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Veto gegen Industriepolitik

VAIS befürchtet durch den Ausgang der Bundestagswahl erhebliche Auswirkungen auf die Standortbedingungen in Deutschland

15.09.2021 - Der ursprünglich den Römern zugeschriebene Ruf zum Einspruch gegen Entscheidungen, wurde erst im Polen des 17. Jahrhunderts gebräuchlich. Dieses Einspruchsrecht beschreibt heute in einem formell definierten Rahmen einen wichtigen Aspekt demokratischer Rechtsstaaten.

Allerdings haben Einsprüche auch aufschiebende Wirkung.

In einem Land wie Deutschland, in dem sich mittlerweile zu fast jeder Entscheidung rechtsstaatlicher Organe Widerstandsfronten wie von selbst bilden, hat dies Folgen: Wir mögen uns zwar als Weltmeister der Planung sehen, aber leider kommen wir in der Umsetzung kaum mehr aus der Kreisklasse heraus. Wir setzen uns Ziele und erreichen sie nicht schnell genug oder gar nicht. Das ist gerade im internationalen Vergleich als Wirtschafts- und Exportnation fatal.

Transformation und Reformen

Auch der Vorschlag der Grünen, ein Klimaschutzministerium mit Vetorecht zu etablieren, passt in diese Landschaft. Angesichts der zu erwartenden Verfehlung der Klimaziele, Stichwort „Fit for 55“,  zwar aus grünem Blickwinkel verständlich. Leider ist gut gemeint nicht gut gemacht. Der notwendige Transformationsprozess zur Erreichung der Klimaziele wird nicht gelingen, wenn er nicht mit wirtschaftlichem Wachstum verknüpft ist. Dazu bedarf es zeitnaher Umsetzung der erforderlichen Maßnahmen. Davon ist aber in einem selten inhaltslosen Wahlkampf wenig zu hören. Vielmehr bleiben bei den Parteien zu viele Themen auf der Brems- statt auf der Überholspur. Veto!

Beispiel Reform der Unternehmensbesteuerung: Diese ist im internationalen Vergleich zu hoch. Steuerpolitik muss wettbewerbsfähiger machen, also Investitionen erlauben und Wachstum schaffen. Gerade für den deutschen Mittelstand, dem die meisten unserer VAIS-Mitglieder zuzuordnen sind, ist dies überlebenswichtig. Auch Staatsverschuldung abzubauen, gelingt am verträglichsten so. Die angebotenen Rezepte verheißen allerdings nichts Gutes, da entweder der Status quo erhalten oder die Belastungen nur gering verbessert werden. Von den ideologischen Ansätzen der Linken ganz zu schweigen. Veto!

Auch die Sicherung einer bezahlbaren Energieversorgung ist ungelöst. Mit dem Umbau der Schlüsselindustrien hin zur Klimaneutralität wird ein  dramatisch höherer Strombedarf auf uns zukommen. Da dieser „grün“ sein muss, ist ein schnellerer Ausbau erneuerbaren Energien, aber auch eine höhere Importrate von Nöten und das zu niedrigeren Preisen. Wie das im angestrebten Zeitplan bis 2030 bzw. 2045 bei langsamen Genehmigungsverfahren und den praktizierten Einspruchsverfahren, der EEG-Umlage und ohne AKW und Kohle möglich sein soll, bleibt unbeantwortet. Die Verknappung der CO2-Zertifikate hilft da nicht. Veto!

Die dringend erforderliche Verbesserung der Infrastruktur und das Desaster beim Thema Digitalisierung, ob Ausstattung, Ausbildung, Verwaltung, oder auch dem seit Jahren verschleppten Breitbandausbau, wird nicht entschlossen genug angegangen. Auch hier behindern Einspruchsverfahren, übertriebener Datenschutz und die föderalen Unstimmigkeiten den zeitnahen Fortschritt. Veto!

Soziale Verantwortung und Technologieoffenheit

Mit dem Lieferkettengesetz sieht sich die deutsche Exportindustrie mit in seinen Auswirkungen nicht durchdachten Vorgaben konfrontiert. Zur Verhinderung von Menschenrechtsverletzungen konzipiert, wird es gerade für mittelständische Unternehmen zum Bürokratiemonster. Zudem werden die Menschen in vielen betroffenen Ländern nicht profitieren. Deutsche Auftraggeber werden sich zurückziehen, andere Marktteilnehmer das Vakuum nutzen. Veto!

Stichwort Technologieoffenheit: In einem Land, das zu Recht stolz auf seine Leistungen in Wissenschaft und Technik sein kann, scheint man in der Politik zu glauben, dass voreilige Festlegungen auf noch nicht ausgereifte Technologien der beste Weg ist. So die Verkündung vom Ende des Verbrennungsmotors. Die einseitige Ausrichtung auf den Elektromotor ignoriert die Möglichkeiten anderer Technologien. So wird Wasserstoff zwar als emissionsfreier Energieträger gefördert (vorausgesetzt er ist grün), andererseits als sauberer Benzinersatz ignoriert. Veto!

Angesichts der bevorstehenden Bundestagswahl und den wenig überzeugenden Konzepten dürfte klar sein, dass der Ausgang erhebliche Auswirkungen auf die Standortbedingungen in Deutschland haben wird. „Wehe, wehe, wenn ich auf das Ende sehe“, argwöhnte schon Wilhelm Busch. Oder um es mit dem Münchner Original Karl Valentin zu sagen:„Hoffentlich wird‘s nicht so schlimm wie es jetzt schon ist.“ Veto!

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