Chemie & Life Sciences

Fristen im Blick: UK-REACh

Ein Überblick über die REACh-Verordnung des Vereinigten Königreichs

11.02.2021 - Der Austritt des Vereinigten Königreiches (UK) aus der Europäischen Union (EU) ist vollzogen.

Damit gelten seit dem 1. Januar 2021 England, Schottland, Wales, also Großbritannien (GB) und Nordirland nicht mehr als Teil der EU. Für Nordirland wurde mit dem Nordirland-Protokoll umfassende Sonderregelungen beschlossen.

Eine der größten Änderung nach dem Brexit ist die eigene Chemikaliengesetzgebung in UK. Hierbei handelt es sich um eine Kopie des EU-REACh mit Stand 31. Dezember 2020. Die meisten rechtlichen Regelungen sind somit identisch zwischen der EU und UK. Nachfolgend gibt es keinen automatischen Abgleich zwischen EU- und UK-REACh.

Die zuständige britische Behörde ist die Health and Safety Executive (HSE). Registrierungsverpflichtungen gelten weiterhin ab 1 t/a Import/Herstellung, es sei denn der Stoff ist von einer Registrierung ausgenommen. Entsprechende Ausnahmen sind in den Anhängen IV und V der Verordnung aufgeführt.

Um der Registrierungsverpflichtung nachzukommen, haben GB-Firmen folgende Möglichkeiten:

  • Durchführung des Grandfathering-Prozesses, um ihre ehemaligen EU-REACh-Registrierungen innerhalb von 120 Tagen (bis 30. April 2021) unter UK-REACh zu notifizieren. Sie müssen zunächst nur grundlegende Daten einreichen. Eine ggf. übertragene EU-Registrierung bleibt hiervon unberührt.
  • Nachgeschaltete Anwender ohne eigene EU-Registrierung können zur Wahrung ihrer Lieferkette innerhalb von 300 Tagen (bis 27. Oktober 2021) eine Downstream User Import Notification (DUIN) durch Bereitstellung grundlegender Daten einreichen und werden somit zu Importeuren.
  • Unmittelbare Neuregistrierung mit einem vollständigen Dossier und den entsprechenden Gebühren.

Grundlegende Daten im Sinne des Grandfathering-Prozesses sind u.a. die EU-REACh Registrierungsnummer, das Datum der Registrierung, die Identität des Registranten/der Substanz oder Informationen zu Herstellung/Verwendung.

Bei einer DUIN reichen im generellen die Angaben aus dem Sicherheitsdatenblättern. GB-Firmen brauchen nur Daten einzureichen, welche Ihnen auch zur Verfügung stehen.

Nach der Notifizierung durch GB-Firmen müssen – je nach angemeldeten Mengenband bzw. Gefährdungspotenzial der Substanz – vollständige technische Dossiers eingereicht werden. Die Fristen sind:

Im Grandfathering-Prozess erhebt die HSE keine Gebühren. Eine DUIN gilt als Neuregistrierung und wird, falls die Registrierung abgeschlossen wird, mit den entsprechenden Registrierungsgebühren belegt.

Für Nicht-GB-Firmen (Hersteller, Formulierer und Erzeugnis-Hersteller) gilt, dass sie einen GB-ansässigen Alleinvertreter (Only Representative) beauftragen können, im Namen ihrer GB-Kunden eine DUIN einzureichen. Dies gilt nur für Stoffe, die bereits vor dem 1. Januar 2021 nach GB gehandelt wurden und EU-REACh-registriert waren. Für alle anderen erstmalig importierten Stoffe gilt, dass die Nicht-GB-Firmen einen GB-Alleinvertreter benennen können und ihre Substanzen dann unmittelbar mit den entsprechenden Gebühren registrieren müssen.

Was ist "Comply with UK-REACh"?

Das UK-REACh-IT System nennt sich „Comply with UK-REACh” und ist seit dem 1. Januar 2021 online. Für diesen Dienst ist ein „Government Gateway“ und ein Konto beim Department for Environment, Food and Rural Affairs (DEFRA) notwendig. Britische Alleinvertreter müssen zusätzlich ein "übergeordnetes" Konto („Parent“ Account) für sich selbst und "untergeordnete" Konten („Child“ Account) für die von Ihm vertretenen juristischen Personen einrichten. Eine entsprechende Anleitung wurde seitens der HSE veröffentlicht. Die UK-REACh-IT akzeptiert nur Einreichungen im IUCLID 6-Format und kann u.a. zur Durchführung des Grandfathering-Prozesses, Einreichung einer neuen UK-REACh-Registrierung, Einreichung einer DUIN, Einreichung einer Nordirland-Meldung oder Übertragung von Registrierungen genutzt werden.

Freihandelsabkommen zwischen EU und UK

Die vorläufigen Dokumente zum Freihandelsabkommen zwischen der EU und UK wurden am 31. Dezember 2020 im Amtsblatt der EU (Eintrag L 444) veröffentlicht. Unter anderem wurde Zollfreiheit für den Warenverkehr zwischen UK und der EU, sowie Erleichterungen für kleine und mittlere Unternehmen beschlossen. Details zu Chemikalien sind im Anhang enthalten: Der Handel zwischen den Partnern soll erleichtert und eigene Chemikalienregulieren für die Handelspartner festgelegt werden können. Dies betrifft auch die REACh- und CLP-Verordnung. Ein direkter Datenaustausch zwischen den IT-Systemen der Chemikalienbehörden wurde nicht vereinbart.

Sicherheitsdatenblätter

Auch die CLP-Verordnung der EU wurde in eine UK-CLP-Verordnung überführt. Eine wichtige Änderung ist, dass ab dem 1. Januar 2021 (ohne Übergangsfrist) der GB-Importeur auf dem Sicherheitsdatenblatt eingetrgen werden muss.

Meldungen an Giftinformationszentren

Unter UK-REACh gibt es eine gebührenfreie und freiwillige Art der Produktmeldung (Poison Center Notifications, PCN). Die nach UK-CLP geforderten Unterlagen können mittels eines Sicherheitsdatenblatts an die zuständige Behörde (National Poisons Information Service, Birmingham Unit) übermittelt werden.

Nordirland-Protokoll

Im NI-Protokoll, als integraler Bestanteil des Austrittsvertrages zwischen der EU und GB, ist u.a. festgehalten, dass in NI weiterhin bestimmte EU-Gesetze gelten. Hierzu gehören der Zollkodex der Union, sowie EU-REACH. Das Protokoll findet für mind. 4 Jahre nach Ende des Übergangszeitraumes Anwendung.

Eine Besonderheit unter UK-REACh ist die Nordirland-Meldung (Northern Ireland notification, NIP-NOTS). Diese ist für GB‑Importeure oder nachgeschaltete Anwender von ‚qualifizierten nordirischen Waren‘ (Qualifying Northern Ireland Goods, QNIGs) relevant. Die britischen Behörden haben hierzu eine detaillierte „QNIG“-Anleitung veröffentlicht. Weitere Informationen zu den einzureichenden Informationen und allgemein zu den NIP-NOTS, können hier eingesehen werden.

Wo finde ich Was?

Aktuell sind keine finalen, konsolidierten Rechtstexte zu UK-REACh, UK-CLP etc. verfügbar.
Informationen zu den Gesetzen finden sich auf der Seite der HSE bzw. der Rechtstext Datenbank des Vereinigten Königreiches.

Handlungsempfehlung

Seit dem 1. Januar 2021 gilt das neue UK-REACh in Großbritannien. Jeder sollte daher seine eigene Rolle in der Lieferkette prüfen und notwendige Schritte zur Aufrechterhaltung der Lieferkette durchführen. Insbesondere sollte geklärt werden, welche Möglichkeiten für eine Registrierung bzw. Meldung von Substanzen, Gemischen oder Produkten zur Verfügung stehen. Dabei sollten auch die vorhandenen Fristen im Blick behalten werden.

Autoren:

Zur Person:

Vivien Gutknecht unterstützt als Teamleiterin REACh sowohl Non-EU-Kunden hinsichtlich derer EU-REACh-Konformität (Alleinvertreter-Regelung) als auch EU-Kunden in Bezug auf EU-REACh, wobei ihr Augenmerk seit 2019 bei der UMCO auf Co-Registrierungen liegt. Durch die Zusammenarbeit mit verschiedenen Kooperationspartnern weltweit, setzt sich die studierte Nanowissenschaftlerin besonders mit dem internationalen Registrierungsmanagement (z.B. Korea, Türkei, Eurasia und UK/Brexit) auseinander.

Zur Person:

Alexander Weißenberg berät bei UMCO seit 2020 als studierter Chemiker und Toxikologe Unternehmen in allen Belangen zu REACh. Sein Fokus liegt hierbei insbesondere auf Co-Registrierungen und das Alleinvertreter-Management. Eine besondere Leidenschaft hat er für spezifische Fragestellungen zum Brexit und dem neu eingeführten UK-REACh.

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