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Innovatives Denken ist erforderlich

Top-Manager der Chemiebranche diskutieren über “Lean Innovation”

11.05.2010 -

Viele Chemieunternehmen haben die Nachfragekrise im vergangenen Jahr mithilfe innovativ und erfolgreich umgesetzter Konzepte und Maßnahmen zur Verschlankung und Optimierung ihrer Prozesse überstanden. Die jüngsten Quartalsmeldungen so gut wie aller wichtigen Unternehmen der Chemiebranche (vgl. Seiten 2-7 dieser Ausgabe) zeigen einen ausgeprägten Aufwärtstrend bei Umsätzen und Auftragseingängen. Nachdem die meisten Experten nun von einer steten und nachhaltigen Konjunkturbelebung ausgehen, geht diese Phase des „Management auf Sicht" zu Ende und neue Herausforderungen werden am Horizont sichtbar. Den Mitarbeitern wurden im letzten Jahr viele Zugeständnisse abverlangt, wodurch sie eine „Lean-Kultur" der Effizienz entwickelt haben. Diese gilt es nun auf die Zukunft auszurichten. Erneut ist innovatives Denken gefordert.

Doch wie lässt sich die in den Unternehmen hart erarbeitete kostenfokussierte Kultur mit einem zukunftsgerichteten Innovationsdenken verbinden, um wieder auf Wachstum umzuschalten und auch künftig die Marktposition zu sichern? Darüber diskutierten rund 25 Experten aus der Chemischen Industrie Mitte April unter dem Motto "Lean Innovation" auf Einladung von Celerant Consulting.
Celerant zählt zu den führenden Managementberatungen und ist spezialisiert auf nachhaltige Veränderungen betrieblicher Prozesse. Prof. Dr. Rudolf Jerrentrup, der als Senior Advisor Chemicals/Pharma bei Celerant Consulting Deutschland in engem Kontakt mit Marktexperten und führenden Unternehmen der Branche steht, bestätigte, dass man nun wieder Wachstum erwartet, stellte allerdings auch fest, dass vielerorts auch noch eine gewisse Verhaltenheit zu beobachten sei.
Viele Unternehmen haben die Krise genutzt, um sehr radikal kurzfristig machbare Maßnahmen hinsichtlich der Optimierung der Kostenstruktur zu ergreifen und den Cash-out zu minimieren. Was dabei auf der Strecke geblieben ist, sei eine durchgängige konsequente Umsetzung dieser Veränderungen hinsichtlich nachhaltiger Stabilität und einer Basis für zukünftiges Wachstum.
Das Cash-Optimierung nicht zu Lasten von Innovationsfähigkeit gehen muss, erläuterte Dr. Reinhard Gradl, Chairman der Oxea-Gruppe. Oxea, seit 2007 eine Portfoliogesellschaft von Advent International, verbessere kontinuierlich Systeme, Arbeitsabläufe und Prozesse, um die Qualität von Produkten und Dienstleistungen zu steigern und die Anforderungen der Kunden zu erfüllen. Der Anbieter von Oxo-Produkten und -Derivaten habe die im November 2008 hereinbrechende Nachfragekrise schnell gemeistert und bereits im März 2009 nach nur vier Monaten wieder die Absatzmengen von vor der Krise erreicht.
Auch Oxea habe unverzüglich Kostensenkungsmaßnahmen eingeleitet, die Frage, ob das Unternehmen die Krise deshalb gemeistert habe, verneinte Gradl jedoch. Vielmehr führte er dies auf mehrere andere Faktoren zurück, die er mit dem Motto "Lean but Smart" umschrieb. Dazu gehöre es, einerseits die Kostenstruktur im Blick zu behalten, andererseits aber Investitionen gezielt einzusetzen, die Kundenbeziehungen zu stärken, die Marktkenntnis für intelligente Entscheidungen zu nutzen und vor allem Anreize für die Mitarbeiter zu schaffen. Zur Einhaltung der Kostenstrukturen bediene sich das Unternehmen der Six Sigma-Methodik. Als Beispiel für gezielte Investitionen nannte Gradl den Erwerb einer Anlage für Spezialester in Amsterdam im August 2009, als andere Unternehmen noch über den Verkauf von Assets nachdachten. Eine kostengünstige Erweiterungsmöglichkeit sei dies zum damaligen Zeitpunkt gewesen.
Die konsequente Implementierung der Strategie - auch und gerade in einer Krise - sichere dem Unternehmen eine optimale Ausgangsposition in der Wiederbelebungsphase. Dazu zählte für Oxea u.a. eine Verlängerung der Oxo-Wertschöpfungskette und eine Verbreiterung der Produktlinien. Schließlich betonte Gradl, dass eine"Lean but Smart"-Strategie nur mit "Smart People" zum Erfolg führe. Es sei unverzichtbar, die Mitarbeiter für das Vorhaben zu gewinnen und sie in jeder Phase einzubinden, ihnen die Strategie zu erklären und ihnen für Zugeständnisse während einer schwierigen Phase entsprechende Anerkennungen zu bieten.
Ein weiteres Beispiel, wie ein Unternehmen eine Nachfragekrise nicht nur durchsteht, sondern gestärkt daraus hervorgeht, erläuterte Dr. Ron Commander, Leiter der Geschäftseinheit Butylkautschuk bei Lanxess. Sein Vortrag war mit "Continuous Improvement" betitelt und machte deutlich, dass es zu jedem Zeitpunkt im Konjunkturzyklus notwendig ist, seine Geschäftsprozesse auf das Ziel "Best in Class" zu trimmen. Commander ermutigte die Teilnehmer, den Status Quo zu jeder Zeit in Frage zu stellen und nach Verbesserungsmöglichkeiten zu suchen. Es sei wesentlich, dass man immer wisse, wo man im Vergleich mit seinen Wettbewerbern stehe und über exzellente Informationen verfüge, wie sich die Märkte künftig entwickeln werden, um ohne Verzögerung auf Veränderungen reagieren zu können. Was man tue, müsse man schnell machen, so Commander, denn die Konkurrenz bliebe auch nicht stehen.
Die Business Unit Butyl Rubber von Lanxess stellt hochwertige Butyl- und Halobutylkautschuke für die Reifen- und Gummiindustrie her und war deshalb besonders stark vom weltweiten Einbruch der Automobilproduktion und anderer Branchen betroffen. Mit der Hilfe der Beratungsexperten von Celerant hat die BU jedoch bereits vor der Krise an zwei Produktionstandorten umfangreiche Restrukturierungsprojekte begonnen. Dadurch konnten beide Werke wieder wettbewerbsfähig gemacht werden. Die schlankeren und flexibleren Kostenstrukturen führten inzwischen zu Einsparungen von insgesamt über 50 Mio. €, deutlich mehr als die gesteckten Ziele.
Doch wie eingangs betont dürfen Restrukturierungs- und Optimierungsprojekte nicht zu einer Behinderung von Wachstumschancen und Innovationsfähigkeit der Unternehmen führen. Commander verwies darauf, dass Lanxess auch während der Krise weiter in F&E investiert habe - sogar mehr als zuvor - mit dem Ergebnis, dass seine BU nun über ein verbessertes Herstellungsverfahren für Butylkautschuk verfüge, das künftig in einer neuen Anlage zum Einsatz komme und Lanxess einen signifikanten Kostenvorteil sichere.
Prof. Jerrentrup untermauerte die Aussagen beider Referenten hinsichtlich Investitionen trotz Kostenreduzierung. Gerade bei den erfolgreichen Unternehmen der Chemiebranche zeige sich, dass sie weder in den Bereichen F&E noch bei kundennahen Dienstleistungen kürzen. Offensichtlich gebe es hier ein Bewusstsein dafür, dass nur diejenigen Unternehmen langfristig überlebensfähig sein werden, die gerade in einer Krise das Thema Innovation mit dem gleichen Hochdruck vorantreiben, um später die Früchte dieses Einsatzes zu ernten.
Es sei zu beobachten, so Jerrentrup, dass inzwischen in vielen Unternehmen die Wertsteigerung über die Zeit mehr im Vordergrund steht als die kurzfristige Cash-Optimierung. Dies sei an den Beispielen der im Private Equity-Besitz befindlichen Oxea und der börsennotierten Lanxess besonders gut deutlich geworden. Letztlich sei das auch im Sinne der Investoren.

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