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BASF-Forschungsstrategie - Globalisierung des Wissens

15.12.2011 -

BASF-Forschungsstrategie - Globalisierung des Wissens

Die Kunden der Chemieindustrie von morgen erwarten mehr als neue Produkte, Lösungen sind gefragt. „Viele von ihnen werden nur mit neuen Materialien aus der Chemie entstehen“, sagt Dr. Stefan Marcinowski, BASF-Vorstandsmitglied und Sprecher der Forschung. Dr. Andrea Gruß befragte ihn zur Forschungsstrategie des Chemiekonzerns, der im Jahr 2007 rund 1,4 Mrd. € in seine weltweite Forschungsaktivitäten investierte, einen wachsenden Anteil davon im Raum Asien/Pazifik. Die Investitionen sollen dazu beitragen, dass der BASF-Umsatz mit Produktinnovation von 2010 bis 2015 von 4 auf 5 Mrd. € steigt.

CHEManager: Herr Dr. Marcinowski, seit elf Jahren sprechen Sie im BASFVorstand für die Forschung des Konzerns. Wo liegen wesentliche Unterschiede der BASFForschungsstrategie von heute im Vergleich zu den 1990er Jahren?

Dr. Stefan Marcinowski: Die süßen Früchte hängen heute immer höher. Damit meine ich: um Produkte zu verbessern oder neue zu entwickeln, müssen immer häufiger komplexe Systemlösungen erarbeitet werden. Das gilt auch für die Nutzung alternativer Energie- und Rohstoffquellen. Interdisziplinäre Zusammenarbeit ist somit immer wichtiger geworden. Zudem beobachten wir eine rasante Globalisierung des Wissens. Wir haben in den vergangenen Jahren verschiedene Maßnahmen durchgeführt, um diesen Veränderungen Rechnung zu tragen.

Die BASF hat ein starkes, global ausgerichtetes Forschungs- und Entwicklungs- Netzwerk aufgebaut – und das nicht nur intern, sondern auch mit externen Partnern. Wir kooperieren weltweit mit rund 1400 Partnern aus der Industrie, von Universitäten und anderen Forschungseinrichtungen. Gute Beispiele sind das BASF ISIS-Labor an der Universität Straßburg, das Katalyse-Forschungslabor Carla an der Universität Heidelberg sowie die „BASF Advanced Research Initiative“ an der Universität Harvard in Cambridge, Massachusetts.

Durch gezielte Akquisitionen haben wir außerdem unsere Kompetenz kontinuierlich erweitert. Seit Dezember 2006 gehört beispielsweise das Unternehmen Pemeas, der führende Hersteller von Komponenten für Brennstoffzellen, zur BASF. Im vergangenen Jahr haben wir auch unsere Pflanzenbiotechnologie-Forschung durch den Erwerb des belgischen Unternehmens Cropdesign verstärkt. Im frühen Stadium Partnerschaften mit unseren Kunden einzugehen, wird ebenfalls immer wichtiger. Bestes Beispiel einer engen Zusammenarbeit ist unser Joint Innovation Lab-Organic Electronics in Ludwigshafen, in dem wir auf dem Gebiet der organischen Leuchtdioden mit den Firmen Osram und Philips gemeinsame Entwicklungen gestartet haben. Mit Bosch und Heliatek arbeiten wir im Bereich der organischen Photovoltaik eng zusammen. Für Teile unserer Aktivitäten im Gebiet Pflanzenbiotechnologie haben wir mit Monsanto einen starken Entwicklungs- und Vermarktungspartner gefunden.

CHEManager: Welche Schwerpunkte setzt die BASF heute in der Forschung?

Dr. Stefan Marcinowski: Wir wollen unsere weltweit führende Position als Chemieunternehmen durch kontinuierliche Entwicklung neuer Produkte und Systemlösungen sowie der permanenten Optimierung unserer Verfahren ausbauen. Innovationen sind für die BASF unverzichtbar, um profitables Wachstum für uns und unsere Kunden zu ermöglichen und die Zukunft nachhaltig zu gestalten. Damit ist die Forschung und Entwicklung ein integraler Bestandteil unserer Strategie 2015.

Wie identifizieren wir nun attraktive Gebiete, in denen wir zukünftig tätig sein wollen? Durch die Herausforderungen, denen sich unsere Gesellschaft in Zukunft stellen muss: die Urbanisation und das Wachsen von Mega-Städten, die alternde Gesellschaft, der steigende Energie- und Ressourcenbedarf sowie die Globalisierung. Diese Megatrends werden einen Einfluss auf unser tägliches Leben haben und unsere Bedürfnisse bestimmen. Und die Lösungen werden nur mit neuen Materialien aus der Chemie entstehen.

Wir haben fünf wichtige Forschungsfelder identifiziert, die es ermöglichen, Lösungen für zukünftige gesellschaftliche Bedürfnisse zu erarbeiten: Weiße Biotechnologie, Pflanzenbiotechnologie, Nanotechnologie, Rohstoffwandel und Energiemanagement. Durch unsere Aktivitäten in diesen Wachstumsclustern werden wir neue attraktive Geschäftsfelder und Märkte für uns erschließen, in denen wir ein überdurchschnittliches Wachstumspotential erwarten. Dafür wenden wir allein im Zeitraum von 2006 bis Ende 2008 über 900 Mio. € auf. Die gesamten Forschungsaktivitäten der BASF umfassen in 2007 mehr als 1,4 Mrd. €.

Wir erwarten ab dem Jahr 2010 jährliche Umsätze von über 4 Mrd. € aus Produktinnovationen, das heißt neuen oder verbesserten Produkten und Anwendungen, die maximal fünf Jahre auf dem Markt sind. Davon werden bis zu 20 % der Umsätze zusätzlich sein, also nicht durch Ersatz bestehender Produkte erwirtschaftet. Und bis zum Jahr 2015 wollen wir die Umsätze aus Produktinnovationen auf mehr als 5 Mrd. € pro Jahr steigern.

CHEManager: Zu einem dieser Forschungscluster – der Nanotechnologie – eröffnete die BASF im vergangenen Jahr ein Forschungszentrum in Singapur. Im Oktober 2007 trafen sich dort 130 Wissenschaftler aus aller Welt zum Austausch. Welche Themen der Nanotechnologie standen dabei im Blickpunkt?

Dr. Stefan Marcinowski: Der Schwerpunkt der 3. BASF-Nanotechnologie- Konferenz lag auf vier verschiedenen Themen: Nano-modifizierte und Nano-strukturierte Materialien und Schäume, die Synthese und Modifikation von Nanopartikeln, Nanotechnologie für Elektronik-Anwendungen und die Schnittstelle zwischen Bio- und Nanotechnologie. Die Modifizierung von Oberflächen zur Herstellung funktionalisierter Nanokomposite wurde von vielen Wissenschaftlern auf dieser Konferenz intensiv diskutiert. Wir hatten zu der Konferenz auch erstmals Kunden eingeladen.

Durch die Zusammenführung unserer Kundenwünsche mit den neusten Forschungsergebnissen aus dem Bereich der Nanomaterialien hatten wir die Möglichkeit, den aktuellen Status nanotechnologischer Ansätze bezüglich Market-Pull und Technology-Push abzubilden. Eine wichtige Erkenntnis unserer Konferenz ist, dass der gezielte Aufbau nanoskaliger Strukturen mittlerweile ein echtes Querschnittsthema ist. Die Architektur von Nanostrukturen - in Materialien oder auf Oberflächen – kann heute deutlich definierter erfolgen als noch vor einigen Jahren. Über die Erzeugung von „Designer Nanomaterialien“ lassen sich beispielsweise Polymerwerkstoffe für neue Anwendungsfelder in der Elektronik entwickeln.

CHEManager: Was macht Singapur als Standort für die BASF so attraktiv?

Dr. Stefan Marcinowski: Singapur bietet in Asien strategische Vorteile: Innerhalb der asiatisch- pazifischen Region ist es zentral gelegen – ein guter Ausgangspunkt zu Wachstumsmärkten und zu neuen Kunden. Außerdem finden wir ein wirtschaftsfreundliches Umfeld mit einer hervorragenden Forschungsinfrastruktur vor. Der Stadtstaat verfügt mit seinen zwölf A*Star-Forschungsinstituten und den beiden Universitäten über gut organisierte Forschungs- und Entwicklungseinrichtungen sowie über einen adäquaten Rahmen zum Schutz geistigen Eigentums.

Aufgrund der ausgezeichneten Infrastruktur und der Verfügbarkeit von qualifizierten Arbeitskräften haben auch andere multinationale Konzerne eigene Forschungs- und Entwicklungslabore aufgebaut. Und: Singapur ist ein Sammelbecken von Talenten geworden, denn es ist eine attraktive Stadt mit hohem Bildungsniveau. Diese Nachwuchskräfte sind für uns sehr interessant, denn wir wollen unsere Forschung weiter internationalisieren und weltweit für exzellente Forscher ein attraktiver Arbeitgeber sein.

CHEManager: Welche Rolle spielt die Region Asien für die BASF-Forschung heute, welche in Zukunft?

Dr. Stefan Marcinowski: Zwei Aspekte sind für uns immer besonders wichtig: die Kooperation mit exzellenten Wissenschaftlern sowie die Nähe zum Kunden. Asien hat sich in den vergangenen zehn Jahren stark entwickelt, sowohl was seine Märkte betrifft als auch – wie oben am Beispiel Singapur erläutert – seine Forschungslandschaft. Die Weltbank hat eine Statistik veröffentlicht aus der hervorgeht, dass im Jahr 2001 7 % der Konsumenten* weltweit in China lebten. In 2015 werden es bereits 35 % sein.

Diese Entwicklung hat bewirkt, dass auch mehr und mehr Konsumgüter in dieser Region der Welt produziert werden. Unsere Kunden sind ebenfalls stärker dort engagiert. Da wir anstreben, in engem Kontakt und bereits zu einem frühen Zeitpunkt mit unseren Kunden gemeinsam optimale Produktlösungen zu entwickeln, bauen wir Entwicklungszentren in deren Nähe auf. Beispielsweise haben wir dieses Jahr im Oktober ein Kundenzentrum für Automobiltechnologie in Schanghai eröffnet. Die Zusammenarbeit mit wissenschaftlichen Spitzenreitern sowie eine frühe Kooperation mit unseren Kunden sind für uns wesentlich, um neue Technologien schnell und erfolgreich auf den Markt zu bringen. Das gilt für Asien wie für Nordamerika und Europa.

CHEManager: Welche Konsequenzen hat dies für Ludwigshafen als Forschungsstandort?

Dr. Stefan Marcinowski: In Deutschland sind und bleiben Ludwigshafen und Limburgerhof die herausragenden Standorte unserer vier globalen Technologie- Plattformen – dem Herz unseres Forschungsverbundes. Unsere Forschung hier muss international wettbewerbsfähig und exzellent bleiben und daran arbeiten wir. Zum Beispiel sind wir durch Parallelisierung der Laborarbeit effizienter geworden. Auch Hochdurchsatz-Screening- Methoden sind in verschiedenen Arbeitsgebieten wie der Pflanzenbiotechnologie, dem Pflanzschutz, der hetero- und homogenen Katalyseforschung und der Entwicklung von Formulierungen bereits etabliert.

Außerdem erhöhen mathematische Simulationsprogramme und schnellere Prozessentwicklungsmethoden die Erfolgsquote unserer Versuche, sie verkürzen die Entwicklungszeiten und reduzieren so die Entwicklungskosten. Zum 1. Januar 2008 übergeben Sie das Amt des Sprechers der Forschung an Dr. Andreas Kreimeyer.

CHEManager: Welchen neuen Aufgaben stellen Sie sich künftig im Vorstandsteam der BASF?

Dr. Stefan Marcinowski: Ich übernehme im nächsten Jahr unter anderem die Verantwortung für das Segment Agricultural Solutions sowie für die Forschung der Wirk- und Effektstoffe. Spannend finde ich, dass künftig die BASF Plant Science in meinen Verantwortungsbereich fällt. Dort sind die gesamten Aktivitäten im Bereich Pflanzenbiotechnologie gebündelt.

Einer Technologie mit viel Potential: Zum einen weil sie einen entscheidenden Beitrag leisten wird, um die Herausforderungen der Zukunft zu meistern. Zum anderen aber natürlich auch, da der globale Markt für Produkte aus der Pflanzenbiotechnologie für das Jahr 2025 auf 50 Mrd. US-$ geschätzt wird. Und in diesem Markt will die BASF eines der führenden Unternehmen sein.

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