Anlagenbau & Prozesstechnik

Engmaschige Produktionsüberwachung

Anforderungen an Prozessanalysentechnik zur kontinuierlichen Überwachung chemischer Prozesse

31.10.2019 -

Nur mit Online- oder Inline-Analysentechnik können kritische Parameter bei kontinuierlichen Prozessen zuverlässig und engmaschig überwacht werden.

Industrielle Prozesse werden heutzutage meist am Optimum gefahren, so dass die Herstellung von Produkten immer schneller und unabhängiger abläuft. Um den Prozess entlang der gesamten Wertschöpfungskette auch wirtschaftlich effizienter zu gestalten, sollen die gewonnenen Produkte mit höchster Qualität in kurzer Zeit und mit geringem Chemikalieneinsatz und Energieaufwand gefertigt werden. Vor allem im 24/7-Betrieb ist das Wissen über die Zusammensetzung von Ausgangs- und Zwischenprodukten oder auch Verunreinigungen essenziell für eine optimale Prozessführung. Es wird deutlich, dass eine häufige und präzise Überprüfung kritischer Parameter und die zeitnahe Übertragung der Ergebnisse an das Prozessleitsystem bzw. die Anlagensteuerung immer wichtiger wird. Die Frage, die sich dabei stellt, ist wie sich komplexe laboranalytische Verfahren in den Prozess implementieren lassen, so dass der Forderung nach robusten und präzisen Messergebnissen Rechnung getragen werden kann.

Von der Probennahme bis zur Analyse
Abhängig von der Anzahl der zu analysierenden Parameter, der Messstellen und der Analysenfrequenz unterscheidet man verschiedene Analysenformen. Traditionell wird die Probe manuell aus der Produktion entnommen und im Betriebslabor mittels Laboranalysengeräten analysiert. In diesem Fall spricht man von Offline-Analytik. Aufgrund der manuellen Entnahme und des Transports der Proben in das u. U. externe Labor sind die Messbedingungen nicht mit denen einer direkten Messung im Prozess vergleichbar. Durch veränderte Temperaturen, CO2-Gehalt oder Zusammensetzung der Matrix kann es zu abweichenden Messwerten kommen. In Abhängigkeit der Entfernung zwischen Messstelle und Labor sind Messergebnisse innerhalb von Stunden oder Tagen zu erwarten. Somit erlauben manuell gezogene Proben in den meisten Fällen wenige Möglichkeiten, eine größere Analysenanzahl pro Zeiteinheit durchzuführen. Darüber hinaus ist auch in Hinblick auf die Prozesssicherheit mit einem erhöhten Risiko für den Probennehmer vor allem in Bezug auf schwer zugängliche, gefährliche und gesundheitsschädliche Umgebungsbedingungen zu rechnen.

Atline-Analytik
Bei der Atline-Variante werden die Proben zwar auch manuell per Handprobe entnommen, jedoch dem in Prozessnähe stehenden Analysator zugeführt. Der Atline-Analysator ist in der Regel mit einem Probenwechsler für Flaschen mit Barcodeerkennung ausgestattet. Bei einer größeren Anzahl von zu kontrollierenden Proben kann die vollautomatische Analyse somit besonders wirtschaftlich gestaltet werden.

Online-Analytik
Online-Verfahren messen kontinuierlich im Produktionsprozess und sind in der Lage, rückkoppelnd den Prozess zu steuern. Ein Teilstrom des zu analysierenden Produktstroms wird mit Hilfe von Ventilen oder durch Ansaugen mit Schlauchpumpen aus dem Becken oder mittels Bypass-Leitungen dem Analysator zugeführt. Die so vollautomatisch entnommene Probe wird in das Titriergefäß überführt und mit den entsprechenden Hilfsreagenzien versetzt. Mit moderner Online-Messtechnik können einerseits mehrere Analysenmethoden wie Titration, Spektroskopie, Ionenchromatographie oder auch elektrochemische Methoden miteinander kombiniert und andererseits mehrere Messstellen parallel mit einem System überwacht werden.

Inline-Analytik
Werden Sonden für eine direkte und kontinuierliche Messung in den Prozess eingebunden, spricht man von Inline-Analytik. Vor allem wenn es um den Einsatz von klassischen Wechselarmaturen (bspw. zur Bestimmung des pH-Wertes) geht, weist die Online-Analytik im Gegensatz zur Inline-Analytik einige Vorteile auf. Durch die Verlagerung der Analytik in eine externe Messzelle, können mit vollautomatischen Systemen Genauigkeiten erreicht werden, die mit diesen Inlinesonden nicht möglich sind.
Allerdings haben sich im Bereich der Inline-Analytik in den letzten Jahren besonders spektroskopische Methoden etabliert. Im Gegensatz zu konventionellen Analysenmethoden zeigt die NIR-Spektroskopie insbesondere durch die Analysengeschwindigkeit einige Vorteile. Ergebnisse können innerhalb weniger Sekunden gewonnen und direkt in das Prozessleitsystem übertragen werden, so dass chemische Prozesse zuverlässig optimiert werden können. Zusätzlich wird die Probe in situ, d.h. komplett ohne Einsatz von Chemikalien analysiert was einen zusätzlichen Mehrwert für die Prozesssicherheit bedeutet.

Herausforderungen
Durch die unterschiedlichen Analysenbedingungen im Labor und direkt im Prozess, wird man bei der Übertragung der Messtechnik vom Labor in den Prozess vor einige Herausforderungen gestellt. Entscheidend sind die Arbeits- und Umgebungsbedingungen, bspw. hohe Temperaturen, korrosive Atmosphäre, Feuchtigkeit, Staub oder explosionsgefährdende Umgebungen, denen die Prozessanalysatoren durch Aufbau und Materialauswahl genügen müssen. Bereits eine pH-Wert-Bestimmung kann zur Herausforderung werden, wenn etwa stark basische Lösungen analysiert werden müssen.
Der sogenannte Alkalifehler kann bei gleichzeitig hohen pH-Werten und hohen Alkaliionenkonzentrationen (z. B. hohe Salzfrachten) zu fehlerhaften Ergebnissen führen, da die Elek­trodenmembran auch auf Alkaliionen anspricht. In diesem Fall werden allein an den eingesetzten Sensor hohe Anforderungen, wie Chemikalienbeständigkeit, Wartungsfreiheit, Robustheit oder auch Präzision gestellt. Bei Online-Analysensystemen wird die Messung aus dem Prozess in eine externe Messzelle verlagert, wodurch die Lebensdauer der eingesetzten Elektrode signifikant erhöht werden kann.

Analyse im %- und im Spurenbereich
Prozessanalysatoren müssen Proben sowohl für die Analyse im %- als auch im Spurenbereich handhaben können, ohne dass es dabei zu Verschleppungen oder Querempfindlichkeiten kommt. In vielen Fällen werden dabei in einem System verschiedene Proben unterschiedlicher Messstellen mit verschiedenen Analysentechniken parallel bestimmt. Die Probenvorbereitung, zu der Filtrieren, Verdünnen oder auch der nasschemische Aufschluss gehören, müssen genauso verlässlich und reibungslos ablaufen wie die vollautomatische Ergebnisübertragung an das Prozessleitsystem, so dass eine schnelle Reaktion möglich ist.
Das zentrale und wohl wichtigste Bauteil eines jeden Analysators ist die eingesetzte Elektrode. Während im Labor der Zustand des Sensors manuell geprüft werden kann, ist dies im Prozess nicht so einfach möglich. So müssen Elektroden z. B. langlebig funktionieren und dauerhaft richtige Messwerte liefern, um teure Stillstandzeiten des Prozesses zu vermeiden. Ein Ausfall der Elektrode, Verschmutzungen oder Beschädigungen müssen unverzüglich gemeldet werden. Deshalb ist bei autonom laufenden Prozessanalysensystemen eine vollautomatische Reinigung und bei Bedarf auch Kalibration sowie die gesamte Prozesskommunikation von entscheidender Bedeutung.

Aufbau von Prozessanalysensystemen
Online Prozessanalysatoren sind speziell für den Einsatz in aggressiver Umgebung entwickelt. Die Bauteile sind von einem robusten, beschichteten und IP 66 geschützten Stahlgehäuse umgeben. Das Gehäuse ist zweigeteilt und besteht aus einem sogenannten Nass- und Elektronikteil. Beide Teile sind konsequent voneinander getrennt, so dass sichergestellt wird, dass keine flüssigen Komponenten in den Elektronikteil gelangen und diesen beschädigen können. Außerdem hat es den Vorteil, dass Instandhaltungsarbeiten sicher und zeitsparend durchgeführt werden können. Während der Elektronikteil alle für die Steuerung und Bedienung relevanten Komponenten enthält, sind im Nassteil Büretten, Ventile, Pumpen, Probennahmesysteme, Titriergefäße und Elektroden zu finden. Es besteht die Möglichkeit die Proben auch von einer mehrere Meter entfernten Messstelle zu entnehmen. Der Analysenablauf, anzuwendende Methoden und die Gehaltsberechnungen sind frei programmierbar. Individuelle Prozessanbindungen sind realisierbar.
Dank eines Touchscreens mit intuitiver Menüführung ist die Bedienung denkbar einfach, so dass Abläufe jederzeit optimiert werden können. Der Verlauf der Messung wird über die gesamte Analyse hinweg graphisch dargestellt, so dass der Analysenprozess vollständig kontrolliert wird. Die Messergebnisse können 24/7 generiert werden und erlauben eine engmaschige und vollautomatische Überwachung des Prozesses. Grenzwertverletzungen, Alarme oder Ergebnisse werden zuverlässig an das Prozessleitsystem weitergegeben. Störfälle und auftretende Fehler werden schnell lokalisiert, so dass kostenintensive Stillstände des Prozesses vermieden werden.

Fazit
Nur mit einer robusten Messtechnik ist eine vollautomatische 24/7-Überwachung von industriellen Prozessen möglich. Für die Qualitätssicherung, einem verbesserten Prozessverständnis und der Optimierung der gesamten Produktion eignen sich insbesondere Online-, Inline und Atline-Lösungen im Gegensatz zur klassischen Analyse im externen Labor. Alle relevanten Parameter können innerhalb kurzer Zeit erfasst werden. Somit steht auch einer Vernetzung der Produktion im Sinne von Industrie 4.0 nichts im Wege.

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