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CHEMonitor 2/2014 - Freihandelsabkommen TTIP stärkt Wettbewerbsfähigkeit der Chemie

Für deutsche Chemiemanager überwiegen die Vorteile des Freihandelsabkommens

11.11.2014 -

Die geringere Dynamik in den Schwellenländern und eine verzögerte Erholung der europäischen Wirtschaft bremsen das Wachstum der deutschen Chemie. Dennoch bleibt die Branche verhalten optimistisch. Das gilt auch in Bezug auf die Auswirkungen des geplanten transatlantischen Freihandelsabkommens (TTIP). Dies ergab die aktuelle CHEMonitor-Umfrage vom Oktober 2014.

„Wir werden auch unter den etwas schwierigeren Rahmenbedingungen weiterhin profitabel wachsen", sagte BASF-Vorstandsvorsitzender Dr. Kurt Bock Ende Oktober anlässlich der Veröffentlichung der Zahlen zum dritten Quartal. Zeitgleich korrigierte er die Finanzziele für das Jahr 2015 nach unten. Ein Trend, der sich für die Mehrheit deutscher Chemieunternehmen bestätigt: „Zwar erwarten weit mehr als die Hälfte der Befragten für die kommenden zwölf Monate Zuwächse bei Umsatz, Ergebnis und Cash Flow, die Zuwächse fallen aber im Vergleich zu vorherigen Befragungen geringer aus", fasst Dr. Josef Packowski, Managing Partner bei Camelot Management Consultants, die Ergebnisse der aktuellen CHEMonitor-Befragung vom Oktober 2014 zusammen. Für das Trendbarometer von CHEManager und der Strategie- und Organisationsberatung Camelot Management Consultants werden regelmäßig über 200 Top-Entscheider der deutschen Chemieindustrie befragt. Insgesamt erwarten derzeit drei Viertel der Befragten eine Umsatz- und Ergebnissteigerung für ihr Unternehmen in den kommenden zwölf Monaten, nur 11% bzw. 12% gehen von einer negativen Entwicklung aus (Grafik 1).

Vertrauen in den Standort ungetrübt

Acht von zehn befragten Chemiemanagern bewerteten im Oktober 2014 den Standort Deutschland als „gut" oder „sehr gut" (Grafik 2). „Damit hält sich die Gesamtwahrnehmung der Standortbedingungen für die deutsche Chemieindustrie auf hohem Niveau, die Erwartungen trüben sich aber ein", sagt Packowski. Seit Oktober 2013 sank der Anteil der positiven Standortbewertungen zwar geringfügig, aber stetig.

Ein detaillierte Analyse der Standortfaktoren bei der aktuellen Befragung zeigte eine deutlich höhere Abhängigkeit bei der Beurteilung der „Qualifikation von Arbeitnehmern" von der Unternehmensgröße: Während 90% (Januar 2014: 93%) der Verantwortlichen in großen Unternehmen diese positiv bewerten, sind es bei den Vertretern mittelständischer Unternehmen nur noch 64%, statt 91% im Januar 2014.

Und dennoch bleiben die mittelständischen Unternehmen zuversichtlich, auch in Zukunft genügend qualifizierte Mitarbeiter gewinnen zu können. Zumindest fällt ihre Prognose für die kurzfristige Beschäftigungsentwicklung im eigenen Unternehmen deutlich positiver aus als die ihrer Kollegen aus Großunternehmen (vgl. Grafik 3): Während 35% der befragten Manager aus Großkonzernen mit sinkenden Mitarbeiterzahlen rechnen und nur etwa halb so viel mit einem Anstieg der Beschäftigten in ihrem Unternehmen, kehrt sich dieses Bild bei Umfrageteilnehmern aus dem Mittelstand um: Hier rechnen 38% mit steigenden und nur 6 % mit sinkenden Mitarbeiterzahlen. In der Summe über alle Befragten erwarten 28% einen Zuwachs der Beschäftigung und 19% sinkende Mitarbeiterzahlen, die Mehrheit (52%) geht von stabilen Beschäftigungszahlen aus.

TTIP steigert Wettbewerbsfähigkeit

Positive Impulse für die Chemieumsätze kamen im dritten Quartal 2014 vor allem aus dem Ausland, meldete der Verband der Chemischen Industrie (VCI) Anfang. Gegenüber dem Vorquartal legte der Auslandsumsatz saisonbereinigt um 1,5% zu. „Die USA stellt gleichauf mit den Niederlanden den wichtigsten Auslandsmarkt für die deutsche Chemieindustrie dar. 2013 exportierte Deutschland Chemikalien und Pharmazeutika im Wert von rund 15 Mrd. EUR in die USA. Unser Überschuss im Transatlantikhandel beträgt über 4 Mrd. EUR. Das US-Geschäft ist damit derzeit die wichtigste Stütze des deutschen Chemiegeschäfts", erklärt Dr. Henrik Meincke, Chefvolkswirt des Branchenverbands.

Die hohe Bedeutung des US-Marktes sollte sich auch mittelfristig nicht ändern bzw. könnte sogar durch das transatlantische Freihandelsabkommen (TTIP) weiter steigen. „Grundsätzlich wird TTIP die Wettbewerbsfähigkeit aller Wirtschaftszweige erhöhen, da die Transaktionskosten im transatlantischen Handel gesenkt werden. Der intensivere Wettbewerb zwingt die Unternehmen, freigewordenen Ressourcen zu investieren und dadurch innovativer, ressourceneffizienter oder produktiver zu werden. Dies wirkt sich langfristig positiv auf die Wettbewerbsfähigkeit aus", sagt Meincke. Diese Meinung teilt auch die Mehrheit des CHEMonitor-Panels: Bei der aktuellen Befragung sagten rund 58% der Chemiemanager, dass TTIP eher Vor- als Nachteile für die deutsche Chemieindustrie bringen wird (Grafik 4). Noch größer sind die Anteile derer, die Vorteile für die US-Chemie und die Abnehmerindustrien der Chemiebranche sehen.

Bezüglich der Auswirkung von TTIP auf das eigene Unternehmen überwiegt dagegen mit 49% der Nennungen die Zahl der Chemiemanager, die davon ausgehen, dass sich Vor- und Nachteile kompensieren. „Die deutschen Chemiemanager betrachten das Freihandelsabkommen TTIP zwischen der EU und den USA mit gemischten Gefühlen. Die Hälfte der Teilnehmer rechnet mit Kosteneinsparungen bei Rohstoffimporten sowie einer größeren Zuliefer- und Kundenbasis. Genauso hoch ist jedoch der Anteil der Chemiemanager, die einen steigenden Wettbewerbs- und Margendruck vorhersagen", kommentiert Dr. Sven Mandewirth, Partner bei Camelot Management Consultants die Ergebnisse (Grafik 5).

Importvorteile durch wegfallende Zölle

Positive Effekte des Freihandelsabkommens auf das eigene Geschäft erhoffen sich die Umfrageteilnehmer vor allem durch den Wegfall von Zöllen: 73% aller Befragten sagen eine positive Wirkung auf ihr Unternehmen durch den Wegfall von Zöllen vorher. Nur 6% erwarten negative Auswirkungen, der Rest keine. Zum Vergleich: Durch die Angleichung von Sicherheits-, Produkt- und Umweltstandards erwartet jeweils nur die Hälfte der Manager eine direkte positive Auswirkung auf das eigene Geschäft, rund 20% sehen dagegen Nachteile.

Zwar sind die US-Zölle auf Chemikalien mit durchschnittlich 2,8% bereits heute gering - insgesamt zahlten deutsche Unternehmen im vergangenen Jahr 140 Mio. EUR Chemiezölle an den US-Fiskus, europaweit waren es 700 Mio. EUR - doch mit dem Freihandelsabkommen könnten auch die etwas höheren EU-Chemiezölle von durchschnittlich 4,6% entfallen, was der Branche einen günstigeren Import von Vorprodukten ermöglichen würde.

Positiver Einfluss auf Investitionen

Das Freihandelsabkommen soll ein umfangreiches Investitionsschutzabkommen beinhalten. Das hat eine hohe Bedeutung für die deutsche Chemieindustrie, denn die USA sind der wichtigste ausländische Produktionsstandort für die Branche. Der Anteil der Produktion deutscher Tochterfirmen in den USA ist mit 26 % fast dreimal so hoch wie in China (9%), dem zweitwichtigsten Auslandsstandort. Deutsche Chemieunternehmen beschäftigen rund 70.000 Menschen in den amerikanischen Werken. Und auf die USA entfallen derzeit rund 40 % aller Sachanlageinvestitionen der deutschen Chemie im Ausland.

„Ein Investitionsschutzkapitel im Abkommen muss keine Welle von Investitionen in Deutschland auslösen. Dem deutschen Rechtssystem haben die US-Unternehmen schon bisher vertraut, wie die hohen US-Investitionen in Deutschland zeigen", sagt Prof. Reinhard Quick, Leiter des Europabüros in Brüssel und des Bereichs Außenhandel des VCI. Diese Meinung bestätigen auch die Umfrageergebnisse des aktuellen CHEMonitors: Danach erwarten 56% der Chemiemanager verstärkte Investitionen von US-Unternehmen in Deutschland und 46% einen Investitionsanstieg von US-Unternehmen in den USA. Für die Investitionen des eigenen Unternehmens erwarten die Teilnehmer den gleichen, wenn auch nicht ganz so stark ausgeprägten Trend.

„Ein Investitionsschutzvertrag der EU mit den USA wäre aber ein klares Signal, dass in Deutschland und Europa ausländische Investoren willkommen sind. Er ist für einige EU-Mitgliedstaaten, gerade in Osteuropa, wichtig und er wirkt über TTIP hinaus", sagt Quick.

VCI-Chefvolkswirt Meincke unterstreicht die Aussage seines Brüssler Kollegens: „Es geht nicht nur um den Schutz der Auslandinvestitionen der deutschen Industrie. In der aktuell schwierigen wirtschaftlichen Lage brauchen Deutschland - und die EU insgesamt - mehr private Investitionen. Die geringe Investitionstätigkeit ist die Achillesferse der allmählich einsetzenden wirtschaftlichen Erholung in Europa. Ein Investitionsschutzvertrag könnte dazu beitragen, amerikanische Investoren nach Europa zu locken."

 

Den Mitgliedern des CHEMonitor-Panels stellt Camelot Mangement Consultants bei Teilnahme an der Umfrage ergänzende Grafiken und eine detaillierte Auswertung der Ergebnisse zur Verfügung. Die nächste Befragung startet im Dezember 2014. Gehören Sie zu den Top-Entscheidern in der deutschen Chemiebranche? Dann registrieren Sie sich schon jetzt für das CHEMonitor-Panel hier!

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