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Feinchemikalien für Chemie-, Pharma- und Elektronikindustrie

Nach Generationenwechsel etabliert sich Ferak Berlin als Forschungs- und Synthesedienstleister.

23.05.2011 -

Die heutige Firma Ferak Berlin produziert unter der Leitung von Geschäftsführer Thomas Gründemann Feinchemikalien für die Chemie-, die Pharma- und die Elektronikindustrie. Der diplomierte Chemiker trat 1992 in die von seinem Vater im Jahr 1954 in Westberlin gegründete und in den 1970er und 1980er Jahren florierende Chemiefirma ein, die mit der deutschen Wiedervereinigung fast alle Kunden und Mitarbeiter verlor. Thomas Gründemann betrachtet den Generationenwechsel an der Firmenspitze rückblickend auch als Generationenproblem. Er musste sich gegen seinen Vater durchsetzen, um das Portfolio auf die veränderten Marktbedürfnisse auszurichten. Es gelang ihm, Ferak Berlin als Dienstleistungsunternehmen für organische Synthese zu etablieren und innerhalb von zehn Jahren den Umsatz auf mehrere Mio. € und die Mitarbeiterzahl auf rund 25 zu steigern. Dr. Michael Reubold sprach mit Thomas Gründemann über den Neuanfang, seine nächsten Ziele für das Unternehmen und seine Leidenschaft für Chemie.

CHEManager: Herr Gründemann, wie beurteilen Sie rückblickend die Situation, die zum Neuaufbau von Ferak führte?

Thomas Gründemann: Ferak war zu DDR-Zeiten als Hersteller von Laborchemikalien im Westen etabliert. Die Firma unterhielt Geschäftsbeziehungen mit Kunden in der damaligen DDR und in anderen osteuropäischen Staaten mit Schwerpunkt Sowjetunion. Mitte der 1980er Jahre hatte Ferak über 60 Angestellte und einen Jahresumsatz von 15 Mio.  DM. Mit der Wende kam der Verlust der meisten Kunden, was zum Einbruch - oder man kann fast Zusammenbruch sagen - führte.
1992 trat ich als Chemiker frisch von der Universität kommend in die Firma meines Vaters ein. Der Neuaufbau war ein typisches Generationenproblem. Als Nachfolger des Firmengründers wird von einem erwartet, dass man Bewährtes bewahrt und gleichzeitig die Zukunft gewinnt. Und das geht manchmal nicht. Es ging insbesondere in der damaligen politischen Umbruchsituation nicht. Deswegen war die Übergangszeit von 1992 bis 2000 schwierig, auch für mich persönlich.

Sie haben dann ein neues Unternehmen gegründet.

Thomas Gründemann: Ja. Die Nachfolgeregelung ist bei einem Familienunternehmen nicht einfach, wenn die Meinungen über die Zukunftsstrategie auseinandergehen. Deshalb habe ich im Jahr 2000 die Ferak Berlin GmbH als Dienstleistungspartner für Auftragsforschung und organische Auftragssynthese mit mir als alleinigem Gesellschafter gegründet. Das war ganz bewusst dazu gedacht, den Ballast der Vergangenheit abzuwerfen und einen neuen Startschuss zu geben. Die einzigen Überbleibsel der Unternehmensgeschichte waren das gemietete Firmengebäude in Neukölln, wenige verbliebene Mitarbeiter, ein Reinigungsmittel namens Q9, das wir herstellten und vertrieben, und Kontakte.

Wie haben Sie nach diesem Neuanfang weitergemacht?

Thomas Gründemann: Zunächst blieben wir mit einem selbst entwickelten Reinigungsmittel für Elektronikbauteile im Reinigungsmittelgeschäft. Dieses Produkt namens Ferasil ist im Lauf der Zeit zu einer starken Marke geworden und durch andere Markenprodukte ergänzt worden. Daneben habe ich mit Auftragsforschung für Kunden im kleinen Maßstab begonnen. Wir haben im Labor Reagenzien im Gramm-Maßstab synthetisiert, sie selbst verpackt und zur Post gebracht. Mit der Zeit wurden immer mehr Kunden auf uns und unser Know-how aufmerksam. Die Kunden haben gesehen, dass wir exzellente Chemiker haben. Wir waren eine kleine Firma mit dem Wissen der Akademie der Wissenschaften der ehemaligen DDR, die unbedingt Erfolg haben will, ja muss - wir hatten ja gar keine andere Wahl. So haben wir angefangen. Mit mir und einigen anderen Kollegen in der Entwicklung haben wir Projekt für Projekt abgearbeitet.
2006 hatte Ferak Berlin dann vier Bereiche: Auftragsforschung, Auftragssynthese, NMR-Auftragsanalytik und das Reinigungsmittelgeschäft. 2007 folgte die Zertifizierung nach DIN ISO 9001, und heute hat Ferak bereits wieder 25 Mitarbeiter. Und wir wollen weiter erfolgreich wachsen. Die Produktion ist ausgelastet, sodass wir zurzeit an unsere Grenzen stoßen. Wir haben bereits hohe Investitionen getätigt, um unsere Analytik auszubauen. Jetzt wollen wir in den Ausbau unserer Produktions-, Abfüll- und Lagerkapazitäten investieren.

Was planen Sie genau?

Thomas Gründemann: Wir werden in einer 1.500 m2 großen Halle neben unserem Hauptgebäude drei Produktionsräume sowie Abfülleinheiten, Lager-, Bereitstellungs- und Verpackungsbereiche nach aktuellsten Qualitätsstandards errichten. Nur so können wir unsere „ein Produkt pro Kampagne"-Strategie sowohl in der Herstellung als auch in der Abfüllung bei weiterem Wachstum fortführen. Mit dieser Strategie stellen wir sicher, dass Kreuzkontaminationen ausgeschlossen werden. Neben der Gewährleistung der Arbeitssicherheit ist der Ausschluss von Kreuzkontaminationen in unserem Geschäft ein absolutes Muss! Wir bewegen uns im Bereich von Feinchemikalien mit strengen Spezifikationen und hohen Reinheiten in einem Nischenmarkt mit hoher Wertschöpfung. Aber dafür müssen Sie die höchsten Qualitätsstandards erfüllen.

Ein Nischenmarkt nicht nur hinsichtlich der Chemie, sondern auch in Bezug auf die Volumina. In welchen Mengen werden diese Produkte hergestellt?

Thomas Gründemann: Wir fühlen uns wohl im Mengenbereich von 50 l bis etwa 800 l Reaktorvolumen. Das ist unsere Größe, und dafür haben wir die Genehmigungen von den Behörden. Wir wollen mit unseren Reaktoren unter 1.000 l bleiben, denn erstens sitzen wir in einem Industriegebiet mitten in Berlin, und zweitens gibt es im Markt genügend Kapazität über 1 m3. Zurzeit haben wir Reaktoren von 100 - 500 l. In den neuen Produktionsbereichen wollen wir bis etwa 800 l gehen, das reicht aus, um Kundenprojekte vom Labormaßstab relativ schnell in den Produktionsmaßstab zu übertragen. Mit dem Ausbau werden wir die Produktionskapazitäten mindestens verdoppeln, wenn nicht sogar verdreifachen. Größer soll es allerdings nicht mehr werden. Auch das ist eine klare Strategie, denn ich glaube, dass dann das persönliche Engagement um den Kunden und um das Produkt leiden würde. Das wäre für mich nicht das, wofür Ferak steht. Ferak steht für exzellente Produkte, deren Chemie und Synthese wir bis ins letzte Detail verstehen. Die Wünsche der Kunden hinsichtlich Qualität und Service konsequent umzusetzen, ist zeitintensiv. Das kann Ferak in der jetzigen Größe und Wachstumsstrategie gewährleisten. Manche Manager haben heutzutage nur Wachstum im Blick. Was sie dabei vergessen, ist, dass man auch seine Grenzen kennen muss.

Nicht nur seine Grenzen was Größe angeht, sondern auch was die Kompetenzen angeht.

Thomas Gründemann: Absolut! Ich schaue mir Kundenanfragen ganz genau an, um zu entscheiden, ob das Projekt zu uns passt. 70 - 75 % aller Anfragen beantworte ich negativ, weil ich erkenne, dass das Projekt aus irgendeinem Grund nicht zu Ferak passt, sei es von den Anlagen her, sei es vom Know-how her, sei es aufgrund der Genehmigungen oder weil die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen bei dem Projekt einfach nicht stimmen. Das sind die klassischen vier Gründe, die zu einer Ablehnung von Projekten führen. Es ist etwas Gutes, dass wir entscheiden können, welche Projekte wir bearbeiten. Aber ich bin mir durchaus bewusst, dass das ein Luxusproblem ist. Auf der anderen Seite ist diese Haltung den Kunden gegenüber, die höchste Qualität, Top-Service und einen Mehrwert von Ferak erwarten, nur fair. Wir sind ja auch Mitglied in der CASID, der Arbeitsgemeinschaft „Chemische Auftragssynthese in Deutschland". Wenn ich Anfragen bekommen, die nicht in das Ferak-Portfolio oder unsere Anlagen passen, dann verweise ich gerne an einen anderen deutschen Kollegen, in dessen Portfolio das Projekt passt oder der die Kapazität dafür hat.

Die CASID wurde im gleichen Jahr gegründet wie die „neue" Ferak. Wie hat sie sich in der letzten Dekade entwickelt?

Thomas Gründemann: Mittlerweile hat sich die CASID, die ja jetzt ein eingetragener Verein ist, zu einem sehr erfolgreichen Netzwerk entwickelt, in dem unter den Mitgliedern nicht die Konkurrenzsituation im Vordergrund steht, sondern ein Miteinander, angefangen beim regelmäßigen Erfahrungsaustausch bis hin zu gegenseitiger Empfehlung. Schlussendlich wollen wir natürlich die Feinchemie in Deutschland halten, das hat sich die CASID auf die Fahne geschrieben. Und da die CASID ein deutschlandweites Netzwerk ist, erfolgt auch ein Austausch über regulatorische Themen, die alle Mitglieder betreffen, z. B. GMP, REACh oder dem Bundesemissionsschutzgesetz. Mitunter ist es interessant, von anderen zu hören, wie an deren Standorten mit Bundesemissionsschutzgenehmigungen umgegangen wird.

Wie wird sich mit dem Ausbau der Produktionskapazität die Mitarbeiterzahl entwickeln?

Thomas Gründemann: Ich denke, wir werden Richtung 35 Mitarbeiter gehen, also etwa zehn mehr als heute. Das ist angemessen und überschaubar. Ich möchte auch in Zukunft noch jeden Mitarbeiter jeden Tag sehen und mit Namen kennen. Ferak ist eben ein typisches Familienunternehmen. Und ich achte sehr darauf, dass eine gewisse Menschlichkeit im Betrieb herrscht. Das ist genauso wichtig wie das Fach-Know-how. Deswegen arbeiten wir nur mit eigenen Mitarbeitern, nicht mit Leihpersonal, also auf gut Deutsch ganz klassisch. Manche würden es langweilig nennen, ich nenne es solide. Wir sind ein Team, in dem ich mich auf meine Mitarbeiter verlassen kann und sie sich auf mich.

Haben Sie Probleme, gute Leute zu finden?

Thomas Gründemann: Nein, ich sehe überhaupt keine Schwierigkeiten, herausragend qualifiziertes Fachpersonal zu finden. Das ist, da zurzeit viel über Fachkräftemangel diskutiert wird, sicher eine Ausnahmesituation und liegt daran, dass in Berlin in den letzten Jahren viele Firmen Personal abgebaut haben und es immer noch tun. Denken Sie nur an Schering, Jerini oder Daikin. Dadurch befindet sich ein enormes Potential an Fachleuten für Forschung, Analytik und Produktion auf dem Markt. Es bewerben sich bei uns exzellente Chemiker mit einem unglaublichen Fach-Know-how. Gerade solche Mitarbeiter, die aus einer Konzernstruktur kommen, schätzen den familiären Charakter bei Ferak und merken, dass es auch in Kleinbetrieben ganz erfolgreich zugehen kann.

Ferak ist immerhin ein global agierender Kleinbetrieb. Wo sind Ihre Kunden heute?

Thomas Gründemann: Wir haben Kunden in weltweit 40 Ländern, in Europa, Amerika, Asien und Australien. Wir liefern nach Indien und Japan und bauen gerade eine chinesische Vertretung auf, weil ich glaube, dass China nicht nur für Großkonzerne, sondern auch für kleine Firmen wie Ferak ein großes Potential bietet.

Für viele westliche Chemikalienproduzenten stellt China nicht nur einen attraktiven Markt, sondern auch eine Bedrohung durch die zunehmende Zahl von neuen Wettbewerbern dar. Wie sehen Sie das?

Thomas Gründemann: Ich sehe das mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Auch wir beziehen Rohstoffe aus Indien und China, und wir unterziehen diese Produkte strengsten Qualitätsprüfungen. Natürlich muss man sich die Lieferanten sehr genau betrachten, unter welchen Bedingungen sie produzieren und welche Qualitäten sie liefern. Da ich selbst mit Herz und Seele Chemiker bin, kann ich das einschätzen. Es gibt durchaus asiatische Firmen, die wirklich gut arbeiten, diese sind aber preislich nicht weit von uns entfernt. Und in dem Produktmengenbereich bis 500 kg, in dem wir hauptsächlich arbeiten, ist die Konkurrenzsituation noch recht klein. Aber das kann sich natürlich ändern.

Wo liegen denn die besonderen Kompetenzen von Ferak, die ja auch eine gewisse Markteintrittsbarriere für neue Wettbewerber darstellen?

Thomas Gründemann: Eine unserer Hauptkompetenzen sind Stickstoff- und Sauerstoffheterocyclen. Neuerdings arbeiten wir allerdings auch mit anorganischen Verbindungen - Stichwort Katalysatortechnik. Wir dürfen gemäß der Multi-Purpose-Genehmigung nach Bundesemissionsschutzgesetz korrosive Gase in großen Mengen verarbeiten, dürfen also damit organisch präparativ arbeiten, und werden dafür von den zuständigen Behörden regelmäßig überprüft - ohne Mängel seit Jahren. Unsere Reaktoren sind entweder aus Edelstahl oder Stahlemaille. Wir können Reaktionen im Temperaturbereich zwischen -100 °C und +220 °C durchführen, können Reaktoren mit einer speziellen Temperiertechnik selektiv anfahren, um Exothermien abzufangen. Wir arbeiten im Bereich Kryotechnik auch mit Spezialreaktoren unter Einsatz von Flüssigstickstoff. Wir arbeiten viel mit Schutzgas, können also auch wasserempfindliche Reaktionen durchführen.
Eine unserer Stärken ist z. B. die fraktionierte, temperaturkontrollierte Kristallisation, die bei sehr hochwertigen Feinchemikalien insbesondere für den Pharmabereich zur Gewährleistung der Reinheit wichtig ist. Und so können wir ein sehr breites Spektrum an organischer Chemie betreiben von der Synthese bis zur Aufarbeitung. Da viele der Produkte temperaturempfindlich sind, verfügen wir auch über die entsprechenden Tiefkaltlagerungs- und Abfüllmöglichkeiten bis hin zur Versandlogistik mit Isolierverpackungen und Temperaturmonitoren. 

Kontakt

Ferak Berlin GmbH

Lahnstr. 34
12055 Berlin
Deutschland

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