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Mikromotoren aus zertifizierten Reinräumen

06.11.2019 - Die Medizintechnik verzeiht keine Fehler. Im neuen Innovation Center von maxon entstehen Mikromotoren in zertifizierten Reinräumen. Der Aufwand ist nicht zu unterschätzen.

Reinräume sind in verschiedensten Branchen nötig – etwa in der Medizin, Lebensmitteltechnologie und Halbleiterindustrie. Dass in Reinräumen Elektromotoren produziert werden, scheint dagegen reichlich ungewohnt. Genau dies aber tut maxon seit Anfang 2019 im neu gebauten Innovation Center in Sachseln. Auf über 1.200 m2 sind hier Reinräume entstanden, in denen unter anderem Antriebsysteme unter strengen Hygienevorschriften hergestellt werden. Doch wozu?

Klar: Um einen kräftigen Motor zu bauen, der beispielsweise in der Industrieautomation zum Einsatz kommt, braucht es zwar Ingenieurskunst, präzises Arbeiten und eine saubere Umgebung – aber noch lange keinen Reinraum. Vielmehr entstehen in den neuen Reinräumen die Winzlinge aus dem Hause maxon: Motoren mit einem Durchmesser von wenigen Millimetern.

Durch die Wicklungen dieser Motoren passt höchstens noch ein Zahnstocher – mehr nicht. Solche Antriebe kommen vor allem in der Medizintechnik zum Einsatz. Zwar ist maxon bereits heute ein starker Partner, wenn es um Antriebe in der Medizin geht, man denke bspw. an Insulinpumpen oder chirurgische Handgeräte. Doch der Schweizer Antriebsspezialist rüstet sich mit den neuen Reinräumen für noch diffizilere und filigranere Anwendungen – die Rede ist von implantierbaren Antriebssystemen wie beispielsweise Herzpumpen.

Monatelange Planung
„Einen zertifizierten Reinraum zu planen, war für uns eine neue und spannende Herausforderung“, sagt Christian Kunde, Projektleiter bei maxon medical. Allerdings baut man so einen Reinraum nicht einfach so auf die Schnelle in ein neues Firmengebäude ein. „Der Aufwand war schon enorm – auch wenn man das auf den ersten Blick vielleicht gar nicht sieht. Etwa 15 Monate steckten wir gemeinsam mit externen Fachleuten in die Planung“, sagt Christian Kunde. In der Tat: Auf den ersten Blick sind es einfach saubere, durch Glas voneinander abgetrennte Räume mit vielen Montageplätzen und Mikroskopen. Die ganze Technik spielt sich sprichwörtlich hinter den Kulissen ab: In den Zwischenwänden und in der Decke reiht sich Rohr an Rohr, erstrecken sich kilometerlange Kabelstränge.

Nötig ist all die Technik unter anderem, um in den Reinräumen einen höheren Luftdruck zu erzeugen. Das Prinzip dahinter: Wird die Schleuse zu einem Reinraum geöffnet, strömt stets saubere Luft nach aussen – und verhindert so das Eindringen von dreckiger Luft. Eine Todsünde bei Reinräumen wäre es deshalb, alle Türen einfach offen stehen zu lassen. Damit dies gar nicht erst passieren kann, verfügen Reinräume über Schleusen, in denen der Luftdruck etwas tiefer ist als im Reinraum, aber immer noch höher als normal. Moderne Technik verhindert es, dass die beiden Ein- und Ausgänge einer Schleuse gleichzeitig geöffnet sind. „Gespräche zwischen Tür und Angel sind in Reinräumen also nicht möglich“, sagt Christian Kunde lachend.
Die Partikelkonzentration in der Luft wird im Minutentakt gemessen. Neben den Reinräumen verfügt maxon neu auch über einen sogenannten GMP-Bereich.
Hier wird nicht nur die Partikelkonzentration gemessen, sondern auch die mikrobiologische Kontamination von Oberflächen und der Luft mit Keimen, Bakterien oder Pilzen – auch dies wieder mit Blick auf künftige Anwendungen in der High-Tech-Medizin mit implantierbaren Kleinstantrieben.

Luft wird ständig verdünnt
Reinräume gibt es in verschiedenen Zertifizierungsklassen. Die Reinräume von maxon gehören noch zur angenehmen Sorte. Heisst: Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter müssen zwar vor und während der Arbeit verschiedene Maßnahmen treffen – z. B. ein Haarnetz tragen und spezielle Kleidung anziehen –, sie befinden sich aber nicht in einer völlig anderen Welt. In der Nanotechnologie, Pharmazie oder in der Halbleiterfertigung herrscht dann nochmals ein ganz anderes Klima. Hier sehen die Mitarbeiter teils aus, als befänden sie sich auf einem anderen Planeten. Auch die Technik, um die Partikelkonzentration möglichst tief zu halten, unterscheidet sich. In den Reinräumen von maxon strömt ständig gefilterte Luft hinein. Diese durchwirbelt die bestehende Luft, welche dann wieder abgeführt und gefiltert wird. Durch diesen ständigen Austausch wird die Luft sozusagen verdünnt, was ihre Partikelkonzen­tration angeht. Eine andere, etwas aufwändigere Technik, die bspw. in Operationssälen zum Einsatz kommt, nennt man Verdrängungsströmung oder englisch laminar flow. Hier strömt gefilterte Luft von oben nach unten, und das Ziel ist es nicht, die Luft aufzuwirbeln, sondern Partikel gar nicht erst im Raum schweben zu lassen.

Nicht alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von maxon eigenen sich für die Arbeit im Reinraum. „Durch die Miniaturisierung unserer Motoren braucht es hier besonders viel Fingerspitzengefühl und eine ruhige Hand“, erklärt Christian Kunde. Kein Wunder also, dass, wie in vielen anderen Produktionsräumen bei maxon, vor allem Frauen in den Reinräumen beschäftigt sind – und hier mit höchster Präzision Antriebe nach Reinheitsgebot herstellen.

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maxon motor gmbh

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