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CHEMonitor 1/2020 – Globale Supply Chain

Die Supply Chain der Zukunft ist glokal oder zirkulär

15.06.2020 - Chemiemanager vertrauen in den Standort Deutschland und internationale Lieferketten.

Deutsche Chemiemanager schätzen das nationale politische Umfeld in der Krise. Drei Viertel bewerten den Standort Deutschland mit „gut“ oder „sehr gut“, rund 20 Prozentpunkte mehr als noch im Oktober vergangenen Jahres. Auch die globale Supply Chain ist für Branchenexperten trotz Handelskonflikten und Covid-19-Pandemie kein Auslaufmodell, auch wenn sie einer strukturellen Anpassung bedarf.

Für das 34. Trendbarometer ­­CHEMonitor wurden Top-Manager der deutschen Chemieindustrie von Mitte Februar bis Mitte Mai 2020 befragt. Ein Schwerpunkt der gemeinsamen Konjunkturumfrage von CHEManager und des Beratungsspezialisten Camelot Management Consultants lag dabei auf globalen Supply Chains, ein Thema, das während des Umfragezeitraums aufgrund der Coronakrise nochmals an Aktualität gewann. Die Hälfte der Teilnehmer beantwortete die Fragen vor Beginn des Lockdowns im März, die andere Hälfte danach.

Chemiemanager bleiben zuversichtlich in der Krise

„Stärkung der Nachfrage, Investitionen in Bildung und Digitalisierung, Begrenzung der Sozialabgaben auf max. 40% – das Konjunkturpaket setzt an vielen Stellen die richtigen Akzente“, kommentierte Kai Beckmann, Präsident des Bundesarbeitgeberverbands Chemie (BAVC), die Maßnahmen der Bundesregierung Anfang Juni. Die Zufriedenheit mit dem Krisenmanagement in Deutschland spiegelt sich auch in den Ergebnissen der aktuellen ­CHEMonitor-Befragung wider. Insgesamt 76% aller Chemiemanager bewerteten den Standort Deutschland mit „gut“ oder „sehr gut“. Dabei lag der Anteil unter den Befragten, die während des Lockdowns antworteten, um 5,5 Prozentpunkte höher. Besonders positiv im Vergleich zum vergangenen Jahr entwickelte sich die Bewertung des Standortfaktors „politisches und rechtliches Umfeld“ (+ 12 Prozentpunkte).

„Zwar gehen die Manager der deutschen chemischen Industrie nach dem Lockdown erwartungsgemäß von einem starken Einbruch bei Umsatz und Ertrag aus. Eine im Vergleich dazu geringe erwartete Abnahme der Beschäftigungszahlen spiegelt jedoch die positive Einstellung wider, diese Krise zu überwinden und gestärkt aus ihr hervorzutreten“, beschreibt Jörg Schmid, Studienleiter des ­CHEMonitors bei Camelot, die Stimmung unter den Umfrageteilnehmern. Zur stabilen Beschäftigungsentwicklung trägt auch das wirksame Instrument der Kurzarbeit bei, das die Branche nach Angaben des BAVC bereits Anfang Mai für 90.000 Mitarbeiter bzw. 15% der Beschäftigten nutzte. Zudem haben viele Konzerne bereits im vergangenen Jahr einschneidende Personalmaßnahmen, insbesondere in der Verwaltung, angestoßen. So kündigte BASF 2019 an, etwa 3.000 Stellen bis 2021 in Deutschland abzubauen, während Bayer einen Abbau von rund 4.500 Stellen im gleichen Zeitraum plant. Beide Unternehmen haben dabei betriebsbedingte Kündigungen bis Ende 2025 ausgeschlossen. Die Phase des Beschäftigungsaufbaus in der Chemiebranche scheint damit auszulaufen. Die Unternehmen versuchen derzeit, ihre Belegschaften trotz der massiv zugenommenen Unsicherheiten zu halten – und das, obwohl nach der Prognose des Verbands der Chemischen Indus­trie (VCI) viele Unternehmen die Folgen der Coronakrise erst in den kommenden Monaten stark spüren werden und der Weg aus der Krise lange dauern wird. Die Branche rechnet damit, das Vorkrisenniveau nicht vor dem Jahr 2022 wieder zu erreichen.

Trotz Pandemie – Protektionismus bleibt größter Feind globaler Supply Chains

Ebenso wie an den Beschäftigten halten die Unternehmen an ihren Strategien der globalen Lieferketten fest. Nur ein Drittel der Befragten stimmte der Aussage „die globale Supply Chain ist ein Auslaufmodell“ voll (2%) oder teilweise (31%) zu. Dagegen widersprach mit zwei Dritteln die große Mehrheit der Manager dieser These. Die größten Herausforderungen für die globalen Lieferketten sehen die Manager im zunehmenden Protektionismus einzelner Staaten und in Handelskriegen (68%). Erst an Position zwei folgen Pandemien und Naturkatastrophen mit 63% der Nennungen. Einen stärkeren Fokus auf zirkuläre Lieferketten sehen 28% als eine Herausforderung für das Management globaler Supply Chains (Grafik 1).

Befragt nach den Auswirkungen dieser Herausforderungen auf das eigene Unternehmen, gaben 77% der Manager an, ihr Unternehmen spüre diese bereits, weitere 17% erwarten dies für die kommenden Jahre. Allerdings waren lediglich 20% der Unternehmen davon bereits heute deutlich betroffen, die meisten davon im Bereich der Beschaffung.

„Für die Chemieindustrie sind weltumspannende Lieferketten kein Auslaufmodell, aber sie werden neu aufgestellt. Die Post-Corona Supply Chain setzt auf die Balance von Kostenoptimierung auf der einen Seite sowie Sicherheit und Ökologie auf der anderen. Die Globalisierung im Sinne einer einfachen Kostenoptimierung weicht einer ‚Glokalisierung‘ in Form von lokalisierten Produktionen in globalen Supply-Chain-Netzwerken mit lokal angepassten Produktions- und Distributionsstrategien gemäß den jeweiligen wirtschaftspolitischen Vorgaben“, fasst Josef Packowski, Managing Partner bei Camelot Management Consultants, die Ergebnisse zur Supply Chain der aktuellen ­CHEMonitor-Befragung zusammen.

Diesen Trend bestätigen auch die Asienexperten von German Trade & Invest: China – lange Zeit bevorzugter Lieferant für viele Branchen – verliere schon länger an Attraktivität u. a. aufgrund steigender Kosten, vor allem jedoch durch den Handelskonflikt mit den USA. Viele Unternehmen suchen sich daher einen alternativen Lieferanten in Asien, wovon insbesondere ­Vietnam und andere ASEAN-Staaten profitierten. Die aktuelle Coronakrise beschleunigte den Trend der ­„China+1“-Strategie für die Lieferkette vieler Unternehmen nochmals.

Jeder dritte Manager nennt eine mittel- und langfristige Umstrukturierung der Versorgungsstruktur als Maßnahme, um den Herausforderungen beim Management globaler Supply Chains zu begegnen. Darüber hinaus gibt es einen Trend zur Regionalisierung der Lieferketten, diese Maßnahme wird von 21% der Befragten genannt (Grafik 2).

Kreislaufwirtschaft verändert Liefer- und Wertschöpfungsketten

Neben Handelskonflikten und Pandemie ist der Aktionsplan zur Kreislaufwirtschaft der Europäischen Union ein weiterer Treiber zur Restrukturierung bestehender Lieferketten. Kreislaufwirtschaft entkoppelt Wachstum von Rohstoffen und verknüpft so Wertschöpfungs- und Lieferketten neu miteinander; dabei entstehen neue, zirkuläre und oftmals regionalere Supply Chains.

17% der befragten Chemiemanager erwarten, dass sich die Rohstoffabhängigkeit der europäischen Chemieindustrie durch zirkuläre Supply Chains signifikant verringert, weitere 51% stimmen dieser Aussage zum Teil zu. Noch etwas höher ist der Anteil der Befragten, die eine verbesserte Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Chemieindustrie aufgrund der zunehmenden Bedeutung zirkulärer Supply Chains erwarten: Insgesamt 87% aller Teilnehmer der aktuellen ­CHEMonitor-Befragung stimmten dieser Aussage zu (Grafik 3).

Andrea Gruß, CHEManager

 

 

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