Forschung & Innovation

Kontaminationsfreie ­Sterilitätstests

Zeitsparende und wirtschaftliche Durchführung mittels H2O2-Begasung

01.09.2021 - Die Dekontamination durch H2O2-Begasung in Isolatoren hat sich als technischer Standard etabliert. Unter den üblichen Begasungsverfahren zeigt das Nebelverfahren in der Praxis große Vorteile für Sterilitätstests in der Pharma­industrie.

Im Bereich der Medikamentenfertigung und Produktionsüberwachung gelten besonders strenge hygienische Maßstäbe. Daher liegt großes Augenmerk auf den Sterilitätstests für medizinische Produkte, mit denen die Produktqualität regelmäßig durch Stichproben überprüft wird. Daraus ergibt sich zwingend, dass auch die Testumgebung steril sein muss, um Kontamination mit Partikeln und Mikroorganismen oder Kreuzkontamination mit anderen Messreihen zu vermeiden.

Sterilitätstest werden daher in Isolatoren durchgeführt, die als Überdruckkammern der Reinraumklasse A (ISO 5) konzipiert sind. Die umgebende Raumluft — typischerweise ein Reinraum D (ISO 8) — wird vom Belüftungssystem des Isolators angesaugt, über Schwebstofffilter auf Reinraumklasse A gebracht und für maximalen Produktschutz unidirektional durch den Nutzraum geführt. Permanente Partikelzählung und Luftüberwachung im Isolator gewährleisten dabei eine saubere Arbeitsumgebung.

Biodekontamination mit H2O2

Vor den Tests erfolgt die nötige Biodekontamination möglicher Mikroorganismen auf den Oberflächen von Produktbehältern sowie der Testausstattung. Dabei lassen sich sowohl einzelne Arbeitsbereiche separat, wie z. B. Schleusen, als auch der gesamte Innenraum behandeln. Dafür gilt die H2O2-Begasung als aktueller und künftiger Standard und es stehen zwei unterschiedliche Methoden zur Verfügung:

  • Trockenverfahren
  • Nebelverfahren

Deutliche Verfahrensunterschiede

Beim Trockenverfahren wird gasförmiges Wasserstoffperoxid erzeugt und in die Isolatoratmosphäre eingebracht. Beim Nebelverfahren wird entweder eine konzentrierte H2O2-Lösung auf einer heißen Platte verdampft und in den Kammern verteilt — auch VHP-Technologie (vaporized hydrogen peroxide) genannt. Oder die Lösung wird mittels Sprühtechnik direkt und sehr fein über spezielle Düsen in der Kammer verteilt. In beiden Fällen bildet sich ein mikrobiologisch wirksamer Film auf den Oberflächen, der als Mikrokondensation bezeichnet wird.

In der Praxis zeigen sich Unterschiede, die sich direkt auf Prozesskosten und Einsatzbreite auswirken. Beim Trockenverfahren herrschen im Arbeitsraum Temperaturen von 40°– 60° C, sodass die Einsatzmöglichkeiten auf temperatur­unempfindliche Produkte beschränkt sind. Für einen wirksamen Prozess ist eine Luftfeuchte unter 30 % notwendig, wodurch zusätzlich ein Arbeitsschritt zur Entfeuchtung nötig wird. Ein weiterer Aspekt ist die Kondensation des H2O2 auf Metall- oder Glasoberflächen der Isolatoren. Deren Wände müssen daher oft mit Heizschleifen ausgerüstet werden, was erhöhte Betriebskosten zur Folge hat.

„Wie lange dauert das?“

Die zentrale Rolle für Anwender spielt der Zeitfaktor, der den größten Einfluss auf Prozesskosten, Effizienz und Anlagenverfügbarkeit hat. Beim umfangreichen Zyklus „Beladung — H2O2-Erzeugung und Konzentrationsaufbau — Dekontamination — Sterilitätstest — Belüftung — Ausschleusen“ sind die Wartezeiten für den Konzentrationsaufbau, die Dekontamination sowie die Belüftung die zeitbestimmenden Phasen. Da solch ein Zyklus nicht nur routinemäßig über Nacht, sondern auch vor jeder Produkteinschleusung und gemäß prozessbedingten Vorgaben notwendig wird, ist ein schneller Zyklus bei gleichbleibend zuverlässiger Dekontaminationsleistung Grundlage einer effizienten Zeitplanung im Prüflabor.

Unter den Begasungsverfahren zeigt das Nebelverfahren mittels Sprühtechnik deutliche Vorteile, weshalb Carlo Erba Reagents bei ihren Isolatoren ausschließlich auf diesen Prozess setzt. Den größten Einfluss hat das direkte Einsprühen des H2O2, das praktisch sofort die biologisch wirksame Dosis in den Isolatoren aufbaut, während beide Alternativverfahren deutlich mehr Zeit aufwenden. Zugleich wird insgesamt weniger H2O2 benötigt, was die laufenden Kosten des Systems senkt. Eine Regulierung der Luftfeuchte entfällt, sofern die Medikamente selbst das nicht notwendig machen. Muss nur eine Schleuse dekontaminiert werden, was bspw. bei gleichbleibenden Produkt­serien der Fall ist, verfügt der Isolator über eine Schnellbegasung. Diese nimmt in der Regel weniger als 15 Minuten in Anspruch.

Ausgereifte Filtertechnik

Die Belüftung hängt davon ab, ob der Arbeitsraum über eine Abluftanlage verfügt. Ist dies nicht der Fall, wird die Isolatoratmosphäre zunächst über einen Katalysator geleitet, der H2O2 in Wasser und Sauerstoff spaltet, bevor die Luft in den Raum abgegeben wird. Bei bestehenden Abluftleitungen wird die Isolatoratmosphäre direkt und zeitsparend in diese abgeleitet.

Der Einfluss der Filtertechnik auf die Belüftungsphase wird aktuell noch unterschätzt. Die meisten Isolatoren nutzen HEPA-Filter aus Glasfaser. Diese besitzen die Eigenschaft, H2O2 im Begasungsprozess zu adsorbieren und beim Belüften auszugasen. Carlo Erba Reagents stattet alle Geräte mit ePTFE-Filtern aus. Diese speichern kein H2O2 und ermöglichen im Vergleich eine zeitsparendere Belüftung. Das Filtermaterial ist mit Standzeiten von rund 10.000 Betriebsstunden zudem beständiger, was die Systemverfügbarkeit erhöht und die laufenden Kosten senkt.

Vollintegriertes Steuerungssystem

Jedes Begasungsverfahren benötigt einen eigenen Generatortyp für die H2O2-Erzeugung. Grundsätzlich wäre es möglich, bestehende Isolatoren mit externen Generatoren auszustatten und über Schnittstellen in die Isolatorsteuerung zu integrieren. In der Praxis kann das zu Steuerungsfehlern führen oder dazu, dass nicht alle Schritte vollautomatisch ablaufen.

In den Systemlösungen sind die Komponenten von Beginn an integriert und die komplette Steuerung läuft bedienerfreundlich über ein einziges Bedienfeld. Die Steuerung verfügt daher auch über automatische Sicherheitsfunktionen, sodass die Schleusentüren bspw. nicht geöffnet werden können, solange die integrierte Messtechnik noch zu hohe H2O2-Konzentrationen misst.

Dem Reinraum angepasste Bauweise

Ein weiterer Vorteil ergibt sich aus der vollständigen Einhausung des Systems: Der H2O2-Generator ist im Gehäuse verbaut. Das hilft signifikant, die Reinraumklasse zu erhalten, Partikelquellen zu minimieren und ermöglicht zeitsparenden Unterhalt und Reinigung. Auch im Servicefall oder bei regelmäßigen Validierungen wird nur ein Ansprechpartner benötigt. Das minimiert die Standzeit des Systems und erleichtert die Abläufe.

Alle Systeme werden mit einem kompletten Validierungspaket angeboten einschließlich Design Qualification (DQ), Factory Acceptance Test (FAT), Installation Qualification (IQ) und Opera­tional Qualification (OQ). Ob Serienprodukt oder Konfektionierung nach Kundenwunsch, die Isolatoren entstehen auf Basis von 2D-Entwürfen und 3D-Modellen, damit die jeweils bestehenden technischen Anforderungen und gewünschten H2O2-Zykluszeiten optimal eingehalten werden.

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