Chemie & Life Sciences

Die Zukunft der Waschmittelbewertung

Warum das Riechverhalten von Verbrauchern bei der Bewertung von Waschmitteln einbezogen werden sollte

13.10.2021 - Die Herausforderung – Industriestandards und aktuelle Testroutinen berücksichtigen derzeit nicht die Verbraucherbedürfnisse in Bezug auf Gerüche.

Die Waschmittelindustrie hat es sich zur Aufgabe gemacht, den Verbrauchern auch unter umweltschonenden Bedingungen möglichst optimale Textilpflege zu ermöglichen. Moderne Waschmittel helfen Konsumenten, ihre Kleidung gründlich zu reinigen, frisch zu riechen, sich in ihrer Kleidung und ihrem Zuhause sicher zu fühlen und der Welt die beste Version ihrer selbst zu präsentieren. Waschen ist eine von Natur aus persönliche Aufgabe, bei der der Verbrauchernutzen das Rückgrat der Produktentwicklung bildet – Formulierungsprioritäten, Leistung und Ansprüche.  

Waschmitteltests und Industriestandards spiegeln diese Prioritäten wider. Vergleichende Produkttests bewerten viele Parameter, wie die Schmutzentfernung, dem Schutz vor Vergrauung und der Flecken­entfernung.  Ferner wird das Erscheinungsbild von Textilien nach häufigem Waschen bewertet. Auch andere Produktdimensionen werden oft betrachtet, wie z. B. die Nachhaltigkeit der Rezeptur, die Duftpräsenz, Handhabbarkeit und Design der Verpackung und die Haltbarkeit, auch wenn diese nicht mit bestehenden Waschmittelstandards gemessen werden.

Diese Parameter sind von entscheidender Bedeutung für die Bewertung von Waschmittelprodukten und spiegeln wichtige Entscheidungskriterien für Verbraucher wider. Und sie werden es auch bleiben. Aber es gibt ein weiteres überaus wichtiges Kriterium für Verbraucher, welches bei der standardmäßigen Leistungsbewertung von Waschmitteln nicht berücksichtig wird: die Beseitigung von schlechten Gerüchen.

Geruch ist für Verbraucher genauso wichtig wie sichtbare Reinigung
Ein erheblicher Teil der Verbraucher gibt heute an, dass der Geruch eines der wichtigsten Kriterien für die Beurteilung des Waschergebnisses ist. Eine Konsumentenstudie, die bei Novozymes durchgeführt wurde, bestätigt, dass Waschmittelnutzer fast immer als allererstes an einem Artikel riechen, wenn sie Kleidung nach dem Waschen aus der Waschmaschine nehmen. Und wer kennt nicht das Phänomen, dass Textilien oft nach einiger Zeit der Lagerung im Schrank oder beim ersten erneuten Tragen zu riechen beginnen, auch wenn sie nach dem Waschen geruchsfrei erschienen. Schnuppern ist auch eine gängige Angewohnheit für die endgültige Entscheidung, ob ein Kleidungsstück wieder getragen oder direkt in den Wäschekorb geworfen wird.

Schon eine geringe Menge übler Gerüche (insbesondere Schweißgeruch) hinterlässt beim Verbraucher ein Unbehagen und verursacht negative Gefühle wie Scham, Verlegenheit oder Befangenheit. Als Verbraucher sind wir für dieses Thema besonders sensibel, da Gerüche zutiefst persönlich sind und von anderen leicht wahrgenommen werden. Es ist ein großes Anliegen für Verbraucher auf der ganzen Welt, welches wir jedoch mit heutigen standardisierten Methoden der Waschmittelindustrie nicht bewerten.
Die Frage ist: Wie können wir diese Unterschiede im verbliebenen schlechten Geruch nach dem Waschen messen und bewerten? Und noch wichtiger für die Industrie: Wie lässt sich die Fähigkeit verschiedener Waschmittel, den verbleibenden Schweißgeruch zu verringern, verbraucherrelevant, aber auch reproduzierbar, vergleichend bewerten?

Neue Methoden zur Bewertung sensorischer Parameter von Waschmitteln
Zur Bewertung des Restgeruchs können verschiedene analytische Methoden mit unterschiedlichen Profilen in Bezug auf Komplexität und Reproduzierbarkeit eingesetzt werden. Ihre Nachteile sind jedoch, dass sie äußerst schwer zu standardisieren wären und in ihrer Verbraucherrelevanz begrenzt sind. Echte getragene Artikel enthalten Schweiß, Talg, Öle, Hautzellen und sogar ausgeschiedene Hormone, die von Verbraucher zu Verbraucher stark variieren und die Geruchsentwicklung auf inkonsistente Weise beeinflussen, was in analytischen Tests kompliziert zu replizieren ist.  

 

„Die Waschmittelindustrie benötigt reproduzierbare, gut differenzierende und verbraucherrelevante Geruchsbewertungsverfahren, die in vergleichenden Tests verwendet werden können.“

 


Die Waschmittelindustrie benötigt reproduzierbare, gut differenzierende und verbraucherrelevante Geruchsbewertungsverfahren, die in vergleichenden Tests verwendet werden können.

Zusammenarbeit für eine praktikable Methodik
Zu diesem Zweck hat Novozymes gemeinsam mit den Hohenstein Instituten eine reproduzierbare Methode zur Geruchsbewertung entwickelt. Das Verfahren ist verbraucherrelevant und für die Aufnahme in ein vergleichendes Waschmittel-Testsystem geeignet. Diese neue Geruchsbewertung basiert auf der bestehenden Wasch- und Tragemethodik, die in der Branche bekannt ist und sich über Jahre bewährt hat. Sie wurde um sensorische Prüfungen erweitert, die aus anderen Anwendungsbereichen bekannt ist.

In diesem Setup werden normale Baumwoll-T-Shirts und/oder auf Figur geschnittene Polyester-Sport-T-Shirts vorgewaschen und an eine Gruppe von Teilnehmern ausgegeben. Die T-Shirts werden von den entsprechenden Teilnehmern einen ganzen Tag lang getragen. Teilnehmer, die die Sport-Shirts tragen, werden gebeten, eine Stunde körperliche Bewegung mit ausreichender Intensität durchzuführen. Nach Gebrauch werden die Shirts eingesammelt, gewaschen und wieder ausgegeben. Zyklenzahl, Textilien, Waschbedingungen und die Art der Aktivität können bei dieser Methode modifiziert werden, um bei Bedarf das Verhalten eines Zielsegments von Verbrauchern abzubilden.

Nach einer definierten Anzahl von Wasch- und Tragezyklen werden gewaschene T-Shirts nach der VDI-3882-Skala auf Schweißgeruchsintensität bewertet. Hier wird eine Einstufung von 0 (keine Wahrnehmung von Schweißgeruch) bis 6 (extremer Geruch) verwendet. Die Auswertung erfolgt durch geschulte Panelisten mit einem Pure-Sniff-Gerät, das auf eine definierte Temperatur und Luftfeuchtigkeit eingestellt wird. Es kann darüber hinaus eine Bewertung durch ungeschulte Panelisten durchgeführt werden, die als „Verbrauchernasen“ bezeichnet werden, was zusätzliche Einblicke in Bezug auf die Wahrnehmung im Haushalt ermöglicht. Darüber hinaus kann mit dieser Methode auch die Duftintensität des Parfüms bewertet werden, womit das vollständige Verbrauchererlebnis widergespiegelt werden kann.

Bei der Bewertung von Waschmitteln mit dieser Methodik wurden deutliche Unterschiede zwischen Waschmittelformulierungen beobach­tet. Diejenigen, die entwickelt wurden, um auch unsichtbaren Schmutz zu entfernen, welcher die häufigste Ursache für verbleibenden Geruch auf Textilien ist, übertreffen andere Waschmittel sowohl bei der Bewertung durch geschulte Panelisten als auch bei der Bewertung durch Verbrauchernasen. Das Verfahren ist reproduzierbar und stellt eine gute Möglichkeit dar, Unterschiede zwischen Produkten im Hinblick auf den für Verbraucher so wichtigen Parameter, der Beseitigung von Gerüchen, zu bewerten.

Erfolgreiche Waschmittel erfordern die Berücksichtigung aller Parameter
Wir können die Waschmittel der Zukunft nicht mehr nur mit den Werkzeugen von heute herstellen. Um zeitgemäße, qualitativ hochwertige Waschmittel auf den Markt zu bringen, die den Verbraucherbedürfnissen vollständig gerecht werden, wurden auch in der Vergangenheit Standards und Bewertungsmethoden immer wieder angepasst. Wir sehen nun die Zeit gekommen, eine weitere Anpassung vorzunehmen und schlagen einen Schritt zur Einbeziehung sensorischer Parameter über die sichtbare Reinigung hinaus vor, um in vergleichenden Tests alle wichtigen Ansprüche von Verbrauchern an ihr Waschmittel zu erfassen.

Barbara Dücker, Novozymes Deutschland GmbH, Mainz

ZUR PERSON
Barbara Dücker ist seit 2013 bei Novozymes beschäftigt und hat derzeit die Funktion Innovation & Insights Manager HHC Europe inne. In dieser Position liegt der Fokus auf Marktbeobachtung, der Vertretung in Industrieorganisationen, Testmethoden und Konsumgütertests. Die promovierte Chemikerin ist seit mehr als 20 Jahren in der Waschmittelindustrie tätig – größtenteils im B2B-Geschäft, zeitweise aber auch in der Konsumgüterindustrie.

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