Strategie & Management

Experience Management in der Chemie

Warum das Produkt allein heutzutage nicht mehr ausreichend ist

08.12.2021 - Die ganzheitliche Betrachtung des Experience Managements – von Produkt- und Kundenzufriedenheit über Mitarbeiterzufriedenheit bis hin zum Branding – ist für Unternehmen das Erfolgsrezept.

Die Konkurrenzsituation auf dem freien Markt ist so angespannt wie nie und nimmt weiter zu, der Kundenstamm bleibt dagegen konstant. Produkte und reine Dienstleistungen sind austauschbar. Das wirft einfache Fragen auf: Was tun, um dem Konkurrenzdruck standzuhalten oder ihn gar zu mindern? Und was macht Ihr Unternehmen besonders? Darauf kann es nur eine Antwort geben: das individuelle Kundenerlebnis. Ohne Alleinstellungsmerkmale, die über die Produkteigenschaften hinaus gehen, werden Unternehmen vom Kunden nicht mehr wahrgenommen. 

Kunden informieren sich über Produkte und Unternehmen mehr denn je im Vorfeld. Google macht es möglich, beinahe alles über ein Produkt, ein Unternehmen, oder eine Dienstleistung herauszufinden. Sind die Informationen aus dem Netz unzureichend oder fehlerhaft kommt es vielfach erst gar nicht zum Kundenkontakt. Kunden stellen die Anforderungen an Produkte zunehmend selbstbestimmter und gehen davon aus, dass ihre individuelle Präferenz automatisch verstanden wird. Wissen Sie was Ihre Kunden von Ihrem Unternehmen und nicht nur von dem Produkt erwarten? Falls ja, auf welcher empirischen Grundlage erheben Sie diese Informationen über Ihre Kunden?

Datenerfassung und Analyse als Fundament 
Stellen Sie die richtigen Fragen im richtigen Moment und setzen sie auf das Zusammenspiel von X- und O-Daten. Einfach gesagt: Man kann nur managen, was man empirisch erhebt und versteht. Der eine oder andere hat vielleicht schon einmal den Begriff „X-Data“ gehört: „X-Data“ ist die Kurzform für Experience Data. Damit sind alle Daten gemeint, die über ein Feedback einer Interessensgruppe, die in Interaktion mit einem Unternehmen tritt, zugänglich sind (das Warum). Wichtiger noch: X-Daten ergänzen die „O-Daten“: Die Operativen Daten sind die Daten, die uns sagen, was Kunden im Kontakt mit unserem Unternehmen machen – oder auch nicht machen. Hat der Kunde bspw. ein Produkt bereits in den Warenkorb gelegt, aber es dann doch nicht gekauft? Wurde der Bestellvorgang an einer bestimmten Stelle abgebrochen? Aber warum hat er den Vorgang abgebrochen? Das erfahren wir durch die X-Daten, die wir gezielt am richtigen Touchpoint einfordern.

Die Bedeutung von „X“- und „O“-Daten 
X-Daten und O-Daten liefern ein ganzheitliches Bild über ein Themengebiet im Unternehmen. Sie eröffnen neue Potenziale hinsichtlich Optimierung oder auch Beibehaltung bestimmter Strategien und Aktionen, die uns vorher vielleicht noch gar nicht bewusst waren. Oder sie bestätigen unser „Bauchgefühl“, dass „etwas“ gerade gut läuft oder auch nicht, z. B. die Performance eines Webshops. Mögliche Ursachen hierfür können alle Berührungspunkte, die ein Unternehmen mit einer Interessengruppe hat, betreffen, z. B. Kundenservicemanagement B2B/B2C, Mitarbeiter-Experience oder Produkt-Experience. Es sind die X-Daten, welche Feedback der Interessensgruppen zu gewählten Themen liefern und somit Ansatzpunkte zur Optimierung von Strategien oder Proezessabläufen liefern. 
Im Zeitalter der technischen und digitalen Transformation sind Produkte austauschbar, aber die Erlebnisse, die mit einem Unternehmen verbunden werden, sind es nicht. Sie sind das Alleinstellungsmerkmal und der Erfolgsfaktor.
Einhergehend mit der Experience ist die Wahl des richtigen Tools essenziell. Es gibt Umfragetools und es gibt Experience Management Tools. Beide bedienen sich des Instruments des „Befragens“, um die X-Daten zu erheben. Und dennoch sind sie völlig unterschiedlich. Umfrage-Tools sammeln Feedback, Experience Management Tools hingegen gehen viel weiter: Sie sammeln, analysieren, überwachen, automatiseren und reagieren auf Feedback.

Ganzheitliche Betrachtung des Experience Managements
Das Alleinstellungsmerkmal versteckt sich hinter dem, was eine Marke ausmacht. Die Product und Customer Experience sind dabei Teilbereiche vom großen Ganzen – aber erst mit der Employee Experience erhalten wir das Gesamtbild der Brand Experience. Eine starke Marke besteht eben auch aus ihren Mitarbeitenden. Sie verkörpern die Vision, die Werte und den Purpose des Unternehmens. Das wiederum hat direkten Einfluss auf das Produkt, das Unternehmen und folglich den Endkunden.
Wenn wir von Experience Man­agement sprechen, dann sollten wir das ganze Bild betrachten – die Customer Experience und die ­Employee Experience.

Wieso Experience Management in der Chemieindustrie essenziell ist
Eine konsistente Kundenansprache über alle Kanäle hinweg ist auch in der Chemiebranche ein Qualitätsmerkmal. Massive Investitionen in „Chemie 4.0“ – wohinter sich Digitalisierungsprojekte in riesigen Volumina verbergen – lassen vermuten, dass die Branche starkes Optimierungspotenzial bzw. Nachholbedarf im Bereich Digitalisierung hat. 
Betrachtet man das „Big Picture“ so fällt auf, dass mehr als die Hälfte aller B2B-Einkäufer in der Chemiebranche unter 39 Jahre alt sind (vgl. Google Web Report 2018). Diese Generation ist mit Digitalisierung groß geworden, ihr Leben meistern sie privat sowie beruflich fast ausschließlich digital. Das wird auch am Arbeitsplatz erwartet. Es geht darum, den jungen Einkäufern personalisierbare und relevante Erlebnisse zu bieten, die sie langfristig an ein Unternehmen binden. Ergebnisse zeigen: Kundenloyalität steigert die Wertschöpfung, denn loyale Kunden kaufen öfter, sie kaufen mehr, sie sind weniger preissensibel – kurz: Sie sichern den Umsatz und kosten am wenigsten. Das gilt auch für die Chemiebranche.
So ist die Chemiebranche gefordert, agil, innovativ und konsequent kundenorientiert zu agieren. Technologische Innovationen (Software-as-a-Service (SaaS), Apps etc.) stehen dabei mit im Vordergrund. Von Commerce-Plattformen werden Skalierbarkeit, Flexibilität, Branchenunabhängigkeit, (Hyper-)Personalisierung, Omnichannel-Konsistenz und Veränderungsfreude erwartet.
Zusätzlich hat die Pandemie die Chemiebranche vor besondere Herausforderungen gestellt, es besteht Handlungsbedarf. Mangelnde Rohstoffverfügbarkeit, Unterbrechung von Lieferketten, Produktionsengpässe sowie starke Schwankungen in der Produktnachfrage und im Lagerbestand sind plötzlich an der Tagesordnung, und Unternehmen setzen Nachhaltigkeit zunehmend auf ihre Roadmap. An dem Punkt gibt es nur ein „gemeinsam aus der Krise kommen“. Und das geht nur durch loyale (Kunden-)Beziehungen, womit das Thema Experience ­Management wieder aufkommt.

Fazit
In der realen Welt besteht die Chemie­industrie aus vernetzten Produktionsanlagen, einem engen rechtlichen Rahmen und komplexen Wertschöpfungsketten. Nur Unternehmen, die ihre Stakeholder mit einbeziehen, können in diesem Umfeld erfolgreich agieren. Der Weg zum Erfolg ist ein kontinuierlicher Verbesserungsprozess mit einem ganzheitlichen Experience-Man­agement, welches sich immer neu der Marktsituation anpasst. Erfahrungsgemäß empfehlen wir, zunächst Experience Management klein zu beginnen, und nach und nach aufzubauen. Denn auch hier gilt es, alle internen Mitarbeitenden mitzunehmen, für das Thema zu sensibilisieren und langfristig Erfolge zu schaffen.

Maria Seidel, Management Consultant Digitalization/Digital Innovation and Strategy, Enowa AG, Erkrath
Thomas Haendly, Chief Digital Officer Geschäftsbereich Industrie, Leiter Digital Innovation Lab, Enowa AG, Erkrath

 

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