Logistik & Supply Chain

GDP in der Feinverteilung von Medikamenten

Schweizer Galexis lässt Leistungsqualifizierung von Pharmatransportern nach revidierten EU-GDP-Leitlinien durchführen

23.03.2016 - Bereits seit Frühjahr 2013 sind die revidierten Leitlinien der GDP (Good Distribution Practice) innerhalb der EU in Kraft und die Pharmahersteller, ihre Logistikdienstleister und der Pharmagroßhandel bei der Sicherheit von Pharmatransporten deutlich stärker in der Pflicht.

Im Sommer 2015 übernahm auch die Schweiz als eines der wichtigsten Herstellerländer in Europa die revidierten GDP-Leitlinien in nationales Recht. Die Initiative unterstreicht, dass es bei Transportsicherheit keine nationalen Alleingänge mehr geben kann.

Wie bedeutend ein grenzüberschreitend verbindliches Regelwerk für den Markt ist, zeigt das Beispiel Galexis. Mit Unterstützung des EIPL European Institute for Pharma Logistics aus Stuttgart begann der Vollgrossist vor Jahren, seinen Fuhrpark, das Personal und die Logistikprozesse an die Vorgaben der revidierten GDP-Leitlinien anzupassen. Ein entscheidender Punkt dabei ist die Leistungsqualifizierung der Fahrzeuge unter Realbedingungen. Das gilt gerade für die kritische „letzte Meile“.

Schweiz übernimmt GDP-Leitlinien

Mit der Umstellung auf die Anforderungen der EU-GDP gewährleistet der Pharma-Großhändler mittlerweile europaweit GDP-Konformität. Dies erfolgte pünktlich zum Ende der vom Schweizer Recht vorgesehenen sechsmonatigen Umsetzungsfrist: Die revidierten GDP-Leitlinien sind in der Schweiz seit dem 1. Januar 2016 verbindlich. Die GDP-Leitlinien fallen laut Pressemitteilung des Schweizer Bundesamtes für Gesundheit (BAG) in den Gültigkeitsbereich der Bilateralen Abkommen zwischen der Schweiz und der EU.

„Durch die Anpassung von Anhang 2 der Arzneimittel-Bewilligungsverordnung (AMBV) übernimmt die Schweiz die neuen Leitlinien und gleicht ihre Bestimmungen den strengeren Anforderungen der EU an. Mit den gleichwertigen Anforderungen an den Vertrieb von Arzneimitteln sollen Handelshemmnisse für die Schweizer Exportindustrie vermieden werden, indem die gegenseitige Anerkennung von Zertifikaten für Gute Herstellungspraxis (Good Manufacturing Practice oder kurz GMP, Anm. d. Autoren) zwischen der Schweiz und der EU gewahrt bleibt.“

Europäische Lösungen sind gefragt

Vor diesem Hintergrund orientierte sich der Schweizer Wholesaler mit Distributionszentren in Niederbipp und Lausanne-Ecublens frühzeitig an den Anforderungen der EU-GDP-Leitlinien. Im vorliegenden Fallbeispiel konzentrieren sich die Autoren auf den Teilbereich der Fahrzeugqualifizierung. Hier zeigen die bisherigen Erfahrungen mit der Implementierung, dass der Leistungsqualifizierung die entscheidende Bedeutung für den Erfolg der Maßnahmen zukommt. Nur die Performance-Qualifizierung (PQ) stellt unter Beweis, ob die vorherigen Maßnahmen der Design-, Installations- und Funktionsqualifizierung den Anforderungen entsprechend umgesetzt worden sind.

Die PQ ist damit der eigentliche „Härtetest“ für die GDP-Qualifizierung. Denn bei der Sommer- und Winterqualifizierung der Fahrzeuge werden diese unter extremen Witterungsbedingungen auf logistisch anspruchsvollen Relationen bis an die absolute Belastungsgrenze gebracht, was die Temperierung und Prozesskontrolle betrifft.

Schrittweise Umstellung des Fuhrparks

Der Weg in Richtung GDP-Konformität begann vor acht Jahren mit der schrittweisen Umstellung auf isolierte Kastenwagen und später aktiv temperierte Fahrzeuge mit isoliertem Aufbau. Der Fahrzeugbestand umfasst rund 100 Kastenwagen-Transporter der 3,5-t-Klasse. Davon sind mittlerweile 80 mit modernster Klimatechnik ausgerüstet. Das Unternehmen begann ab 2011, erste Fahrzeuge mit Heiz- und Kühlfunktion bauen zu lassen.

Über die deutsche Firma Kerstner, welche die erste Serie von Neufahrzeugen lieferte, kam der Wholesaler mit dem EIPL European Institute for Pharma Logistics in Kontakt, das die Qualifizierung der neuen Transporter übernommen hatte. Mit Unterstützung des süddeutschen Beratungshauses implementierte der Pharmavollgrossist sämtliche vorgeschriebenen Schritte zur Equipment-Qualifizierung – als Grundlage für die GDP-konforme Fahrzeugausstattung.

Der Härtetest: Winter- und Sommer-PQ

Die Winter-PQ erfolgte im Winter 2014/2015, die Sommer-PQ im August 2015. Beide Qualifizierungen auf real existierenden Touren begleitete das EIPL European Institute for Pharma Logistics und wertete aus. In einem klimatisierten Fahrzeug wurden für den Realtest zwölf Rüstbehälter mit Ausschussware befüllt und die Produkte innerhalb der Packung wiederum mit Temperaturfühlern versehen. Zudem wurden an den Innenwänden des klimatisierten Fahrzeugs in unmittelbarer Nähe jedes Behälters ebenfalls Sensoren angebracht.

Nach der Auswertung der Ergebnisse der Winter-PQ zeigte sich im Streckenverlauf eine einzige, zeitlich begrenzte und geringe Soll-Abweichung von -1,2 K (13,8°C im Laderaum bei einem Ambient-Sollwert von 15 bis 25°C). Für den Pharmagroßhändler lag dieser Wert innerhalb der Akzeptanzkriterien von rund +/-1°C in einem Zeitrahmen von maximal 10 min. Nach der Bewertung erfolgte die Festlegung von Maßnahmen wie etwa Arbeitsanweisungen für die optimale räumliche Anordnung der Ware innerhalb des Laderaums. Das Fahrzeug wurde als grundsätzlich geeignet befunden. Nach der Winterqualifizierung fand im August die Sommerqualifizierung in der Basler Innenstadt statt bei Außentemperaturen am Fahrzeug von bis zu 35°C im Schatten, mit dem identischen Setting für die Sensorik im Laderaum. Auch dieser Test wurde erfolgreich absolviert.

Fazit: PQ ermöglicht Prozessoptimierung

Risikominimierung und maximale Prozessstabilität stehen auch beim Fahrzeugdesign und der Konfiguration im Fokus, weshalb der Performance-Qualifizierung eine solch hohe Bedeutung zukommt. Denn die PQ mit ihrem Realtest zeigt nicht nur mögliche Schwachstellen bei der Ausstattung des klimatisierten Fahrzeuges auf, sondern auch bei der Gestaltung der logistischen Kette. Dies gilt vor allem bei der Routenplanung für die Touren im Verteilerverkehr, der durch die relativ häufigen Öffnungen der Tür kritisch ist. Damit ist die PQ als eine Mischung aus Qualifizierung und Prozess-Validierung anzusehen und eröffnet die Chance für Prozessoptimierungen.

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