunabhängigkeit erreichen. Gerätehersteller wollen nur eine und nicht zwei Technologien unterstützen, um den Aufwand zu begrenzen. Sie wollen aber dennoch die optimalen Bedienmöglichkeiten für ihre Geräte realisieren. Der Endkunde will Fehlinvestitionen vermeiden und deshalb überhaupt nur eine einzige zukunftssichere Lösung, die alle Vorteile der konkurrierenden Technologien bieten kann.

Um dieses Problem zu lösen, haben die Autoren vom Lehrstuhl für Informationstechnik im Maschinenwesen (itm, Lehrstuhl Prof. Bender) der TU München mit der Formel „FDT + EDD + OPC UA = FDD UA" ein Konzept entwickelt, das die Vorteile von FDT und EDDL in einer einzigen durchgängigen Lösung zusammenführt. Technologische Basis dieses Konzeptes ist die neue OPC Unified Architecture (UA), die im Juli 2006 von der OPC Foundation freigeben wurde. Die vorgeschlagene Lösung wurde in einem White Paper ausgearbeitet und sowohl dem EDDL Cooperation Team (ECT) als auch der FDT Group übergeben. Nach vertiefenden Gesprächen wurde schließlich auf der Hannover Messe 2007 in einer gemeinsamen Pressekonferenz von ECT und FDT Group der Beitritt der FDT Group zum EDDL Cooperation Team bekanntgegeben. Ziel der Zusammenarbeit ist die Definition einer gemeinsamen Technologie zur Geräteintegration, der „Field Device Integration" (FDI). Das FDD UA Konzept der Autoren bildet neben den EDDL und FDT Spezifikationen einen wichtigen Ausgangspunkt für FDI.

Vorteile vereinen

Basis des hier vorgestellten FDI-Konzeptes ist ein Gerätebedienmodell, dass aus den beiden Teilen Device Information Model (DIM) und Device Operation Model (DOM) besteht:
Das DIM enthält die Daten und Funktionen des Feldgerätes sowie deren Abhängigkeiten. Es ermöglicht den Lese- bzw. Schreibzugriff auf das Gerät und stellt die Konsistenz der Daten sicher. Für die Beschreibung der Gerätedaten und deren Abhängigkeiten im DIM ist die EDDL als ideale Basis anerkannt, da diese Sprache alle notwendigen Elemente zur Beschreibung des DIM enthält. Dadurch bieten die erreichte Plattformunabhängigkeit und interpreterbasierte Ausführung ein hohes Maß an Technologieunabhängigkeit und Robustheit - beides wichtige Anforderungen für eine Server-Technologie.

Das DOM hingegen beinhaltet die rollenspezifische Gerätebedienung über eine grafische Benutzeroberfläche (GUI). Darüber hinaus sind Funktionen zur Vorverarbeitung der Gerätedaten mit dem Ziel der einfachen und ergonomischen Bedienung wichtiger Bestandteil des DOM. Da verschiedene Anwendungsfälle und Rollen unterschiedliche Anforderungen an die Bedienung stellen, können mehrere DOMs für ein Gerät existieren. Allen DOMs ist gemeinsam, dass sie ein einziges DIM nutzen, um auf alle Gerätedaten zu zugreifen. Für einfache GUIs bietet sich die Verwendung der Sprachelemente der EDDL an. Weiterreichende Funktionalität und GUIs werden gemäß dem FDT-Konzept vom Gerätehersteller mittels universeller Sprachen programmiert. Die Nutzung von Java, die sich in Prototypen bestens bewährt hat, führt auch im DOM zu völliger Plattform- und Betriebssystem-Unabhängigkeit.

Diese erstmals so klare Trennung zwischen DIM und DOM ist ein wesentliches Kennzeichen des neuen Konzeptes und ermöglicht eine sauber strukturierte Client-Server-Architektur auf der Basis von OPC UA. Der OPC UA-Server nutzt das DIM, um die Daten der Feldgeräte in seinem Adressraum darzustellen. Dazu kommuniziert er mit den Feldgeräten - mittels „Nested Communication" auch über Netzübergänge hinweg. Auf der OPC UA-Clientseite stellt das Device Engineering Framework ähnlich dem FDT-Frame ein geräteneutrales Engineering-System für die Geräte-DOMs dar und ermöglicht die offene Gerätebedienung für den Anwender (Abb. 1).

Investitionsschutz und Migration

Investitionsschutz und Migration bilden mit die wichtigsten Aufgaben hinsichtlich der Akzeptanz neuer Konzepte und Lösungen. So muss unabdingbar sichergestellt sein, dass sich die existierenden Technologien EDDL und FDT nahtlos in die gemeinsame zukünftige Lösung integrieren lassen. Dafür sieht das Konzept spezifische Strategien vor, die es erlauben, heute bestehende EDDs und DTMs ohne Veränderung weiter zu nutzen. Für EDDs übernimmt ein Client-seitiger GUI-Generator das Anzeigen der Benutzerschnittstelle auf Basis der EDDL-Sprachelemente. DTMs werden auf der Client Seite in einem FDT-Wrapper ausgeführt, der den DTMs ihre „gewohnte" Umgebung bietet.

Vielfältige Vorteile

Neben der einmaligen Chance, die beiden sich parallel weiterentwickelnden Technologien EDDL und FDT auf Basis OPC UA zu vereinen, bietet die FDI-Lösung eine Vielzahl weiterer handfester Vorteile. Da der Server alle Gerätedaten für die Client-Applikationen zur Verfügung stellt, ermöglicht er auch die offene Anbindung von weiteren Clients, wie zum Beispiel Asset Management-, MES- und ERP-Applikationen (Abb. 2). Der Server ist also Grundvoraussetzung für die effiziente vertikale Integration von Feldgerätdaten und -funktionen. Der direkte Zugriff auf die Feldgeräte über das DIM oder die Nutzung ergonomischer GUIs über die DOMs bieten die notwendige Skalierbarkeit für den Einsatz in verschiedensten Szenarien von mobilen Bedienclients (z.B. PDA's) bis hin zu ERP-Applikationen (z.B. SAP).

Plattformunabhängigkeit und Robustheit durch Interpreter basierte Ausführung (EDDL und Java) ermöglichen langfristige Technologieunabhängigkeit, ein ganz wichtiges Argument in der Investitionsgüter-Industrie. Die robuste gekapselte Ausführung der DIMs in einem Interpreter stellt sicher, dass der Server als zentrale Komponente des Konzeptes die notwendige Verfügbarkeit besitzt. Das zentrale Management der Bestandteile DIM und DOM im Server vereinfacht Installation und Versionsmanagement signifikant. Dies gilt vor allem auch für die Client-Seite, da hier durch das automatische Laden der DOMs vom Server keine aufwändigen Installationen notwendig sind, was vor allem in Multiclient-Umgebungen (z.B. Operator-, Maintenance-, Diagnosis-Station) von großem Vorteil ist. Somit verhindert das Konzept das heute zum Teil bestehende Versions-Chaos.

Der vielleicht größte Vorteil aber liegt darin, dass das Konzept eine klare Architektur mit eindeutig definierten Aufgaben vorgibt, und damit der zunehmenden Komplexität bei der Geräteintegration Grenzen setzt (Abb. 2).

Fazit

Zur Gerätebedienung haben sich historisch gewachsen zwei Technologien mit einem hohen Maß an Überlappung, aber unterschiedlichen Philosophien etabliert. Obwohl EDDL als auch FDT ihre spezifischen Vorteile besitzen, ist diese Situation für Leitsystemhersteller, Gerätehersteller und vor allem Endanwender äußerst unbefriedigend. Das hier beschriebene integrierende Konzept setzt an genau dieser Stelle an und vereint die Vorteile von EDDL und FDT in einer durchgängigen, klar strukturierten Architektur. Investitionsschutz ist gewährleistet, da alle bereits vorhandenen DTMs und EDDs durch die ebenfalls im Konzept vorgeschlagene Migrationsstrategie unverändert weitergenutzt werden können. Das immense Potential der neuen OPC Unified Architecture schafft weitere integrierbare Anwendungsszenarien wie z. B. Asset Management oder MES und führt zu einer robusten und plattformunabhängigen Gesamtlösung.
Die Autoren sind überzeugt, mit diesem Konzept eine tragfähige Basis für eine gemeinsame Zukunft von FDT und EDDL gefunden zu haben. Die große Aufmerksamkeit, die die Vorstellung des Konzeptes auf der Hauptsitzung der Namur hervorrief, unterstreicht die Aktualität und die Wichtigkeit dieses Themas. Dies wurde auch von Seiten der Namur bestätigt, die eine Vereinheitlichung bei der Gerätebedienung sehr begrüßen würde.