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Managementberatung T.A. Cook empfiehlt das Denken in Szenarien

Nach Corona-Krise auf dem Weg zum New Normal

15.06.2020 - Die Corona-Krise hat die prozessorientierte Industrie fest im Griff. Die weitreichenden Folgen fordern von Unternehmen schnelles Handeln bei maximaler Unsicherheit – denn die Auswirkungen sind aktuell weder in ihrer Schwere noch ihrer Dauer absehbar.

Doch welche Strategie hilft gegen die allgegenwärtige Ungewissheit? Für Dieter Körner, COO von T.A. Cook, lautet ein vielsprechendes Instrument: bei der eigenen Zukunftsplanung mehrgleisig fahren. Im Interview mit Oliver Pruys skizziert er Lösungsansätze in der Krise und darüber hinaus.

CHEManager: Herr Körner, die Corona-Krise trifft die gesamte Wirtschaft hart. Abgesehen von den offensichtlichen ökonomischen Folgen: Was treibt die Unternehmen, mit denen sie eng zusammenarbeiten, gerade um?

D. Körner: Es ist schlicht und einfach nichts mehr so, wie es vorher war. Natürlich befassen sich daher auch unsere Partner zunächst mit grundlegenden wirtschaftlichen Fragen. Ich habe eben erst die aktuellste Prognose der Wirtschaftsweisen gelesen, die für 2020 einen Einbruch von 3 bis 5% erwarten, je nach Szenario. Kein Unternehmen weiß, wie lange Notfallstrategien und die getroffenen Maßnahmen Sinn machen. Und noch weniger weiß es, ab wann und in welchem Tempo die Anlagenleistung wieder hochgefahren werden kann, um für den Neustart nach Covid-19 bereit zu sein und nicht den Anschluss zu verpassen.

Wie ist die konkrete Situation in den Anlagen, was beschäftigt die gesamte prozessintensive Industrie dort aktuell?

D. Körner: Das hängt von unterschiedlichen Einflussfaktoren ab, die je nach Branche und Unternehmen stark variieren. Zentrale Aspekte sind die Themen Supply Chain, also die weltweit an vielen Stellen unterbrochenen Versorgungsketten und der Bedarf. Viele können nicht sicher planen, wann, wie lange oder in welchen Mengen benötigte Ressourcen lieferbar sind. Umgekehrt wissen sie nicht, wie sich die Nachfrage entwickelt, da diese aktuell sehr fluktuiert. Das führt dazu, dass Unternehmen die Bedarfe ständig neu ermitteln und planen müssen. Herausforderungen in dieser  Form und diesem Ausmaß kannten unsere Partner bisher nicht. Hinzu kommen Parallelentwicklungen, die nichts mit der Corona-Krise zu tun haben – z.B. der stark fallende Ölpreis. Das ist für manche Unternehmen ein Vorteil, deren Produktion auf diesem Rohstoff basiert. Für die Raffinerie-Branche kommen hier dagegen zwei Negativtendenzen zeitgleich zusammen.

Das heißt im Ergebnis: Unternehmen können die Produktion nicht sicher planen, was auch die Planung sämtlicher Nebenprozesse erschwert?

D. Körner: Genau. In Branchen, in denen kontinuierlich produziert wird, fallen die angesprochenen Rohstoff-, Liefer- und Nachfrageproblematiken zwar vielleicht etwas weniger dramatisch aus – dort wird die Auslastung und damit die Produktion geregelt heruntergefahren. In Batch-Prozessen, wo Losgrößen produziert werden – z.B. in Teilen der chemischen Industrie – setzen Firmen verstärkt auf eine tagesaktuelle Fertigungsplanung. Sprich: Es wurden Task-Forces etabliert, die den Demand jeden Tag neu prüfen und bei Veränderungen gegensteuern. Diese Planungszyklen sind erheblich kürzer und aufwendiger als die bisherigen Planungshorizonte. Eine zusätzliche Herausforderung stellt die Verbreitungsrichtung des Virus dar, insbesondere für international agierende Unternehmen.

Warum das?

D. Körner: Wir können zwei globale Ausbreitungsströme des Virus beobachten: die Ost-West-Bewegung, also von China über Europa in Richtung USA, sowie eine Nord-Süd-Bewegung. Das verstärkt die Unsicherheit zusätzlich, weil die ohnehin schon komplexe Planung noch schwieriger wird. Schließlich können Firmen, die weltweit Standorte haben, keine sinnvolle Strategie fahren, wenn in einer Region das Virus ab- und gleichzeitig anderswo zunimmt.

"Benötigt wird eine Strategie, die der aktuellen Dynamik ­gerecht wird."

Nun haben wir bisher über prozessuale Aspekte gesprochen. Aber auch bzw. gerade der Faktor Mensch dürfte Ihre Kunden vor schwierige Aufgaben stellen…

D. Körner: Es ist wirklich interessant, wie Unternehmen damit umgehen. Nehmen Sie den Schichtbetrieb. Natürlich wird zunächst einmal Personal reduziert, um Gesundheitsrisiken zu minimieren und sich gleichzeitig ökonomisch möglichst gut aufzustellen. Damit die Abläufe oder Prozesse aber trotzdem reibungslos funktionieren, finden u.a. rein virtuelle Übergaben statt, sodass sich das Personal nicht mehr persönlich treffen muss. Das heißt: Die Unternehmen ergreifen – häufig digitale – Maßnahmen, die noch vor wenigen Monaten undenkbar oder langfristig realistisch gewesen wären. Bei solchen Verfahren unterstützen wir unsere Kunden. Solche Planungen werden an Schreibtischen erarbeitet, die weit weg von den Anlagen stehen. Das ist neu.

Beispiele wie dieses bringen uns auf die entscheidende Frage: Was können und sollten Unternehmen tun, um die Krise bestmöglich zu managen und Verluste zu minimieren?

D. Körner: Bei allen Unternehmen hat die Gesundheit der Mitarbeiter Priorität. Deshalb setzen wir Remote & Digital Projekte ein. Die wichtigste Maßnahme ist bei nahezu allen Unternehmen in vollem Gange: sämtliche Kosten auf den Prüfstand zu stellen und „gute“ von „schlechten“ Kosten zu unterscheiden. Das gilt neben den laufenden vor allem für künftige Ausgaben. Verschiedene Fragen werden aufgeworfen: Was mache ich mit einem geplanten Anlagenstillstand? Kann ich den Umfang reduzieren? Kann ich meine Stillstände in margenschwache Zeiten ziehen? Wie entwickelt sich die Kundennachfrage? Haben die Dienstleister die notwendigen Kapazitäten, um den Stillstand zu verschieben? Wie sehen Sicherheitsmaßnahmen und Restriktionen aus?

Das sind die wichtigen Fragen, zumal nicht alle Unternehmen Produktionsrückgänge verzeichnen. Manche fahren weiterhin annähernd auf Volllast. Unternehmen sind aufgefordert, viel stärker mehrdimensional zu denken.

Das Management vieler Betriebe unternimmt bereits eine ganze Menge. In welchen Bereichen sehen Sie noch Ausbaupotenzial?

D. Körner: Viele Unternehmen könnten ihre strategische Planung ausbauen. Betrachtet man die Krise aus wirtschaftspsychologischer Sicht, ist einer der häufigsten Fehler keinen Plan zu haben. Ohne Strategie reagieren Entscheidungsträger nachweislich hektisch und damit, zumindest teilweise, falsch. Die Herausforderung ist dabei, dass es den Plan nicht mehr gibt. Sie müssen in Szenarien denken und planen, also mehrere Strategien parallel entwickeln und mit konkreten Handlungsoptionen unterfüttern.  Was dann benötigt wird, ist das Navigieren zwischen Szenarien – eine Strategie, die der aktuellen Dynamik gerecht wird.

Das klingt aufwendig. Warum könnte sich der Aufwand lohnen?

D. Körner: Die Welt wird nach Covid-19 nicht mehr die gleiche sein. Es wird ein New Normal geben. Kein Wissenschaftler, kein Experte weiß, wie diese neue Normalität aussehen wird – auch ökonomisch nicht. Hier kommt die Szenarioplanung ins Spiel, um für die „ramp-up“-Phase bereit zu sein. Jedes Szenario sollte möglichst genau die Dauer und den Impact der Maßnahmen festlegen. Wie lange wird der Markt brauchen, um sich wieder zu erholen? Wie schnell wird die Nachfrage steigen? Wann kann ich meine Anlagen wieder auf Volllast fahren? Was macht der Wettbewerb? Wo muss ich aufgrund von Covid-19 noch mit Einschränkungen rechnen? Diese Fragen sollten in die Szenarien eingebunden sein. Im nächsten Schritt sollten Handlungsempfehlungen gegeben werden. Hier sehe ich bei vielen Unternehmen Unterstützungsbedarf.

ZUR PERSON

Dieter Körner koordiniert als COO die strategische Ausrichtung der internationalen Managementberatung. Mit mehr als 25 Jahren Erfahrung im Bereich Asset Management betreut er internationale Key Accounts aus der anlagenintensiven Industrie. Der studierte Betriebswissenschaftler hat einen MBA von der Universität in Passau. Vor seinem Wechsel zu T.A. Cook im Jahr 2007 war er als Direktor bei der H. Neumann International Management Consultants GmbH in München tätig, Partner bei Czipin Management Consulting und Senior Account Executive bei Proudfoot Consulting.

 

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