Anlagenbau & Prozesstechnik

Reinraumbeleuchtung

27.06.2011 -

Die Idee vom „Reinraum" wird der Medizin zugeschrieben. Heute gibt es mehr Reinräume in der Industrie für die Fertigung unter diesen „reinen" Bedingungen als im Gesundheitswesen. Auch aufgrund höherer Qualitätsanforderungen werden immer mehr Bauteile in Reinräumen produziert oder zusammengesetzt.

Die lichttechnischen Gütemerkmale beziehen sich auf die Tätigkeiten und die Komplexität der Sehaufgabe. Sie gelten deshalb ebenso für die Arbeit in Reinräumen, auch für spezielle Anwendungen wie z. B, die Beleuchtung von Bildschirmarbeitsplätzen. Die Bauart „Reinraumleuchte" beschreibt ausschließlich ihre Tauglichkeit für diese besonders saubere Umgebung.
Das oberste Gebot im Reinraum ist der Schutz der Produkte vor Verunreinigung. Die Vorgaben sind ausführlich in den einschlägigen DIN EN ISO-Normen und in Richtlinien (Guidelines) zur Qualitätssicherung wie GMP (Good Manufacturing Practice) und HACCP (Hazard Analysis And Critical Control Points) dokumentiert. Diese Normen haben wesentlichen Einfluss auf die Konstruktion der Betriebsmittel im Reinraum, also auch auf die Leuchten.
Die Reinraum-Industrie umfasst die

  • Chemische Industrie mit Arzneimittelherstellung, Präzisionsmessräumen, Laboratorien, Räumen für Kontrollarbeiten und Nachbearbeitung,
  • Halbleiterindustrie
  • Biotechindustrie
  • Elektroindustrie mit Räumen für feine bis sehr feine Montagearbeiten, mit Räumen für Prüf- und Justierarbeiten in Elektrowerkstätten,
  • Mikroelektronikindustrie
  • Metall verarbeitende Industrie mit Räumen für sehr feine Montagearbeiten sowie für Präzisions- und Mikromechanik.

Auch in der Nahrungsmittelindustrie gibt es zahlreiche Reinräume: zum Sortieren und Waschen, Mischen und Abpacken von Produkten, für Feinkost sowie in Untersuchungslabors. Auch Großküchen können als Reinraum ausgeführt sein. Außerdem können Räume mit erhöhten Anforderungen wie Wäscherei und Chemische Reinigung mit Reinraumtechnik ausgestattet werden.

Strömungskonzepte
Für Reinräume gibt es zwei unterschiedliche Strömungskonzepte: Laminairflow und Mixed Airflow. Aufgrund der konstruktiven Bedingungen des Reinraums selbst werden hier nur sehr schlanke Einzellichtleisten eingesetzt. Sie haben den zusätzlichen Vorteil, dass sie die gerichtete Strömung kaum beeinflussen.

Laminairflow: Die Luftströmung verläuft turbulenzarm von oben nach unten (siehe Abb. 1), ähnlich wie im Kamin. Die meisten dieser Art von Reinräumen gibt es in der Mikro- und Halbleiter-Industrie. Hier reicht IP 40 als Schutzart der Leuchten meist aus.

Mixed Airflow: Die Luft verteilt sich als Mischströmung (siehe Abb. 2). Rund zwei Drittel aller Reinräume funktionieren nach diesem Prinzip, da diese Ausrüstung wesentlich günstiger ist. Hier ist für die Leuchten je nach Anwendung eine Schutzart von mindestens IP 54 bis IP 65 vorgeschrieben. Eingesetzt werden fast ausschließlich Einbauleuchten. Sie werden häufig mit einer Zugriffsmöglichkeit von oben ausgeführt für eine schnelle und einfache Wartung ohne Produktionsstopp. In Ausnahmefällen - meist aufgrund des Platzbedarfs anderer Medien - werden Anbauleuchten verwendet.

Anforderungen an Reinraumleuchten
Normen und Richtlinien bestimmen das Partikelemissionsverhalten der Betriebsmittel im Reinraum als Kriterium zur Klassifizierung. Entsprechend wichtig sind auch für Leuchten die Materialauswahl und die Optimierung der konstruktiven Eigenschaften. Die Reduzierung der luftgetragenen partikulären Emission ist eine zentrale Anforderung; hinzu kommt die Vorgabe der GMP-Richtlinie: die Vermeidung mikrobieller Kontaminationen des Endprodukts.
Für GMP-konforme Produktionsumgebungen steht die Auswahl geeigneter Werkstoffe im Vordergrund. Zusammen mit den eingesetzten Oberflächenbeschichtungsverfahren beeinflussen sie das Reinigungs- und Desinfektionsergebnis, das elektrostatische Verhalten und die chemische Beständigkeit der Oberflächen. Wie gut die Leuchten gereinigt und desinfiziert werden können, hängt entscheidend von der Oberflächenstruktur ab. Verhindern zu hohe Rautiefen eine effektive Reinigung, lassen sich mikrobiologische Risiken nicht auf ein akzeptables Maß reduzieren.
Elektrostatische Effekte, die beispielsweise durch eine Wischreinigung angeregt werden, können zu Schmutzansammlungen auf den Oberflächen führen. Wenn sich diese induzieren oder spontan ablösen, sind Kontaminationen des Endprodukts in hoher und kritischer Konzentration die Folge. Deshalb müssen die Oberflächen der Leuchten insoweit unempfindlich gegen aggressive Reinigung- und Desinfektionsmittel sein, damit die Oberflächen nach dem Putzen nicht rau werden.
Auch die geometrische Gestaltung der Leuchten ist wichtig: Hinterschneidungen, Spalten, Fugen und so genannte Totwassergebiete bergen die Gefahr, dass beim Betrieb generierte Partikel nicht von der Erstluft des Reinraumes abgeführt werden können wie z. B. bei Leuchten ohne sichtbare Verschlüsse an der Oberfläche. An diesen Stellen können sich Partikel oder Keime ansammeln, ohne dass sie von einer Reinigung erfasst werden. Dort versteckte Mikroorganismen, die eine geringe Konzentration von Desinfektionsmitteln aufgenommen haben, könnten Resistenzen gegen Desinfektionsmittel entwickeln und sich als resistente Keime vermehren.