Anlagenbau & Prozesstechnik

Dekontamination und Sterilisation von Reinraumbekleidung

19.04.2012 -

ReinRaumTechnik - Reinraumbekleidung schützt das Produkt vor der größten Kontaminationsquelle im Reinraum: dem Menschen. Das Textil dient dabei als Barriere und Filter. Am Ende des Tragezyklus ist die Filterfunktion des Gewebes erschöpft: Kleinste Haare, Hautschuppen, Hautfett und Keime haben sich auf und in der Bekleidung abgelagert.

Nur mit Hilfe spezieller Aufbereitungsverfahren ist es möglich, die Filterfunktion des Gewebes wieder herzustellen. Nachdem nicht alle Produktionsprozesse gleichartig gestaltet sind, ist im Rahmen der Aufbereitung Art und der Grad der Kontamination zu berücksichtigen.

Kontaminationen
Generell kann man Verunreinigungen oder Verschmutzungen, also Kontaminationen, in drei Gruppen einteilen: partikuläre/filmartige Kontaminationen, mikrobielle Kontamination oder kombinierte Kontaminationen. Deren physikalische, chemische oder biologische Eigenschaften können dabei das Produkt bzw. dessen Wirkungsweise verändern. Maßgeblich in diesem Zusammenhang ist immer die Größe oder die Menge der Verunreinigung. Vom Menschen ausgehend sind sicherlich die kombinierten Kontaminationen die größte Gefahrenquelle. Durch die natürliche Hauterneuerung gibt der Mensch rund 4 kg Hautschuppen pro Jahr ab und verliert zwischen 80 und 120 Haare pro Tag. Die Hautschuppen und Haare sind dabei teilweise mit Bakterien besiedelt. Die vom Menschen ausgehenden Verunreinigungen beschränken sich jedoch nicht nur auf eigenes biologisches Material, sondern schließen auch vom Menschen transportierte Kontaminationen wie bspw. Pollen, Tierhaare und Straßenstaub ein.

Dekontamination und Sterilisation
Die Reinraumbekleidung kann aufgrund ihrer Konstruktion lediglich ein beschränktes Maß an Kontaminationen aufnehmen resp. zurückhalten. Folglich ist die Filterfunktion des Gewebes gestört und das Textil muss gereinigt und entstaubt also dekontaminiert werden. Dieser Prozess bedarf den Einsatz spezieller, hochreiner Medien und einer adäquaten Infrastruktur. Somit kann die Durchführung der Aufbereitung - um Verunreinigungen zu vermeiden - ausschließlich in einem qualifizierten Reinraum erfolgen. Zu beachten ist dabei, dass dieser Reinraum über eine mindestens gleichwertige Luftqualität verfügt, wie der in dem die aufbereiteten Textilien zum Einsatz kommen sollen.
Das Aufbereitungsverfahren muss so gestaltet sein, dass es zum einen die im Gewebe vorhandenen Verunreinigungen herauslöst und zum anderen keine neuen Verunreinigungen hinterlässt. Eine vollständige Entfernung von Partikeln ist aus systemtechnischen Gründen allerdings nicht möglich. Folglich verbleibt im Textil eine möglichst geringe sog. Restkontamination. Um beurteilen zu können, ob ein Aufbereitungsprozess den Reinheitsanforderungen der eigenen Produktion entspricht, gilt es den gesamten Ablauf zu betrachten: Wareneingang, Aufbereitung und Dekontamination, Qualitätskontrolle, Legen und Verpacken sowie Dokumentation.
Im ersten Schritt, der Warenannahme, ist die Bekleidung möglichst auf besondere Verschmutzungen und Beschädigungen zu prüfen. Eine notwendige Detachur oder Reparatur sollte im Vorfeld durchgeführt werden. Um die anschließende Prozesszuordnung sicher und zuverlässig zu gestalten, bietet sich eine elektronische Bestandsführung an. Hier können alle Details zum jeweiligen Bekleidungsstück hinterlegt werden, wie bspw. Aufbereitungsart, Anzahl der durchgeführten Zyklen und Reparaturen.
Zur Reinigung und Dekontamination werden sog. Durchladewaschmaschinen auf der unreinen Seite beladen. Der Waschprozess setzt sich dabei aus einem Vorwaschgang zum Entfernen grober Verschmutzungen, dem Hauptwaschgang für die Feinreinigung und Desinfektion und mehreren Spülgängen zusammen. Das Kernstück der Dekontamination sind die Spülvorgänge. Dabei werden Partikel sowohl von der Gewebeoberfläche als auch aus den Poren herausgelöst. Durch die Spülgänge soll zudem verhindert werden, dass einmal herausgelöste Partikel sich nicht wieder auf dem Gewebe ablagern. Anschließend erfolgt eine schonende Trocknung unter Verwendung HEPA/ULPA-gefilterter Luft bspw. in einem Tumble-Trockner. Hierbei werden letzte Partikel aus dem Gewebe herausgelöst um ein optimales Dekontaminationsergebnis zu erzielen.
Um den Erfolg der Entstaubung zu kontrollieren, hat sich eine Qualitätskontrolle im Sinne einer Restpartikelmessung etabliert. Dabei wird mindestens ein Bekleidungsteil aus einer Charge mit Hilfe einer Messvorrichtung und einem Partikelmessgerät auf die noch im Gewebe verbliebenen Partikel geprüft. Dafür haben sich die Verfahren der Durchsaugmethode (modifizierter ASTM F-51 00 Test) oder der rotierenden Trommel (Helmke-drum Test) bewährt. Die ermittelte Restkontamination gibt Aufschluss darüber, welcher Reinheitsgrad erzielt wurde. Begleitend hierzu sind, entsprechend den Anforderungen aus der pharmazeutischen Industrie, mikrobiologische Kontrollen als wichtige Maßnahme zur Qualitätskontrolle sinnvoll.
Sofern die Dekontamination erfolgreich war, werden die Bekleidungsteile den Kundenanforderungen entsprechend im Reinraum gelegt und verpackt. Die Verpackungsmaterialen sollten möglichst reinraumtauglich sein (geprüft oder zertifiziert), um eine erneute Kontamination zu vermeiden.
Nach dem Ausschleusen aus dem Reinraum erfolgt die Kommissionierung und die Dokumentation. Diese besteht in der Regel aus dem Lieferschein, dem Nachweis der Dekontamination und eventuell aus einem Sterilisationsprotokoll.
Für den Fall, dass Bekleidung sterilisiert wird, bieten sich grundsätzlich die Verfahren der Bestrahlung und das Autoklavieren an. Voraussetzung für jeden Sterilisationsprozess ist eine optimale Dekontamination und Desinfektion der Bekleidung, damit die Ausgangskeimzahl gering ist und somit ein hoher SAL-Wert erreicht wird. Die Bestrahlung von Textilien erfolgt oft mittels Gamma-Strahlen, da diese ein tieferes Wirkungsspektrum besitzen. Hierbei ist zu beachten, dass die Sterilisation auch nachgewiesen wird, d.h. nicht nur ein Bestrahlungsnachweis sondern ein Sterilisationszertifikat erbracht wird (validierter Prozess). Das Autoklavieren erfolgt in der Praxis bei entweder 121°C und 20 Minuten oder 134°C und 5 Minuten Einwirkzeit. Hierbei ist ebenfalls ein validierter Prozess inklusive Sterilisationsprotokoll erforderlich, um eine einwandfreie Keimreduzierung zu erzielen.

Tragedauer und Kontamination
Die Bekleidung ist fortlaufend Kontaminationen ausgesetzt: Vom Menschen selbst und auch geprägt durch die Art der Tätigkeit, der Umgebungsluft (Reinheitsklasse) und dem Produktionsprozess selbst. Bekannt ist, dass der Grad der Kontamination wesentlich von der Tragedauer der Bekleidung abhängt. Das heißt, je länger das Bekleidungsstück Kontaminationen ausgesetzt ist, desto größer ist die Verunreinigung im Gewebe. Auch die Art der Unterbekleidung hat einen nicht unerheblichen Einfluss auf den Kontaminationsgrad der Oberbekleidung. Beispielsweise sind Baumwollbasierte Bekleidungsteile extrem nachteilig, da sich fortlaufend Fasern lösen und sich auch in den Poren der Bekleidung festsetzen. Messungen und Untersuchungen haben gezeigt, dass sich der Grad der Kontamination in der Bekleidung mindestens um den Faktor 3 (auch bis zum 100fachen!) erhöht, wenn Reinraumbekleidung über mehrere Tage hinweg getragen und/oder keine adäquate Unterbekleidung getragen wird. In diesem Zusammenhang wird klar, dass eine genaue Kenntnis der Produktionsbedingungen und des Bekleidungskonzeptes erforderlich sind, um eine optimale Dekontamination zu gewährleisten.  

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