Personal & Karriere

Karrierechancen in der IT

In IT-Berufen können Frauen die Zukunft mitgestalten

18.09.2018 -

Die Informationstechnik (IT) ist noch immer eine Männerdomäne – vor allem in Führungspositionen. Nur wenige Frauen schaffen es bislang, Karriere als Chief Information Officer (CIO) zu machen. Petra Jaschhof ist eine der wenigen Ausnahmen: Seit 30 Jahren agiert sie im Management verschiedener Unternehmen der IT-Branche, aktuell als CIO des IT-Dienstleisters BWI, einer 100 %igen Bundesgesellschaft mit über 4.000 Mitarbeitern. Ein Gespräch über Frauen in der IT und warum es sich lohnt, sich für dieses Berufsfeld zu begeistern.

Frau Jaschhof, als Frau eine Karriere in der IT zu machen ist allein schon eher exotisch, in einer Führungsposition noch mehr. Zum CIO schaffen es meist nur Männer. Was lief bei Ihnen anders als bei anderen Frauen?

Petra Jaschhof: Nun, ich wollte nie verbissen Karriere machen, sondern hatte immer den Wunsch, mein Umfeld zu gestalten und Dinge weiter zu entwickeln. Dies führte schnell zu ersten kleinen Führungsaufgaben und zu Projektverantwortung. Meine Neugierde und das Bestreben, Inhalte zu verstehen, habe ich nie verloren. Generell war sicher meine Bereitschaft zum ständigen Wandel ausschlaggebend für meinen beruflichen Erfolg. Aber es gehört natürlich auch Glück dazu – und der Mut, sich immer wieder neuen Herausforderungen zu stellen.

War Ihre Laufbahn immer geradlinig? Oder mussten Sie auch mal Rückschläge hinnehmen oder Momente erleben, in denen Sie gesagt haben, nun schmeiße ich doch hin und gehe in einen klassischen Frauenberuf?

P. Jaschhof: Zunächst einmal: Was ist denn heute schon ein „klassischer Frauenberuf“? Wir sollten diese Differenzierung und Einteilung in Männer- und Frauenberufe überhaupt nicht mehr verwenden.

Meine Karriere lief natürlich nicht immer geradlinig und das ist auch gut so. Ich war bereits von 1997 bis 2000 CIO bei Siemens und fand diese Aufgabe schon damals sehr spannend. Aus privaten Gründen bin ich dann aber nach Thailand gegangen und habe dort beruflich die Seiten gewechselt. Ich wurde Consultant und später Projektleiterin für verschiedenste internationale Projekte. Dies war eine meiner besten Erfahrungen, denn ich musste immer sicherstellen, dass meine Kunden mit meiner Arbeit zufrieden waren und gerne die Tagessätze zahlen. In Summe war ich fast zehn Jahre in Asien und habe dort in vielen Ländern gearbeitet. Ich habe dabei viel über Changemanagement und kulturelle Unterschiede gelernt, wovon ich heute immer noch profitiere. Das waren alles keine wirklichen Rückschläge – eher kontinuierliche Herausforderungen.

Laut Bitkom ist der Anteil von Frauen in der ITK-Branche seit 2015 leicht gestiegen – von 24 % auf 28 %. Was sind aus Ihrer Sicht die Ursachen dafür, dass Frauen in der IT noch immer unterrepräsentiert sind?

P. Jaschhof: Ein Anteil von unter 30 % reicht noch lange nicht aus und die Zahlen bewegen sich zu langsam. Wir müssen deshalb viel früher ansetzen. Die IT wird Mädchen vielleicht immer noch weniger nahe gebracht als Jungen. Und klassische Informatik-Studiengänge sind möglicherweise weniger attraktiv für Frauen. Neue Studiengänge, wie Medien- oder Medizininformatik finden deutlich mehr weiblichen Zulauf. Die Informatik ist in der Regel mehr Mittel zum Zweck und mittlerweile in jedem technischen Grundstudium sehr stark ausgeprägt. Deshalb möchte ich allen Frauen, auch wenn sie nicht direkt aus der Informatikecke kommen, Mut machen, sich für IT-Berufe zu interessieren. Ein Trostpflaster für uns: In den klassischen Ingenieurberufen ist der Anteil der Frauen ja nochmals deutlich niedriger. Im Grunde sind die Problematik und der nötige Handlungsbedarf aber gleich.

Apropos Handlungsbedarf: Arbeitgeber erhalten für IT-Berufe viel weniger Bewerbungen von Frauen als von Männern. Was könnten sie dennoch tun, um mehr Frauen für den Bereich zu gewinnen?

P. Jaschhof: Die Firmen müssen die Attraktivität mehr herausstellen. In der IT-Branche und in IT-Berufen in anderen Branchen arbeiten ja nicht nur Nerds. Wir müssen mehr Aufklärung über die Inhalte der verschiedenen Aufgabengebiete leisten und natürlich die Chancen für die Zukunft darstellen. Wir befinden uns im Zeitalter der Digitalisierung und die IT ist der Hebel für viele neue Möglichkeiten. Frauen sollten es sich nicht nehmen lassen, auf diese Weise die Zukunft mitzugestalten.

Was halten Sie von reinen Frauenstudiengängen?

P. Jaschhof: Reine Frauenstudiengänge? Was soll denn der Unsinn? Wie soll damit die Attraktivität für die Inhalte steigen? Wir müssen vielmehr Frauen vermitteln, was sie in der IT alles erreichen können. Die fortschreitende Digitalisierung bietet zudem viele Möglichkeiten, die berufliche Entwicklung und die private Lebensplanung zu vereinen. Eine gute Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben ist ein großes Plus in IT-Berufen.

Warum ist eine Führungskarriere in der IT für Frauen spannend?

P. Jaschhof: Generell muss jede Frau oder jeder Mann sich die Frage stellen, ob Karriere für sie oder ihn überhaupt erstrebenswert ist – und das ist erst einmal branchenunabhängig. Führungsaufgaben verlangen heute enorme Coaching-Fähigkeiten und ein gutes Gespür für Menschen und Organisationen. Das sind in der Regel Stärken, die bei Frauen sehr stark ausgeprägt sind. Gepaart mit einem guten Grundverständnis und Interesse an der Informations- und Digitalisierungstechnik können Frauen Teams oder Projekte zu hervorragenden Ergebnissen führen. Das alles finde ich überaus „spannend“.

Werden Frauen automatisch stärker in IT-Führungspositionen vertreten sein, wenn insgesamt mehr sich für diesen Karriereweg entscheiden?

P. Jaschhof: Davon bin ich überzeugt. Eine Spezialförderung für Frauen finde ich hingegen sehr problematisch. Wir Frauen schaffen das auch ohne Quote oder andere Programme!

Sie sind diplomierte Journalistin und waren auch schon in Marketing und Kommunikation tätig. War das nur ein vorübergehender beruflicher Ausflug oder wie hängen für Sie die beiden Bereiche IT und Marketing zusammen?

P. Jaschhof: Ich habe von Anfang an immer das Big Picture oder nennen wir es die Storyline hinter einer Aufgabenstellung verstehen wollen, um diese inhaltlich einordnen zu können. Mit anderen Worten, ich war von Anfang an immer sehr strategisch unterwegs und von meiner inneren Grundhaltung innovativ und flexibel. Strategie und Kommunikation sind zwei wichtige, sich ergänzende Elemente einer erfolgreichen Unternehmensführung. Insofern setze ich meine Erfahrungen auf beiden Gebieten sehr gerne zielgerichtet ein.

Welche Karrierepläne haben Sie für die Zukunft?

P. Jaschhof: Ich habe meine Karriere nie detailliert geplant. Wenn neue Aufgaben auf mich zukommen und diese mich interessieren, dann werde ich sicher auch weitere Schritte gehen. Aber das nehme ich alles komplett entspannt. Verbissenheit nimmt Lebensqualität. Mir ist es wichtig, mit interessanten Menschen zu arbeiten und immer wieder neuen Herausforderungen zu begegnen. 

 

In ihrem Vortrag auf der HerCareer, der Karrieremesse für Frauen vom 11.-12. Oktober 2018 in München, gibt Petra Jaschhof Karrieretipps für Frauen in der IT.