Anlagenbau & Prozesstechnik

Prüfungen flexibilisieren

Sicherheitseinrichtungen - Prüfzyklen verlängern, Prüfaufwand verringern

03.12.2019 - Prüfungen von PLT-Sicherheitseinrichtungen stellen deren Funktionstüchtigkeit sicher.

Die Heartbeat Technology kann wiederkehrende Prüfungen flexibilisieren.

Bedingt durch verschiedenen Sektornormen hat sich für Sicherheitseinrichtungen ein jährliches Prüfintervall als Stand der Technik eta­bliert. Dabei werden PLT-Sicherheitseinrichtung in der Regel durchgängig, also vom Sensor bis zum Aktor geprüft, dies ist jedoch immer mit organisatorischem Aufwand und häufig mit einer erheblichen Beeinträchtigung der Produktion verbunden. Der hohe Aufwand für die jährlichen Prüfungen und die damit verbundenen Anlagenstillstände und Ausfallzeiten haben zu einem verstärkten Bedarf nach flexiblen Prüfmethoden geführt – ohne die Sicherheit der Anlage zu beeinträchtigen.

Typische Normen der PLT-Sicherheitseinrichtungen wie die IEC 61511 ermöglichen bereits die Flexibilisierung der Prüfungen. Auch die Namur zeigt im Arbeitsblatt NA 106 „Flexible Prüfung von Feldgeräten in PLT-Sicherheitseinrichtungen“ verschiedene Ansätze dazu auf, wie

  • redundante Ausführung der PLT-Sicherheitseinrichtungen zur Durchführung von Prüfungen im laufenden Betrieb,
  • höhere interne Diagnosen innerhalb der Messgeräte (höhere Diagnostic Coverage) und die
  • Anpassung der Prüfstrategie.

Die NA 106 beschreibt die neuen Möglichkeiten einer flexiblen Prüfung basierend auf separierten Einzelprüfungen von Sensor, Aktor und Logiksystem. Dabei stellt sie mögliche, generische Prüfmodule mit unterschiedlichen Prüfschritten vor, um die individuellen Anforderungen hinsichtlich gewünschter Prüfintervalle und Prüftiefe zu erfüllen. Im Gegensatz zur durchgängigen Prüfung wird damit ein zeitlich gestaffeltes Prüfkonzept möglich. Diese Flexibilisierung der Prüfungen verbessert die Anlagenverfügbarkeit und Wirtschaftlichkeit bei gleichbleibender Sicherheit.

Genau hier setzt die Heartbeat Technology von Endress+Hauser mit den drei Säulen Diagnose, Verifikation und Monitoring an und bietet diverse Möglichkeiten zur Umsetzung dieser flexiblen Prüfungen in PLT-Sicherheitseinrichtungen.

Permanente Selbstdiagnose
In der Vergangenheit waren detaillierte Funktionsprüfungen von Sicherheitseinrichtungen häufig nur durch Ausbau oder durch externe Prüftools möglich. Dies war mit enormem Aufwand verbunden und in den meisten Fällen nur eine Momentaufnahme der Ist-Situation. Heute bietet die Heartbeat Technology eine integrierte Selbstdiagnose. Im Hintergrund laufen in den intelligenten Geräten permanent mehr als 80 interne Diagnosen ab – und das mit einer Dia­gnostic Coverage von bis zu 98 %. Dieses intelligente System erkennt gefährliche Gerätefehler zuverlässig, minimiert die Anzahl an gefährlich unerkannten Fehlern λDU und reduziert somit die Wahrscheinlichkeit von Ausfällen der Sicherheitseinrichtung. Dies gewährleistet einen sicheren Anlagenbetrieb, ermöglicht verlängerte Prüf­intervalle und reduziert somit den Prüfaufwand.

Die Heartbeat Diagnose bietet eine Möglichkeit zur flexiblen Planung und Durchführung der Wiederholungsprüfung und folgt dabei dem in der NA 106 beschriebenen Ansatz: „Der Diagnosedeckungsgrad (DC) ist die Prüftiefe einer automatisiert oder online (d. h. bei laufender Anlage) durchgeführten Prüfung […]. Der Diagnosedeckungsgrad unterscheidet sich von der Prüftiefe lediglich hinsichtlich seiner mathematischen Behandlung im numerischen SIL-Nachweis. Grundsätzlich kann jede Prüfung auch zur Diagnose umfunktioniert werden, […].“

Dokumentierte Verifikation ohne Prozessunterbrechung
Die geringen Ausfallwahrscheinlichkeiten, basierend auf der Heartbeat Diagnose, machen eine SIL-Wiederholungsprüfung häufig über die gesamte Gebrauchsdauer der Geräte obsolet. Aber vertrauen Sie diesem mathematischen Ansatz für Ihre Sicherheitseinrichtungen ohne jegliche Zusatzmaßnahmen? Eine zusätzliche Verifikation der Geräte ist mit der Heartbeat Technology einfach und unkompliziert möglich. Diese kann jederzeit – ohne dass die Messung unterbrochen wird – durch einen Tastendruck ausgelöst werden. Mit dem automatisch erstellten Verifikationsprotokoll kann gemäß gültigen Sicherheitsnormen dokumentiert werden, dass sich die Geräteparameter innerhalb der technischen Spezifikation befinden. Zusätzlich können systematische Fehler (z. B. falscher Einbau, Ansatz, Korrosion) aufgedeckt werden. Neben den Gerätekenndaten und den Prüfergebnissen werden im Verifikationsreport auch Langfrist-Kennwerte des Sensorsystems für eine Trendanalyse ausgegeben.

Erfordert die Kalkulation der Sicherheitseinrichtung zusätzlich eine wiederkehrende Prüfung mit einer Prüftiefe (PTC), so bietet die Heartbeat Verifikation einfache, durch Skizzen unterstützte Wizards zur Durchführung der wiederkehrenden Prüfung gem. Sicherheitshandbuch. Diese Wizards führen Schritt für Schritt durch die Prüfung und vermeiden somit systematische Fehler durch Fehlbedienung während der Prüfung.

Echtzeitdaten zur vorausschauenden Wartung
Während der Fokus bei PLT-Sicherheitseinrichtungen in der Vergangenheit auf mathematischen Berechnungen und damit auf zufälligen Fehler lag, werden heutzutage zunehmend auch systematische Fehler betrachtet. Auch das Namur Arbeitsblatt NA 106 fokussiert nicht nur auf die Aufdeckung zufälliger Fehler im Rahmen der wiederkehrenden Prüfungen, sondern betont auch die Notwendigkeit der Vermeidung systematischer Fehler im gesamten Lebenszyklus. Ein typisches Beispiel kann ein falscher Signalwert als Folge von z. B. Verschmutzungen, Verstopfungen, Korrosion, Abrasion, Eindringen von Feuchtigkeit ins Gehäuse, falschem Einbau, falscher Parametrierung, schlechter oder falscher Befestigungen usw. sein. Gerade in PLT-Sicherheitseinrichtungen ist daher das Erkennen dieser systematischen Fehler durch geeignete und eindeutig interpretierbare Parameter besonders wichtig, auch wenn diese nicht in die Berechnung der Prüftiefe einfließen.

Hier bietet die Weiterentwicklung der Diagnose-Algorithmen der Heartbeat Technology weitreichende Möglichkeiten. Anhand der gewonnenen detaillierten Geräte- und Prozessdaten können Trends identifiziert und eine vorausschauende Wartung durchgeführt werden. Ein Beispiel hierfür ist die Belags- oder Ansatz­erkennung bei Durchfluss- bzw. Füllstandsmessgeräten. Durch die genaue Messung der Belags-/Ansatzstärke können diese Informationen zur Ansteuerung von Reinigungszyklen genutzt werden. Dies bietet eine Möglichkeit, die Wartung zu optimieren. Weil die Gerätedaten in Echtzeit vorliegen, können sogar Konzepte zur vorausschauenden Wartung realisiert werden, hierdurch wird sowohl die Anlagenverfügbarkeit als auch die -sicherheit erhöht.

Fazit
Die Heartbeat Technology bietet umfassende Möglichkeiten, die Forderung nach flexiblen Prüfungen in PLT-Sicherheitseinrichtungen, wie in der IEC 61511 und der NA 106 beschrieben, umzusetzen. Die verschiedenen Bausteine der Heartbeat Technology ermöglichen eine Verlängerung der Prüfintervalle und damit eine Reduzierung des Prüfaufwandes, ohne dabei Kompromisse bei der Sicherheit einzugehen.