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Die Komplexität nimmt zu

13.07.2013 -

Die Komplexität nimmt zu – Chemiedistributeur Univar steht vor neuen Möglichkeiten und Herausforderungen.

Univar, im Jahr 2002 aus dem Split-off von Royal Vopak hervorgegangen, ist einer der weltgrößten Distributeure von Spezial- und Industriechemikalien.

Der Konzern mit Hauptsitz in Rotterdam und einem Netz von über 200 Distributionszentren in ganz Europa, den USA, Kanada und China erwirtschaftete im Jahr 2006 rund 6,6 Mrd. US-$.

Univars Deutschlandgeschäft wird seit fünf Jahren von Heinrich Klüwer geleitet, der zudem General Manager Central Eastern Europe ist. Dr. Michael Reubold befragte ihn zur Strategie von Univar in Europa und zur Situation der Branche.

 


CHEManager: Herr Klüwer, Ihre Ernennung zum Managing Director der Univar GmbH im Jahr 2003 sollte die Entschlossenheit des Unternehmens, seine Marktposition in Deutschland zu festigen und verstärkt auch nach Zentraleuropa zu expandieren, dokumentieren. Welche Schritte haben Sie dahingehend in den letzten Jahren unternommen?

H. Klüwer: Wie man weiß, gehört Univar in Deutschland, anders als in vielen anderen Ländern Westeuropas, nicht zu den klassischen, lagerhaltenden Commodity-Händlern, sondern zu den Anbietern von Spezialchemikalien, die wir überwiegend aus der EU und Drittländern importieren.

Dieses Geschäft haben wir in den letzten Jahren fokussiert auf Industriebereiche wie Farben, Lacke, Klebstoffe, Pharma, Kosmetik, Wasch und Reinigungsmittel und mit deutlichen Wachstumsraten ausbauen können. Vor gut zwei Jahren haben wir ein Lebensmittelzusatzstoffgeschäft aus der Taufe gehoben, welches sich prächtig entwickelt hat.

Obwohl man glauben sollte, dass die Produzenten ihre Waren längst kanalisiert haben, stellen wir zunehmend fest, dass mehr und mehr Produzenten an unsere Tür klopfen und unser Vertriebsnetzwerk nutzen möchten.

Hilfreich unterstützend sind dabei natürlich auch die vielfältigen Verbindungen, die ein global aufgestellter Chemiedistributeur mit einbringt. In Zentraleuropa haben wir Univar Gesellschaften in Polen, der Tschechischen Republik und Ungarn etabliert.

In Warschau haben wir vor einigen Monaten einen neuen Standort bezogen, und wir haben ein Vertriebsbüro in Posen eröffnet. In Polen und Tschechien wurden zudem zwei Akquisitionen getätigt. Alle Gesellschaften zeigen hohe Wachstumsraten, das Geschäft in Osteuropa ist profitabel.

 


Als ein weltweit führendes Handelsunternehmen für den Vertrieb von Industrie- und Spezialchemikalien unterstützt Univar Kunden aus Industriebereichen aller Art. Welches sind die Hauptabnehmerbranchen?

H. Klüwer: Die Hauptabnehmerbranchen für Univar in Deutschland sind die Bereiche: Coatings, Personal Care, Pharma und Food. Dieser Industriefokus gilt länderübergreifend für sämtliche Landesgesellschaften in Europa.

Dazu wurde die zentrale Position des European Industry Director geschaffen, der mit seinen vier Industry Managers für die o.g. Industrien die Strategien für die verschiedenen Produkt und Lieferantenportfolios entwickelt. Verkauft wird dann natürlich vor Ort in den einzelnen Landesgesellschaften.

 


Die Umstrukturierung der ehemals länderspezifischen Organisation nach europäischen Vertriebsregionen fand im Jahr 2006 statt. Was waren die Ziele dieser Umstrukturierung und inwieweit wurden sie bereits realisiert?

H. Klüwer: Einmal abgesehen von den internationalen Großkunden, die zunehmend an ihren verschiedenen Produktionsstandorten in Europa - und auch weltweit - aus einer Hand bedient werden wollen - und für diese Klientel hat Univar in Europa eine eigene Expertengruppe etabliert - hat die Distribution von Chemieprodukten nach wie vor einen lokalen, sprich länderspezifischen Charakter.

Unserem Motto: „European solutions, delivered locally" tragen wir Rechnung, indem unsere lokalen Landesgesellschaften den Kunden in seiner Sprache vor Ort bedienen. Die Schaffung größerer Regionen ist stark von innen heraus geprägt und hat in erster Linie das Ziel interne Synergien zu heben.

 


Mit der Übernahme von Chemcentral wurde im vergangenen Jahr das Nordamerikageschäft stark ausgebaut. Ist das ein Zeichen, dass die Wachstumsstratgie in Deutschland und Europa erfolgreich umgesetzt und beendet worden ist und sich nun anderen Regionen, z.B. auch Asien, insbesondere China, zuwendet?

H. Klüwer: Märkte entwickeln und verändern sich, daher sind Wachstumsstrategien niemals beendet. Wir sind ständig bestrebt Wachstumspotentiale auszuloten.

Das kann die regionale Ausweitung in neue Märkte bzw. Länder bedeuten, aber auch quantitatives und qualitatives Wachstum in den Märkten erfordern, in denen wir bereits präsent sind. Sie sprechen China an: Univar ist seit 13 Jahren in Shanghai mit einem Büro vor Ort, um die umfangreichen Importe von China in unsere Vertriebsregionen Nordamerika und Europa zu begleiten.

In 2006 hat Univar mit der Akquisition eines Distributeurs in Shanghai mit dem Aufbau der Vertriebsseite in China begonnen.

Aber parallel dazu wurden Akquisitionen in Italien, Spanien, Polen und Tschechien realisiert. Sowohl in Deutschland als auch im zentraleuropäischen Wachstumsraum schauen wir nach möglichen Partnern, mit denen wir weitere Expansionsschritte gehen können.

 


Das Motto des Anfang Juni stattfindenden FECC-Kongresses 2008 lautet „Partnership for Success". Welche Rolle spielen Partnerschaften - mit Ihren Lieferanten, Kunden oder auch anderen Distributeuren - für Ihr Unternehmen?

H. Klüwer: Eine Partnerschaft ist nach meinen Wertvorstellungen geprägt von Vertrauen, Offenheit und Langfristigkeit.

Nur in einer zeitlich längerfristig angelegten Geschäftsverbindung ist es sinnvoll, Maßnahmen und Investitionen gezielt vorzunehmen, die dann zu einer nachhaltig höheren Wertschöpfung führen. Um solche Partnerschaften sind wir bestrebt, mit Lieferanten und mit Kunden.

 


Was sind die wichtigsten Anforderungen Ihrer Kunden, und worauf legen Ihre Kunden bei der Zusammenarbeit mit einem Chemiedistributeur besonderen Wert?

H. Klüwer: Die wichtigste Anforderung ist die pünktliche Lieferung der bestellten Menge und Qualität. Da unsere Kunden ihre Bestellvorgänge optimieren, ist jede Störung in der Logistikkette kritisch.

Darüber hinaus sind weitere Kriterien wie z.B. enger Kundenkontakt, technische Beratung und additionelle Serviceleistungen für die Zusammenarbeit mit dem Distributeur ausschlaggebend.

 


Wie beurteilen Sie die gegenwärtige wirtschaftliche Situation der Branche und wo sehen Sie derzeit die größten Herausforderungen?

H. Klüwer: Zur wirtschaftlichen Situation des Chemiehandels in Deutschland verweise ich auf die Publikationen unseres Handelsverbandes, die zusammengefasst lautet: 2007 - zufrieden stellende Ergebnisse (vgl. CHEManager 9/2008, Seite 11). Aber die Branche hat im vergangenen Jahr und leider auch in diesem Jahr mit nicht nachlassenden Verfügbarkeitsproblemen von einigen wichtigen Waren zu kämpfen. Diese Probleme können verschiedene Gründe haben: Sie können rohstoffbedingt sein infolge der Verknappung bei Rohstoffen z.B. wie Phosphor, Schwefel oder Milchinhaltsstoffen.

Sie können logistische Ursachen haben, z.B. die mangelnde Verfügbarkeit von Containern ex Fernost oder die starke Erhöhung von Frachtraten. Und sie gehen meist mit starken Preisvolatilitäten einher.

Wenn ein Vergleich mit dem Wetter erlaubt ist: Gewitter, Unwetter, Extremwetterlagen nehmen deutlich zu. Der Handel, der als Bindeglied zwischen den Produzenten und industriellen Abnehmern fungiert, muss oft Teile dieser extremen Bewegungen kompensieren.

Dies zu „managen" ist eine große Herausforderung an die Einkäufer, Supply Chain Manager und die Verkäufer in unseren Unternehmen. Die Komplexität nimmt zu.

 


Wenn wir über zunehmende Komplexität reden, ist es nicht weit zum Thema Reach. Wie sehen Sie die neuen Verordnungen nach dem ersten Jahr? Welche Auswirkungen - positiv oder negativ - hat Reach für Distributeure?

H. Klüwer: Als einer der führenden Chemiedistributeure hat Univar die Reach-Gesetzgebung aktiv mitgestaltet und wird dies sowohl während als auch nach der Einführungsphase weiter tun.

Wir haben stets an der Ausgestaltung der Verordnung und der Reach-Implementierungs- Projekte mitgearbeitet, um die Interessen unserer Branche und dessen Märkte zu vertreten.

Gleichermaßen arbeiten wir mit Lieferanten und Kunden, um eine gemeinsame Vorgehensweise zur Ermittlung von Produktanwendungen und Expositionsszenarien zu entwickeln. Univar hat bereits vor langer Zeit ein Team aus IT-, SHEQ- und Marketingexperten gebildet, die den Reach-Prozess europaweit steuern.

 


Können Sie einige Beispiele nennen?

H. Klüwer: Wir arbeiten sehr eng mit unseren Lieferanten zusammen, um den notwendigen Datenaustausch, sowohl für die Vorregistrierung als auch die Registrierung, sicherzustellen.

Natürlich legen wir ähnlich strenge Maßstäbe auch bei unseren eigenen Produkten an. Im Laufe des Prozesses informieren wir unsere Kunden auf zahlreichen Wegen, wie z.B. durch Newsletter oder Informationen auf unserer Internetseite.

Darüber hinaus haben wir auch ein internes Trainingsprogramm auf den Weg gebracht, um allen Mitarbeitern das notwendige Verständnis für die Belange unserer Kunden und Lieferanten im Rahmen der Reach-Einführung zu geben.

Natürlich sehen wir auch noch einige Aspekte im Reach-Prozess, die wir weiterhin kritisch betrachten. Hier ist auf jeden Fall die Verzögerung bei der Vereinbarung von wichtigen RIP's zu nennen, wie z.B. die Definitionen der Anwendungsbereiche und die Entwicklung der entsprechenden Expositionsszenarien.

Auf Basis unserer Vorbereitungen und Pläne sehen wir dem weiteren Reach-Prozess optimistisch entgegen und sehen keine großen negativen Auswirkungen für uns oder unsere Partner.

 


Wagen Sie einen Ausblick auf die Marktentwicklung der nächsten Monate und die wichtigsten Faktoren, die sie beeinflussen werden?

H. Klüwer: Einen Ausblick auf die Marktentwicklung der nächsten Monate zu geben, ist derzeit ungleich schwieriger als noch vor einem Jahr.

Die Entwicklung in vielen Industriezweigen und Wirtschaftsregionen ist vor dem Hintergrund ungeklärter Rahmenbedingungen zu sehen - ich nenne hier die Schlagworte ‚Finanzkrise', ‚hohe Energiekosten', ‚Unsicherheit im Mittleren Osten', ‚Spannungen in China' - und sie ist zu alledem noch weiteren Belastungen wie Reach, GHS und Sicherheitsbelangen ausgesetzt.

Eines ist klar: Die Rolle des Distributeurs war niemals zuvor so lebendig und anspruchsvoll. Daher sollte man sich in der Distribution darüber im Klaren sein, worin die eigentliche Leistung und Stärke besteht und sich darauf konzentrieren - und nicht zu scheu sein -, für einen so bedeutenden Beitrag in diesem Geschäft eine angemessene Vergütung zu verlangen. www.univareurope.com

 

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