Anlagenbau & Prozesstechnik

Eine einfache Sache, aber …

Überlegungen zur Überdruckkapselung von Gehäusen in explosionsgefährdeten Bereichen

06.02.2021 - Die Überdruckkapselung ist eine effektive Methode, um elektrische ­Betriebsmittel bei der Verwendung in ­explosionsgefährdeten Bereichen zu schützen.

Trotz der simplen Handhabung bedarf es vor dem Einsatz ­dieser Technik jedoch einer professionellen Planung. Einige der häufigsten Probleme, die bei der Anwendung der Überdruckkapselung von ­Gehäusen auftreten, zeigt Pepperl+Fuchs hier auf.

Beim Betrieb von elektrischen Betriebsmitteln in explosionsgefährdeten Bereichen, egal ob es sich um brennbare Gase oder Staub handelt, müssen die Betriebsmittel so geschützt werden, dass sie weder einen Brand noch eine Explosion verursachen. Eine Gehäuselösung kann so geplant und konstruiert werden, dass darin verbaute elektrische Betriebsmittel keine Zündquelle darstellen. Das Betriebsmittel wird dazu in ein Gehäuse platziert, welches vor dem Eindringen von brennbaren Gasen oder der Staub aus der Umgebung geschützt ist. Diese Methode wird als Überdruckkapselung bezeichnet. Diese Zündschutzart ermöglicht den sicheren Betrieb des Betriebsmittels in einem Gehäuse, indem zunächst das Gas ‚ausgespült‘ oder der Staub abgewischt und anschließend während des Betriebs daran gehindert wird, in das Gehäuseinnere einzudringen. So werden durch eine Druckbeaufschlagung alle gefährlichen Stoffe außerhalb des Gehäuses gehalten.

Damit es in einer Gas- oder Staubatmosphäre zu einer Explosion kommt, müssen die in den Abbildungen 1a+b gezeigten Bedingungen erfüllt werden. Sofern mindestens einer der Faktoren entfällt, wird das Explosionspotenzial eliminiert. Durch das Fernhalten der Brennstoffe bzw. brennbaren Stäube aus dem Gehäuse­inneren können herkömmliche Betriebsmittel folglich in ihrer angedachten Funktion sicher betrieben werden.

Zweck der Überdruckkapselung

Der Zweck der Überdruckkapselung besteht darin, das Innere des Gehäuses ‚sauber‘ zu halten. Bei explosivem Gas wird das Gehäuse mit sauberer Luft oder Inertgas mit einer hohen Durchflussrate gespült, bis der gefährliche Gasgehalt unter der Zündstufe liegt oder vollständig beseitigt ist. Für Staubatmosphären ist ein solcher Spülvorgang jedoch nicht geeignet. Um Staub aus einem Gehäuse ausspülen zu können, müsste dieser zunächst vom Ablageort aufgewirbelt werden. Dazu bräuchte es einen sehr großen Volumenstrom.

Dies wäre jedoch kein effizientes Vorgehen, selbst wenn dies unter Umständen gelänge. Denn die aufgewirbelten Staubpartikel würden dem am Gehäuse angebrachten feinmaschigen Funkenfang erheblich zusetzen. Deshalb ist die effizienteste Methode brennbaren Staub zu entfernen, diesen einfach wegzuwischen. Nach manueller Reinigung des Gehäuses, wird das Gehäuse verschlossen und anschließend unter Druck gesetzt. Bei gefährlichen Gasen kann die Durchflussrate des Spülgases während der Druckerhaltung reduziert werden, wodurch der Druck im Inneren des Gehäuses trotz alledem weiterhin höher ist als die explosionsfähige Außenatmosphäre. Die niedrigere Durchflussrate gleicht lediglich eventuelle Leckagen aus dem Gehäuse aus.

Vorteile der Überdruckkapselung

  • Verwendung von Standardbetriebsmitteln möglich. (z.B. SPS, Frequenzumrichter, IPCs etc.)
  • Einfache Installation und Wartung
  • Für große Gehäuse und hohe Wärmeverlustleistungen weitaus günstiger als andere Zündschutzarten

Nachteile der Überdruckkapselung

  • Erfordert die Zufuhr von sauberer Luft oder Zündschutzgas
  • Für die Wartung im laufenden Betrieb ist ein Feuererlaubnisschein erforderlich
  • Nicht geeignet für Zone 0

Die Funktionsweise der Überdruckkapselung ist relativ einfach und leicht verständlich. Bei der Anwendung dieser Schutzart sind jedoch bestimmte Aspekte zu berücksichtigen, um Probleme bei Installation und Betrieb dieser Systeme zu vermeiden. Nachfolgend sind einige der häufigsten Probleme aufgeführt, mit denen Kunden konfrontiert wurden:

Integrität der Zündschutzgasversorgung (Luft oder Inertgas)

  • Um das Gehäuse vollständig zu spülen, bedarf es einer ausreichenden Luft- oder Inertgasversorgung. Während dem Spülvorgang müssen alle gefährlichen Gase aus dem Gehäuse gespült werden. Die Kompressorkapazität muss diesen Durchfluss für die Zeit bewältigen, die erforderlich ist, um das Gehäuse vollständig zu spülen.
  • Die Schutzversorgungsleitungen, die das Spülsystem versorgen, müssen für den erforderlichen Durchfluss ausgelegt sein. Werte im Bereich von 400–800 l/ min sind für das Durchspülen nicht unüblich. Hier erlaubt z. B. eine Ringleitung mit 12 mm Innendurchmesser längere Leitungslängen als eine 4 mm Stichleitung.
  • Eine Leckage des Gehäuses muss so weit wie möglich begrenzt werden. Selbst ein Gehäuse mit Schutzart IP66 wird eine Leckage aufweisen. Druckluft kostet Geld – und Inertgas, bspw. Stickstoff, kostet dementsprechend mehr. Eine sorgfältige Auswahl der Schrankdichtung kann sich schnell amortisieren.
  • Bei der Verwendung von Stickstoff oder einem anderen Inertgas sind die notwendigen Sicherheitsmaßnahmen für die Verwendung des jeweiligen Gases zu beachten. Dies ist notwendig, um Unfälle, wie bspw. Tod durch Erstickung zu vermeiden.
  • Das Schutzgas, mit dem das Gehäuse gespült und unter Druck gesetzt wird, wird auf das im Gehäuse befindliche Betriebsmittel geblasen. Nur wenn die Luftzufuhr sauber gehalten wird, bleibt auch das Innere des Betriebsmittels sauber.

Auswahl eines geeigneten Gehäuses

Die IEC/EN 60079- 2 ist die Norm für Überdruckkapselung und schreibt mindestens ein IP4X-Gehäuse vor. Wenn jedoch ein IP4X-Gehäuse verwendet wird, tritt höchstwahrscheinlich eine relativ hohe Leckage auf, was dazu führt könnte, dass eine große Menge an Schutzgas verschwendet wird. Je höher die Dichtigkeit des Gehäuses, desto weniger Gas ist erforderlich. Weniger Gas zu verwenden, führt zu geringeren Betriebskosten.

Ein großes Gehäuse muss möglicherweise verstärkt werden, um eine dauerhafte Verformung während des Spülens zu verhindern und die Leckage beim Spülen zu minimieren. Beispielsweise sind für ein großes Gehäuse von mehr als 2 m³ und einer Wandstärke von 1,5 mm Verstärkungen an der Tür und an den Seiten erforderlich. Neben der Größe und Materialstärke bestimmt der erforderliche Druck während der Spülung maßgeblich die Art und Weise wie das Gehäuse verstärkt wird. Vorübergehende Verformungen während des Spülens sind in den allermeisten Fällen akzeptabel.

Je nach Spüldruck ist für große Gehäuse eine Tür mit zusätzlichen Verriegelungen erforderlich. Schwachpunkte sind häufig Türen oder Wände, auf die die Spüldruckkraft ausgeübt wird.
Der Einsatz von Kunststoff- oder nichtmetallischen Gehäuse, die sich elektro­statisch aufladen können, ist zu vermeiden. Denn während die Luft durch das Gehäuse strömt, kann sich dieses ohne ordnungsgemäße Erdung statisch aufladen, was eine neue Zündquelle darstellen würde.

Auswahl eines geeigneten Gehäuses

  • Die IEC/EN 60079- 2 ist die Norm für Überdruckkapselung und schreibt mindestens ein IP4X-Gehäuse vor. Wenn jedoch ein IP4X-Gehäuse verwendet wird, tritt höchstwahrscheinlich eine relativ hohe Leckage auf, was dazu führt könnte, dass eine große Menge an Schutzgas verschwendet wird. Je höher die Dichtigkeit des Gehäuses, desto weniger Gas ist erforderlich. Weniger Gas zu verwenden, führt zu geringeren Betriebskosten.
  • Ein großes Gehäuse muss möglicherweise verstärkt werden, um eine dauerhafte Verformung während des Spülens zu verhindern und die Leckage beim Spülen zu minimieren. Beispielsweise sind für ein großes Gehäuse von mehr als 2 m³ und einer Wandstärke von 1,5 mm Verstärkungen an der Tür und an den Seiten erforderlich. Neben der Größe und Materialstärke bestimmt der erforderliche Druck während der Spülung maßgeblich die Art und Weise wie das Gehäuse verstärkt wird. Vorübergehende Verformungen während des Spülens sind in den allermeisten Fällen akzeptabel.
  • Je nach Spüldruck ist für große Gehäuse eine Tür mit zusätzlichen Verriegelungen erforderlich. Schwachpunkte sind häufig Türen oder Wände, auf die die Spüldruckkraft ausgeübt wird.
  • Der Einsatz von Kunststoff- oder nichtmetallischen Gehäuse, die sich elektro­statisch aufladen können, ist zu vermeiden. Denn während die Luft durch das Gehäuse strömt, kann sich dieses ohne ordnungsgemäße Erdung statisch aufladen, was eine neue Zündquelle darstellen würde.

Anforderung für Überdruckkapselungs­systeme bei Staubanwendungen

Alle Überdruckkapselungssysteme erfordern eine Druckentlastungsöffnung, selbst wenn es sich lediglich um eine Anwendung zur Druckhaltung handelt – wie bei Staubanwendungen üblich. Unter normalen Betriebsbedingungen solcher Staubanwendungen, bei denen das Gehäuse ausschließlich unter Druck gesetzt und nicht gespült wird, baut sich der Druck niemals so auf, dass ein Problem entstehen könnte. Damit ein Überdrucksystem jedoch ordnungsgemäß funktioniert, ist ein Druckminderer üblicherweise an die vorgeschaltete Schutzgasversorgung angeschlossen, um den Druck im Gehäuse stabil zu halten. Dazu wird der Regler üblicherweise auf einen niedrigeren Druck eingestellt als der vorgeschaltete Druck. Sollte der Regler ausfallen, kann er sich unter Umständen komplett öffnen. Dies würde bedeuten, dass zu viel Luft in den Schrank strömt. Wenn der Regler beispielsweise auf 1 bar eingestellt wurde, während der vorgeschaltete Druck bei 8 bar liegt, würde im Falle eines Ausfalls des Reglers der Druck im Gehäuse exorbitant steigen.

Ohne eine geeignete Druckentlastung würde ein quadratisches Gehäuse zu einem ‚runden‘ Gehäuse werden. Dies ist sicherlich nicht im Interesse des Anwenders. Deshalb ist die beschriebene Druckentlastungsöffnung unabdingbar. In Kombination mit einem Magnetventil kann auch eine Notkühlung realisiert werden. Sobald kalte Luft in das System eingebracht wird, strömt dies erwärmte Luft über die Druck­entlastung ab. Dadurch wird Energie aus dem Schrank abgeführt. Diese Kühlung der Betriebsmittel verlängert wiederum deren Lebensdauer. Zudem erhöht dies in gewissen Anwendungen die maximal zulässige Umgebungstemperatur für die überdruckgekapselte Gehäuselösung.

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