Chemie & Life Sciences

Trends in der Lack- und Beschichtungstechnik

14.04.2015 -

Vom 20. bis zum 23. April 2015 trifft sich die Coatings-Welt in Nürnberg. Der große Fachkongress, European Coatings Congress (ECC), und die begleitende Fachmesse, European Coatings Show (ECS), bieten für das europäische und transkontinentale Publikum ein Forum, auf welchem eine Vielzahl neuer Konzepte vorgestellt wird, auf welchem aber auch neue und für die Branche wichtige Trendthemen und Ideen originär entstehen sollen. Auf welcher Basis setzt diese vernetzende Veranstaltungen auf - was sind die Trends, die in der Prozesskette vom Lackrohstoffhersteller bis zum Lackhersteller und hin zu den Anwendern tonangebend sind?

Die Lackrohstoffe Pigmente, Bindemittel und Lösemittel bzw. Dispersionsmedium sind bestimmend für die Eigenschaften eines flüssigen Lackes, und Bindemittel sowie Pigmente/Füllstoffe sind in der Regel über die gesamte Lebensdauer der Beschichtung eigenschaftsbestimmend. Im Bereich der Bindemittel herrschen heutzutage durch chemische Synthese erzeugte oder hierdurch modifizierte Stoffe vor. Der von der Lack- und Rohstoffindustrie stark geförderte Trend zur Erhöhung der Nachhaltigkeit hat in den letzten drei Jahrzehnten unzählige wasserverdünnbare Bindemittelqualitäten entstehen lassen. Dieser Trend hält an, und es werden Überlegungen angestellt und Konzepte vorgestellt, die die Nutzung nachwachsender Rohstoffe als mittel- bis langfristige Lösung der zu erwartenden Verknappung fossiler Rohstoffe im Auge haben.

Pigmente sind in der Regel Syntheseprodukte der Prozessindustrie, Füllstoffe werden oft aus natürlich vorkommenden Mineralien hergestellt. Interessant ist hier nach wie vor eine optimale und einfache Dispergierbarkeit, die durch entsprechende Oberflächenbehandlung sichergestellt werden kann. Der Dispergierprozess, um Pigmente und Füllstoffe im Lack gleichmäßig zu verteilen, ist sehr energieintensiv, und entsprechend für das Anwendungsmedium durch Oberflächenmodifizierung angepasste Pigmentqualitäten in Kombination mit neuen Herstellungsprozessen können diesen Prozess deutlich vereinfachen und damit prozesssicherer und kostengünstiger gestalten.

Pigmententwicklung

Pigmente selbst werden auch optimiert und weiterentwickelt. Im Bereich klassischer Pigmentqualitäten werden oft Nischen besetzt oder Modifikationen erzeugt, die eine neue Funktionalität von Pigmenten im Vordergrund haben. Im Bereich klassischer Buntpigmente sind grundsätzliche Neuentwicklungen zurzeit eher selten. Allerdings werden im Feld hochwertiger Effektpigmente interessante Effekte und einfache und sichere Verarbeitbarkeit im Herstellprozess als wichtige Entwicklungsziele angesehen. Diese werden vor allem durch geeignete Behandlung und Veränderung der oft plättchenförmigen Partikeloberflächen erreicht.

Funktionsbestimmende Additive

Die zuletzt beschriebene Kategorie von Lackrohstoffen, nämlich Additive, werden in modernen Lacksystemen weiter erheblich an Bedeutung gewinnen. Dies deshalb, weil sowohl Additive, die die Lackherstellung vereinfachen oder überhaupt erst ermöglichen, als auch solche, die in der fertig aufgebrachten Beschichtung eine Rolle spielen, mehr und mehr funktionsbestimmend sein können. Additive können sich auf die Viskosität des Lackes, das Verhalten während der Filmbildung und die Orientierung von Pigmenten und Füllstoffen im sich bildenden und damit im fertigen Film prägend auswirken.

Das Verständnis der angesprochenen Zusammenhänge macht moderne Beschichtungen erst dauerhaft und ermöglicht neue und intelligente Funktionen von Beschichtungen.

Lackherstellung

Viele Aussteller der ECS zeigen Neuerungen oder Vereinfachungen, die sich auf den Kernprozess der Lackherstellung beziehen - dies ist nach wie vor die Einarbeitung von Pigmenten und Füllstoffen in die Lackrezeptur, sofern es sich nicht um Klarlacke handelt. Verfahrenstechnisch sind bei den Lackherstellprozessen Vereinfachungen und die Automatisierung im Fokus, die auch zu einer Humanisierung der in der Lackindustrie vorhandenen Arbeitsplätze führt. Abgesehen von der Herstellverfahren der unterschiedlichen Lackarten Pulverlack und Nasslack, die naturgemäß verfahrenstechnisch unterschiedlich sein müssen, sind viele Lackproduktionen der oft klein- und mittelständisch geprägten Lackherstellbranche sehr individuell. Trends zur Prozessstandardisierung und zur umfassenden Datenverfolgung im Herstellprozess können das Qualitätsniveau und damit das Ansehen der Lackbranche noch weiter steigern.

Beschichtungen

Die fertige Beschichtung oder Lackierung ist der Angelpunkt, um den sich die Beschichtungsbranche dreht. Applikationseinrichtungen, sowohl für den handwerklichen als auch für den industriellen Bereich, haben nach wie vor Material- und sonstige Kosteneinsparungen im Fokus. Auch ist erforderlich, das oft für spezielle Anwendungsbereiche maßgeschneidert entwickelte „Halbzeug" Beschichtungsstoff/Lack mit geeigneten und darauf abgestimmten Applikationseinrichtungen reproduzierbar auf die Oberfläche zu bringen, um seine Funktion über die Lebensdauer der Beschichtung sicherzustellen.

Was sind nun diese Funktionen? Neben den klassischen und bekannten Funktionen von Beschichtungen, wie den optischen Eigenschaften Farbe, Glanz und Deckvermögen, sowie dem Schutz des Untergrunds, z. B. Korrosionsschutz, sind dies neue Funktionen und Eigenschaften, die dem beschichteten Objekt einen deutlichen Mehrwert über die gesamte Produktlebensdauer gewähren. Spezialbeschichtungen wie Brandschutzbeschichtungen, fotokatalytisch aktive oder Anti-Fouling-Beschichtungen im maritimen oder häuslichen Bereich, kommen der Idee neuer funktionaler Beschichtungen schon sehr nahe - sie reagieren in vorhersehbarer Weise auf Reize/Auslöser in der Umwelt und ermöglichen genau den Mehrwert, für den sie entwickelt wurden.

Bereits im Einsatz sind multifunktionale Beschichtungen im Sanitärbereich, die kratzbeständig und wasserabweisend sind, damit beispielsweise eine Duschabtrennung aus transparentem Kunststoff nicht mehr verkratzt wird oder verkalkt. Mithilfe der bereits erwähnten Fotokatalyse kann man schon heute Oberflächen mittels Sonnenlicht und Wasser sauber halten, aber es laufen auch viele Studien und Untersuchungen, um mit solcherart modifizierten Oberflächen Luftschadstoffe sowohl im Innenbereich von Gebäuden als auch in emissionsmäßig belasteten Außenbereichen abzubauen. Geforscht wird weiterhin an einer Optimierung der Beständigkeit von Korrosionsschutzbeschichtungen, die sich selbst reparieren können und erkennen, wann dies erforderlich ist. Auch für den Bereich der Beschichtung von Anlagen zur Nutzung alternativer Energiequellen gibt es für eine intelligente Oberflächentechnik eine Vielzahl von Aufgaben zu lösen. So müssen Offshore-Windanlagen in Ihren tragenden Teilen nicht nur extrem dauerhaft im Hinblick auf den Korrosionsschutz sein, die Rotorblätter dieser Energieerzeuger sollten auch gegenüber Blitzschlag oder Eisbildung resistent sein, da andernfalls erhebliche Stillstandzeiten drohen.

Chemisches Verständnis bringt Beschichtungen voran

Wie dargestellt, trägt das komplexe Zusammenspiel der unterschiedlichen Komponenten in Lacken und den daraus hergestellten Beschichtungen zum Eigenschaftsprofil der mit diesen Stoffen beschichteten Substrate über die Produktlebensdauer entscheiden bei. Ermöglicht wird dies erst durch ein grundlegendes Verständnis der Wechselwirkungen der unterschiedlichen Komponenten, die sich in den Vielstoffgemischen der Beschichtungsstoffe befinden. Der Austausch aller Beteiligten der komplexen Prozesskette Lacktechnik schafft neue Lösungen, aber auch neue Ziele. ECS und ECC in Nürnberg bieten als führendes Branchenevent die Möglichkeit, die gute europäische Wettbewerbsposition auf diesem faszinierenden Feld zu behaupten.

 

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Forschungsgesellschaft für Pigmente und Lacke