Logistik & Supply Chain

Themenrunde Value Added Services für Chemie und Pharma im Umfeld der Seehäfen

31.07.2012 - Welche Anforderungen stellen Chemie- und Pharmabranche an die deutschen Seehäfen? Diese Frage diskutierte eine Expertenrunde in Hamburg beim 4. See-Hafen-Kongress, der von Umco Umwelt Consult und der Hamburg Hafen Marketing initiiert worden war.

Weitere Themen befassten sich mit der Zukunft der Küstenregion sowie einer effizienten Hinterlandanbindung. Etwa 100 Teilnehmer aus Hafenwirtschaft, Logistik-, Pharma- und Chemiebranche folgten den Diskussionsrunden mit Spannung.

Den Anforderungen der Chemie- und Pharmabranche an die Häfen war die Themenrunde „Value Added Services der Chemie- und Pharmabranche im Umfeld der Seehäfen" gewidmet. Allein Hamburg hatte 2011 einen Seegüter-Umschlag von insg. ca. 132 Mio. t, hiervon war ein knappes Viertel chemische Güter, d. h. Gefahrgüter und sonstige chemische Grundstoffe.


Hierzu Ulf Ch. Inzelmann, Sprecher der Geschäftsführung Umco: „Zweifellos ist Hamburg der größte Handelsplatz Deutschlands. Das schließt als Handelsware auch chemische Produkte ein, allerdings tritt dies nach außen nicht in Erscheinung. Große Bulkmengen an Chemikalien gehen über die Rheinschiene direkt zu den großen Chemieunternehmen, das hat jeder vor Augen." Laut Inzelmann ist der norddeutsche Chemiemarkt eher mittelständisch geprägt und kundenorientiert, die Logistikindustrie in Hamburg gut aufgestellt - gerade was die Anbindung des schnell wachsenden Marktes in Nordosteuropa und Russland angeht. Inzelmann: „Hamburg wäre eigentlich prädestiniert, hier für die Chemieindustrie tätig zu werden. Doch es geschieht nur wenig. Dies war der Ansatzpunkt, in einer Diskussionsrunde die Thematik der ­,Value Added Services für die Chemie- und Pharmaindustrie‘ zu beleuchten." Der Diskussionsrunde unter Leitung von Dr. Sonja Andres, CHEManager, gehörten an Thomas Drobisch, Leiter Logistik & Kundenservice, Krahn Chemie, Derk Ch. Proff, Geschäftsführer Hachemie, Karl Metzger, Managing Partner Gmplan in Pinneberg, und Jens Wrede, Leiter Chemcoast Park Brunsbüttel.

„Küstenstandorte sind prädestiniert für die chemische Industrie. Standortvorteile ergeben sich insbesondere bei der Rohstoffversorgung, der Logistik und bei der Bereitstellung von Betriebs- und Kühlwasser. Schiffstransporte sind im Binnenland nicht in vergleichbarem Ausmaß zu realisieren. Und die Globalisierung erfordert optimale internationale Anbindungen. Wir spüren in der Branche, dass diese Faktoren an Bedeutung zunehmen und den ansässigen Betrieben zum Vorteil verhelfen", äußerte sich Jens Wrede zur Situation der chemischen Industrie im Küstenbereich: Thomas Drobisch auf die Frage, ob die chemische Industrie in der Küstenregion überhaupt ein nennenswerter Wirtschaftszweig sei: „Die chemische Industrie spielt in der deutschen Küstenregion im Gegensatz zur belgischen und niederländischen Küstenregion eher eine untergeordnete Rolle. Für den Chemiehandel gilt das in Bezug auf den Standort Hamburg mit Sicherheit nicht. In Hamburg sind fast alle namhaften Chemiehändler zu finden. Chemieproduktion findet traditionsgemäß sehr konzentriert am Rhein und in dessen Mündungsregion statt. Für den Handel und die Supply Chain in der Chemie ist Hamburg aufgrund seiner Lage und der guten Hinterlandanbindung an Skandinavien und die osteuropäischen Staaten ein guter Standort für ,Mehrwertleistungen‘."

Zur Situation der pharmazeutischen Industrie im Bereich der Küsten äußerte sich Karl Metzger: „Die pharmazeutische Industrie im ,klassischen‘ Sinne ist im Bereich der Küste nur vereinzelt vertreten. Aufgrund der Nähe zu den Seehäfen haben sich in diesem Bereich jedoch zahlreiche - weit über hundert - Händler, die z. B. Pharmarohstoffe importieren, angesiedelt. Durch die Veränderung des ,Pharma-Marktes‘ in den letzten Jahrzehnten, hat sich das Portfolio dieser Händler zum Teil stark verändert; v. a. die größeren engagieren sich inzwischen sehr stark in der Entwicklung und Zulassung von generischen Arzneimitteln."
Was „Value Added Services" für Pharmaunternehmen im Hafen Hamburg betrifft, sieht Metzger in Bezug auf den Import von Arzneimitteln und deren Wirkstoffen die Schwierigkeiten zunächst in der komplexen rechtlichen Situation in Deutschland, verglichen mit den meisten europäischen Mitbewerbern. „Auf der einen Seite hat man den Eindruck, dass sich die Kommunikation zwischen Behörden und Händlern sowie der Behörden untereinander verbessert hat, auf der anderen Seite haben sich aber durch veränderte Zuständigkeiten (z. B. bei den Zollämtern) neue Her­ausforderungen ergeben, deren Beseitigung wünschenswert ist."

Auch für Chemiegüter kritisierte Derk Ch. Proff, Geschäftsführer der Hachemie, die zeitaufwendigen Genehmigungsverfahren in Hamburg: „Wir wünschen uns von den Hamburger Behörden eine höhere Priorität bei genehmigungsrechtlicher Unterstützung und ein offenes Ohr für Investoren."
Wie könnte der Hamburger Hafen auch für die Chemiebranche zu einem wirklichen Tor nach Skandinavien und in die MOE-Staaten werden? Hierzu nochmals Drobisch: „Hamburg hat zwar eine Randlage bezüglich der Chemieproduktion, nicht jedoch bezüglich der geostrategischen Lage. Hochwertige Dienstleistungen können und werden auf absehbare Zeit nicht in den MOE-Staaten angeboten werden. Hamburg hätte die Chance, wertschöpfende Dienstleistungen anzubieten. Warum sollen Container in Hamburg nur von einem Verkehrsmittel auf ein anderes verbracht werden. Wichtig wäre die Bereitschaft Hamburgs, geeignete Flächen zur Verfügung zu stellen. Die Flächen sind aber nur dann erforderlich, wenn sich andererseits auch Dienstleister finden, die in entsprechende Anlagen investieren."

Aus dem Auditorium heraus schlug Klaus Wessing von Helm eine Bündelung der Interessen und Wünsche des produzierenden Chemiegewerbes für die Chemielogistiker vor: „Wir sollten uns mit den Hamburger Logistikdienstleistern zusammensetzen und gemeinsam ein Chemie-Cluster schaffen."
Hier ist zwischenzeitlich tatsächlich eine erste „Chemierunde" gelaufen. Man stellte fest, dass sich die in der Chemie tätigen Unternehmen kaum kennen und nur sehr wenig bis nichts voneinander wissen. Dabei gibt es in Hamburg zahlreiche Chemieunternehmen im Bereich Handel, Spezialitäten und Pharmazeutika. Noch einmal Inzelmann: „Was tatsächlich in Hamburg geboten wird, weiß offensichtlich keiner. Es ist umso erstaunlicher, welche (großen) Player schon vor Ort sind, z. B. bei den Logistik-Dienstleistern. Die großen Handelshäuser haben in dieser ersten Runde angeregt, ob nicht tatsächlich logistische Leistungen wie Umfüllen, Abfüllen, Verpacken, etc. im Hafen Hamburg angeboten werden könnten." Vonseiten der Betroffenen hat sich verdeutlicht: Man möchte Value Added Services angeboten bekommen. Der See-Hafen-Kongress hat hierzu tatsächlich einen ersten Anstoß geliefert. Inzelmann abschließend: „Die Interessenlage ist noch detaillierter zu klären: Wo gibt es im Hamburger Hafen Nachfrage? Wo gibt es Anbieter? Wir müssen sehen, was sich durch Umco und andere hier noch weiter anstoßen lässt."

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