Strategie & Management

Experten-Statement: Andreas Kicherer, BASF

Thema „Circular Economy": Nachhaltigkeitstrends für die Zukunft

03.01.2019 -

Wir haben Experten, die Anfang November auf der VCW-Konferenz „Circular Economy“ über die Chancen und Herausforderungen der Zirkulären Wirtschaft referiert und diskutiert haben gebeten, uns ihre Positionen zu konkreten Fragen darzulegen. 
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Nachhaltigkeitstrends für die Zukunft

Der Produktionsverbund der BASF ist traditionell darauf ausgelegt, Energie- und Stoffströme zu Kreisläufen zu schließen und Ressourcen zu sparen. Hier werden Produktionsbetriebe und ihre Energieversorgung intelligent vernetzt, so dass bspw. die Abwärme eines Betriebes anderen Betrieben als Energie zur Verfügung steht. Außerdem können die Nebenprodukte einer Fabrik an einer anderen Stelle als Einsatzstoff dienen.

CHEManager: Herr Kicherer, bislang hat die chemische Industrie in linearen Wertschöpfungsketten gedacht, doch die Zirkuläre Wirtschaft wird ein Umdenken erfordern. Wie komplex ist es, die traditionellen Energie- und Stoffströme zu Kreisläufen zu schließen?

Andreas Kicherer: Durch den Produktionsverbund innerhalb der BASF sparen wir nicht nur Rohstoffe und Energie, sondern vermeiden auch Emissionen, senken die Logistikkosten und nutzen Synergien. Um das Konzept der Kreislaufwirtschaft weiter voranzubringen und Stoffströme zu schließen, arbeiten wir mit unseren Partnern in der Wertschöpfungskette zusammen. Es erfordert Kreativität, Dinge anders zu machen.

Was machen Sie denn bereits anders?

A. Kicherer: Wir entwickeln neue Geschäftsmodelle, die Wert für Umwelt, Gesellschaft und Wirtschaft schaffen. Der „Close-the-loops“-Ansatz zielt darauf ab, Kreisläufe zu schließen, beispielsweise indem Edelmetalle aus gebrauchten Autokatalysatoren wiedergewonnen werden. Ein weiteres Beispiel dafür ist der Biomassenbilanzansatz von BASF. Im Zuge dieses Bilanzierungsverfahrens werden erneuerbare Rohstoffe wie Bionaphtha oder Biogas aus organischem Abfall oder pflanzlichen Ölen bereits bei der Herstellung von Grundprodukten gemeinsam mit fossilen Rohstoffen eingesetzt. Der Bioanteil wird dann nach der zertifizierten Methode bestimmten Verkaufsprodukten rechnerisch zugeordnet.

Ein ähnliches Modell bauen wir im Zuge unseres „ChemCycling“-Projekts auf. Hier verwenden wir chemisch recycelten Plastikabfall in Form von Pyrolyseöl, um ihn am Beginn der Wertschöpfungskette in den Verbund einzuspeisen. Daraus können Basischemikalien hergestellt werden, die wiederum zu verschiedenen Kundenprodukten weiterverarbeitet werden. Der Anteil von Recyclingmaterial im Endprodukt wird gemäß dem Massenbilanzansatz zugeordnet.

„Wir entwickeln neue Geschäftsmodelle,
die Wert für Umwelt, Gesellschaft und Wirtschaft schaffen.“

Andreas Kicherer, BASF


 

Kann die chemische Industrie ihre Kernkompetenzen in die künftig veränderten Wertschöpfungsketten einbringen oder wird sie völlig neue Kompetenzen aufbauen müssen?

A. Kicherer: Ein intelligentes Circular-Economy-Konzept setzt voraus, dass es bereits von Beginn an in die verschiedenen Phasen der Produktentwicklung, des Produktionsprozesses, des Produktgebrauchs und bei den Wiederverwertungssystemen integriert wird. Die innovative Kraft der chemischen Industrie ist wesentlicher Treiber für den Wandel des Wirtschaftsmodells hin zu einer zirkulären Wirtschaft.

Der generelle Trend, den Einsatz von Ressourcen zu reduzieren, wird noch durch die Sharing Economy verstärkt. Wie müssen sich Chemieunternehmen hinsichtlich ihres Produktangebots, ihres Geschäftsmodells und ihrer Unternehmenskultur darauf einstellen?

A. Kicherer: Für uns ist es wichtig zu verstehen, welche Nachhaltigkeitstrends die Zukunft prägen werden. Auf dieser Grundlage können wir unsere Strategien entsprechend ausrichten, Risiken im Blick behalten und Mehrwert für unsere Gesellschaft schaffen. In Zusammenarbeit mit den Beratungsunternehmen A.T. Kearney, Sustainable Natives und Impact Hub Berlin haben wir eine Reihe von Nachhaltigkeitsexperten auf der ganzen Welt nach künftigen Trends und Standards befragt. Dabei stand beispielsweise die Frage im Vordergrund, wie Unternehmen bis 2030 ihre Nachhaltigkeit sowohl in wirtschaftlicher, gesellschaftlicher als auch umweltpolitischer Hinsicht verbessern können. Die Studie legte Trends in sieben Branchen offen, die für unsere Geschäftsaktivitäten relevant sind: Ernährung & Landwirtschaft, Automobil & Transport, Energie & Infrastruktur, Maschinenbau & Bauwirtschaft, High-Tech & Elektronik, Konsumgüter & Einzelhandel sowie Gesundheit & Pharma. Die damit zusammenhängenden Risiken und Chancen wurden mit BASF-Experten in einer Reihe von Workshops diskutiert und werden in unsere künftige Strategie einfließen.