Märkte & Unternehmen

Mit neuer Energie

Hubert Fink, Mitglied des Lanxess-Vorstands, über die Energiewende und den Klimaschutz

26.01.2021 - Industrien zu transformieren, Energiequellen zu erschließen und Klimaziele zu erreichen sind Mammutaufgaben.

Industrien zu transformieren, Energiequellen zu erschließen und Klimaziele zu erreichen sind ­Mammutaufgaben. Wäre die Entscheidung, auf erneuerbare Energien zu setzen, eine rein ökologische könnte mein Text an dieser Stelle bereits wieder enden. Denn angesichts des rasant fortschreitenden Klimawandels haben fossile Brennstoffe schon aus Verantwortung für kommende Generationen keine industrielle Zukunft mehr. Doch noch ist der Einsatz erneuerbarer Energien für Chemieunternehmen wie Lanxess keine rein ökologische Frage, sondern auch eine der Machbarkeit. Und die lässt sich heute noch nicht zufriedenstellend beantworten.

Ambitionierte Ziele benötigen wettbewerbsfähige Rahmenbedingungen

Dabei verfolgen viele Unternehmen der chemischen Industrie klare Ziele: Lanxess bspw. will bis 2040 klimaneutral werden. Bis 2025 wollen wir unsere CO2e-Emissionen um 800.000 t senken, bis 2030 um weitere 800.000 t. Bis 2040 soll der Wert dann auf unter 300.000 t sinken, die wir in einem letzten Schritt mit Kompensationsmaßnahmen abbauen wollen.

Unsere ambitionierten Ziele können wir aber nur erreichen, wenn wir fossile Brennstoffe durch Strom aus erneuerbaren Energien ersetzen. Doch der ist aktuell weder in ausreichender Menge noch zu wettbewerbsfähigen Preisen verfügbar. Selbst Eigeninitiative würde daran nichts ändern: Würde Lanxess heute ein Windrad im Chempark aufstellen, müsste der Konzern EEG-Umlage und Netzentgelte zahlen. Schon vor der ersten Drehung unseres Windrads wäre das Vorhaben unwirtschaftlich.

Hier ist die Politik gefragt. Sie muss den massiven Ausbau der erneuerbaren Energien zu wettbewerbsfähigen Preisen vorantreiben. Dazu gehört, dass energieintensive Unternehmen entlastet werden und die Eigenstromerzeugung ermöglicht wird. Das ist nicht nur entscheidend für die wirtschaftliche Handlungsfähigkeit der deutschen Industrie, sondern hat auch einen direkten Einfluss auf die Umwelt. Denn nur so lässt sich sicherstellen, dass Chemikalien weiterhin mit hochmodernen und umweltschonenden Verfahren in Deutschland oder Europa produziert werden – und nicht unter deutlichen Belastungen für die Umwelt in Asien. 

Zwar gibt es neben der Nutzung erneuerbarer Energien, bei der der Strom unmittelbar verwendet wird, inzwischen auch die „synthetischen Energieträger“ wie bspw. Wasserstoff und gasförmige oder flüssige Kohlenwasserstoffe. Aber auch um sie zu produzieren, braucht es Strom. Und Wasserstoff ist nur dann „grün“, wenn er klimaneutral hergestellt wird. Dieser grüne Wasserstoff ist derzeit jedoch noch doppelt so teuer wie Strom. Technologisch also bereits eine Alternative, wirtschaftlich aber keinesfalls.

Förderung von Wasserstofftechnologien

Und Teil der „grünen“ Wahrheit ist auch, dass die Flächen in Deutschland nicht ausreichen, um ausreichend grünen Strom zu produzieren. Wir müssen uns also rechtzeitig darauf einstellen, dass Importe aus anderen EU-Ländern oder anderen Regionen notwendig werden. Dies könnte als Strom geschehen oder auch in Form von Wasserstoff. Übrigens zeigt eine aktuelle Studie, dass ein Großteil des Wasserstoffs bereits ab 2030 importiert werden muss. Hier muss die Politik schnellstens aktiv werden, muss wichtige Bündnisse und Kooperationen zu schmieden. Sonst bleibt Europa – und damit die deutsche Wirtschaft – am Ende wieder nur Zaungast.

Ein erster Schritt in die richtige Richtung ist sicher das Verfahren zur Förderung von Wasserstofftechnologien und -systemen, das die Bundesministerien für Wirtschaft und Energie und für Verkehr und digitale Infrastruktur am 14. Januar 2021 gestartet haben. Im Rahmen der „Important Projects of Common European Interest“ wollen die beiden Ministerien gemeinsam mit dem Bundesumweltministerium und den Bundesländern Projekte entlang der gesamten Wasserstoff-Wertschöpfungskette mit mehreren Milliarden Euro fördern.

Bis zu unserem selbst gesteckten Ziel „klimaneutral bis 2040“ sind es noch 20 Jahre. Auf den ersten Blick ein komfortables Zeitfenster. Doch energieintensive Industrien zu transformieren, alternative Energiequellen zu erschließen und ambitionierte Klimaziele zu erreichen – das sind Mammutaufgaben, die wir nur mit Unterstützung der Politik meistern können. Es ist ihr Handeln, auf das es nun ankommt.

Autor:

Hubert Fink ist seit Oktober 2015 Mitglied des Vorstands von Lanxess. Sein Studium der Verfahrenstechnik an der RWTH Aachen schloss er 1988 mit der Promotion zum Dr.-Ing. ab. Ein Zusatzstudium an der RWTH Aachen schloss er 1992 als Diplom-Wirtschaftsingenieur ab. Fink trat 1988 bei Bayer ein. Nach Aufgaben in der Produktion, im Anlagenbau und in der Konzernverwaltung übernahm er 2002 die Verantwortung für den Bereich Global Operations Semi-Crystalline Products im Teilkonzern Bayer Polymers. Im Zuge der Neugründung von Lanxess übernahm Fink 2004 die Leitung der Business Unit Semi-Crystalline Products. Im Lanxess-Vorstand ist er zuständig für die Bereiche Global Procurement & Logistics, Production, Technology, Safety & Environment und die Business Units Advanced Industrial Intermediates, Saltigo, High Performance Materials, Urethane Systems und Inorganic Pigments.

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