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CESIO-Kongress 2011: Themen der Tensidwelt

Dr. Thomas Greindl, CESIO-Präsident, im Interview

27.04.2011 -

Dr. Thomas Greindl, Präsident des europäischen Tensidverbands CESIO, gibt Antworten auf Fragen zur Umgestaltung des diesjährigen CESIO-Kongresses und spricht über Themen, die die Tensidwelt derzeit bewegen. Wie bereits in CHEManager 21/2010 berichtet, steht der Kongress unter dem Motto „Sustainability of the Surfactant Industry in a highly regulated world" und bietet in diesem Jahr neben der Plattform für den wissenschaftlich-technischen Austausch zwischen Tensidherstellern und den Unternehmen der „Surfactant value chain" zusätzlich mit einer Business Convention Möglichkeiten für Meetings mit Kunden und Lieferanten „onsite". Die Interviewfragen stellte Dr. Birgit Megges.

CHEManager: Herr Dr. Greindl, bisher war der CESIO-Kongress eher wissenschaftlich/technisch ausgerichtet. Was wollen Sie mit der neu ins Leben gerufenen „Business Convention" erreichen?

T. Greindl: Nach dem siebten und letzten CESIO-Welttensidkongress 2008 in Paris sind viele Unternehmen auf uns zugekommen und haben den Wunsch an uns herangetragen, in Europa eine Plattform für Unternehmen der „Wertschöpfungskette Tenside" zu schaffen, in deren Rahmen sie sich treffen und geschäftliche Meetings organisieren können. Der CESIO-Welttensidkongress bot dafür die geeigneten Voraussetzungen, war bislang aber eher wissenschaftlich-technisch ausgerichtet und hatte demzufolge die Wünsche und Bedarfe des Business der Industrie nicht ausreichend gewürdigt. Der Kongress wird sich künftig entsprechend stärker als bisher an der Schnittstelle Science/Business orientieren und damit weitere Zielgruppen für die Teilnahme am Kongress gewinnen, so jedenfalls unsere Zielsetzung. Wir wollen damit keine Konkurrenz zu bereits bestehenden Veranstaltungen im Bereich Waschmittel oder Kosmetik eröffnen, sondern ein eigenständiges Profil gewinnen, das die Tenside als Ausgangsstoff für viele unterschiedliche Anwendungen in den Mittelpunkt der Lieferkette stellt.

Welche Erwartungen knüpfen Sie an die Charakteränderung des Kongresses? Wird sich das Besucherprofil grundsätzlich ändern?

T. Greindl: Mit rund 80 Vorträgen in Parallelveranstaltungen zu den Themen „Market trends", „Applications", „Technical" und „Regulatory and Safety Affairs" rechnen wir nach wie vor mit einem hohen Zulauf von Kongressteilnehmern aus dem Bereich „Technische Unterstützung des Marketing". Mit der zusätzlichen Ausrichtung der Business Convention erwarten wir eine im Vergleich zu den früheren Kongressen deutlich höhere Zahl an Teilnehmern aus dem Business. Das Besucherprofil wird damit breiter und unterschiedlicher sein als in den vorangegangenen Veranstaltungen. Da wir uns zudem stärker auch in Richtung Osteuropa und Naher Osten orientieren werden, erhoffen wir uns in den kommenden Kongressen auch eine stärkere Beteiligung von Teilnehmern aus den entsprechenden Märkten und Standorten. Mit der Veranstaltung in Wien haben wir bereits einen Ort mit einer gewissen Symbolik für die geplante Erweiterung gewählt.

Warum haben Sie als Kongressmotto „Sustainability" gewählt?

T. Greindl: Die Nachhaltigkeit von Produkten ist ein Anspruch, den unsere Industrie seit längerem verfolgt und in entsprechenden Produktinnovationen umsetzt. Mit dem diesmaligen Motto möchten wir uns noch stärker auf die Frage beziehen, welche Spielräume Unternehmen haben, um in einer Welt zunehmender Regulierungen Konzepte der Nachhaltigkeit umzusetzen. Regulierungen können nachhaltige Entwicklungen unterstützen oder gar Voraussetzung dafür sein. Im Bereich Tenside hat die Industrie über viele Jahrzehnte immer mehr Regulierungen umgesetzt, die die Zielsetzung der Nachhaltigkeit verfolgen, gleichzeitig aber auch die Handlungsspielräume und damit die Flexibilität unserer Branche einschränkt. Eine zentrale Botschaft des Kongresses soll es sein, dass Nachhaltigkeit immer Bestandteil von innovativen Neuentwicklungen ist.

Gibt es in diesem Bereich gute Neuigkeiten für Mensch und Umwelt?

T. Greindl: Nachhaltigkeit betrifft nicht nur den Schutz des Menschen und der Umwelt, sondern wir verstehen Nachhaltigkeit als ein unternehmerisches Ziel, unter technischen, ökologischen und ökonomischen Gesichtspunkten innovative Lösungen für die Bedürfnisse unserer Kunden zu finden. In diesem Zusammenhang wird in den nächsten Jahren die weitere Verbesserung der Leistung von Tensiden im Vordergrund unserer Bemühungen stehen. Nachhaltigkeit lässt sich in diesem Sinne beispielsweise durch verbesserte Effizienz des Einsatzes von Tensiden in der spezifischen Anwendung definieren.

Innovationen kommen insbesondere dort zum Tragen, wo es gelingt, Grenzen zu überwinden. Die Grenzen für den Tensidhersteller lauten: Rohstoffverfügbarkeit, Produktionskapazitäten, Leistungsfähigkeit und Kostensituation. In technischem Sinne ergeben sich Möglichkeiten für produktbezogene Weiterentwicklungen durch Variationen der Tensidbausteine, das heißt durch Erschließung neuer Technologien, zunehmende Nutzung pflanzlicher Rohstoffe oder gar durch die Vision einer Synthese von Tensidalkoholen aus CO2 und Sonnenlicht durch Algen. Auch die Biotechnologie wird die weitere Entwicklung der Tenside prägen. Neue Strukturtypen können sich durch modifizierte Proteine oder Oligopeptide ergeben, die ihre speziellen Einsatzgebiete finden. Die Zukunft wird zeigen, welche dieser Technologien auch kommerziell eine Rolle spielen werden.


Welche (Kongress-)Themen gibt es außerdem? Was bewegt die Tensidwelt?

T. Greindl: Ein zentrales Thema unserer Veranstaltung in Wien wird die Leistungsfähigkeit von Systemen sein, bei denen es auf das Wechselspiel des eingesetzten Tensids mit den anderen Komponenten des Produkts ankommt. Dieses funktionierende Wechselspiel ist beispielsweise Voraussetzung für das Waschen bei tiefen Temperaturen und das maschinelle Geschirrspülen. Hier können Tenside einen wesentlichen Beitrag zur Nachhaltigkeit, etwa durch Einsparung von Wasser und Energie, leisten. Damit stehen Tensidsysteme und nicht die isolierte stoffliche Bewertung im Zentrum von Nachhaltigkeitszielen.

Wir wissen, dass tensidische Systeme von einigen Wissenschaftlern durchaus auch kritisch bewertet werden, wenn zum Beispiel das Wechselspiel von Inhaltsstoffen zu einer Gefährdung von Mensch oder Umwelt führen kann, die durch die isolierte Betrachtung der Inhaltsstoffe nicht angezeigt würde. Hier bahnt sich auf europäischer Ebene eine Diskussion und mögliche Gesetzgebung an, die wir eng begleiten. Auch dieses Thema wird im Rahmen einer Podiumsdiskussion unter dem Titel „Emerging Issues" vorgestellt.

Ein weiteres Thema sind die nachwachsenden Rohstoffe, die bereits heute eine signifikante Rolle für die Herstellung von Tensiden spielen. Hier kann zum Beispiel die Nachhaltigkeit eines Produktes nicht pauschal damit beantwortet werden, dass ein Produkt umso nachhaltiger sei, je höher der Anteil nachwachsender Rohstoffe ist. Ökoeffizienz - und sog. Life Cycle-Analysen helfen hier, den gesamten Lebenszyklus von Produkten und Anwendungen zu betrachten - das erfasst das Verhalten der eingesetzten Rohstoffe auf die Umwelt, die Anwendung der Produkte bei unseren Kunden und Endverbrauchern bis zur Option der Wiederverwertung oder der Entsorgung.

Welche Anwendungsfelder stehen im Fokus der Forschung und Entwicklung?

T. Greindl: Ein Beispiel: Die Herstellung und Verarbeitung von neuen Werkstoffen löst entsprechende Entwicklungen im Bereich der Tenside aus. Polymere mit spezieller Mikrofaserstruktur, biomimetische Materialien und Verbundwerkstoffe erfordern Tenside, die helfen, die unterschiedlichen Komponenten untereinander verträglicher zu machen. Dabei kommt die klassische Eigenschaft des Tensids zum Tragen: die Wirkung an der Grenzfläche zur Herstellung von Verbindungen, die sich ohne Tensideinsatz nicht ergeben würden. 

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