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Interview: Logistik für China

21.04.2013 -

Logistik für China – Ausgedehntes Logistiknetz und Chemielogistikerfahrung treffen sich in China. Im Herbst 2006 hatte Talke Logistic die erste Repräsentanz in China eröffnet.

In diesem Jahr haben sich die Aktivitäten auf dem asiatischen Markt durch die Kooperation in einem Joint Venture mit der in China ansässigen Kerry Logistics noch verstärkt.

In dieser Konstellation sollen auch Onsite-Services wie etwa Lagerhaltung und Weiterverarbeitung auf dem Produktionsgelände der Kunden aus der Chemie im chinesischen Markt angeboten werden.

CHEManager befragte Richard Heath, Chief Business Development Officer von Alfred Talke und Vincent Wong, Joint Managing Director von Kerry Logistics Network zur aktuellen Situation auf dem Logistikmarkt Chinas und zu den Plänen des Joint Ventures Kerry-Talke für chemierelevante Logistik in Asien.

Die Fragen stellte Dr. Sonja Andres.

 


CHEManager: Wie sieht der Logistikmarkt im Bereich Chemikalien und Gefahrstoffe in China heute aus? Welche Hürden müssen überwunden werden?

V. Wong: In der Vergangenheit hat die Chemiebranche in China ihre Logistik vorwiegend selbst organisiert. Logistik und Handhabung des Materials wurden zum großen Teil intern geregelt.

Outsourcing erfolgte für den Transport und in einem gewissen Maß auch im Bereich der Lagerung. Der Bereich Transport ist stark wettbewerbsorientiert mit Focus auf niedrigen Preisen. Dieser Preisdruck führt leider oft dazu, dass in Bereichen wie Sicherheit gespart wird.

Insgesamt ist es schwierig, hier kurzfristig ein Umdenken zu erreichen. Wenn innerhalb von Produktionsstätten mit der Logistik zusammenhängende Aktivitäten wie z. B. die Lagerung und Verpackung von dritten gehandelt werden, dann handelt es sich hierbei häufig um Manpower Supplier.

Diese sind tendenziell jedoch wie der Name schon sagt, eher als Unterstützung der Arbeitskräfte zu sehen und weniger als logistische Dienstleister.

Koordination und Management liegen weiterhin in Händen der Hersteller. Das Verständnis für ein Konzept, nach dem die gesamte Logistik ausgelagert wird, ist noch begrenzt.

R. Heath: Eine der größten Hürden im Chinageschäft ist die allgemeine Genehmigungspflicht. Firmen benötigen eine Vielzahl von Genehmigungen für ihre Aktivitäten. Insbesondere in Bereichen wie z. B. dem Transport von Gefahrgütern kann es sehr schwierig sein, diese Genehmigungen zu bekommen. Gerade im Transportwesen werden darüber hinaus für bestimmte Regionen zusätzliche Genehmigungen verlangt.

 


Worin liegen die größten Unterschiede der beiden Märkte Europa und China auf den Bereich Logistik heruntergebrochen?

V. Wong: In Europa existiert ganz klar ein ausgereifter Markt, der sich über die Jahre hinweg entwickeln konnte und in dem die Logistik viele Entwicklungsphasen durchschritten hat.

China ist noch dabei, einige dieser Phasen zu meistern. Obwohl das Land sich mit einer unglaublichen Geschwindigkeit entwickelt, muss der Umdenkprozess in den Köpfen erst noch stattfinden.

R. Heath: Wenn man auch nicht sagen kann, dass in Europa ein absolut ideales System gesetzlicher und behördlicher Bestimmungen vorliegt, ist es hier möglich, Güter unter den gleichen Bedingungen zu transportieren ohne mit unterschiedlichen gesetzlichen Bestimmungen oder Genehmigungspflichten konfrontiert zu werden.

Erforderliche Transportgenehmigungen und die Schwierigkeiten Lager unter Zollverschluss mit Lagern, die nicht unter Zollverschluss stehen, zu kombinieren, stellen eine Herausforderung beim Entwickeln effizienter Lieferketten in China dar.

 


Um im asiatischen Markt Fuß zu fassen, ist Talke ein Joint Venture mit der in Hongkong ansässigen Firma Kerry Logistics eingegangen. Welcher Partner ergriff die Initiative, um den chinesischen bzw. den europäischen Markt zu erschließen?

R. Heath: Beide Unternehmen hatten unterschiedliche Beweggründe, die ein gegenseitiges Interesse an der Errichtung eines Joint Ventures erzeugten. Talke hat sich auf die Chemielogistik spezialisiert und der Schritt nach China wird im Wesentlichen von zwei Motiven getragen.

Zum Ersten der Erfordernis, die Kunden mit kompletten Logistiklösungen zu bedienen und dabei die anderen Märkte von Talke in Europa und im Mittleren Osten in die Lieferkette einzubinden.

Zum Zweiten zeigen die global agierenden Firmen der chemischen und petrochemischen Industrie, zu denen ein Großteil der Kunden von Talke zählt, Interesse an verlässlichen und erfahrenen Dienstleistern, die ihr Chinageschäft unterstützen können.

Kerry Logistics hat seinen Schwerpunkt im Chinageschäft und ist dabei, um das Kerngeschäft in China herum ein globales Netzwerk mit Kompetenz in der Frachtbeförderung aufzubauen. Eine dieser Aktivitäten ist der Transport chemischer Güter und Kerry sah die Notwendigkeit, hier Knowhow durch einen Partner wie Talke einzuführen.

 


Was unterscheidet die beiden Logistikunternehmen Talke und Kerry und wobei ergänzen sie sich?

V. Wong: Während Kerry als Logistikdienstleister eine große Produktpalette anbietet, hat sich Talke auf den Transport und die Logistik von chemischen und petrochemischen Gütern spezialisiert.

Kerry stellt ein globales Netz zur Frachtbeförderung zur Verfügung, welches nicht Teil des Geschäftes von Talke ist. Die Verbindung beider ergibt eine starke Partnerschaft, von der die chemische und petrochemische Industrie profitieren können.

 


Welche Logistikleistungen können den Unternehmen der chemischen Industrie nun angeboten werden, die im chinesischen Markt Fuß fassen oder ihre Geschäfte dort ausbauen wollen?

R. Heath: Grundsätzlich bietet Kerry-Talke die gesamte Produktpalette logistischer Dienstleistungen in China an. Neueinsteiger in das Chinageschäft unter den Kunden können von der Möglichkeit profitieren, das komplette Dienstleistungspaket aus einer Hand zu erhalten.

Der Aufbau einer eigenen Logistikabteilung kann somit entfallen. Damit reduziert sich nicht nur der tägliche Stress, sondern es entfällt auch die Notwendigkeit, Mitarbeiter für diesen Sektor einzustellen.

 


Gibt es bereits konkrete Projekte?

V. Wong: Kerry-Talke verhandelt aktuell mit großen Industrieunternehmen. Wir stellen hier ein wachsendes Interesse für spezialisierte Outsourcing-Lösungen fest. Aktuell ist Kerry-Talke im Begriff, Land für die Lagererrichtung und den Warenumschlag zu erwerben.

Die erste Phase startet in Ostchina. Sobald der Kauf getätigt ist werden wir Einzelheiten bekannt geben.

 


Lassen sich europäische Logistikkonzepte für Chemikalien bzw. Gefahrstoffe, die für den europäischen Markt entwickelt wurden, auf den chinesischen Markt übertragen?

V. Wong: Lokale Unterschiede werden immer bestehen. Kerry-Talke hat sich jedoch zum Ziel gesetzt, die besten Konzepte in der wachsenden chemischen Industrie in China einzuführen.

Hierfür benötigt man viele Jahre Erfahrung, die beide Joint-Venture Partner mitbringen. Die Entwicklung in China schreitet rasch voran. Man kann feststellen, dass sich die Geschäftsmodelle grundsätzlich ähnlich entwickeln, wenn auch mit unterschiedlicher Geschwindigkeit.

 


Sie hatten bereits die Möglichkeit, Erfahrung auf dem Polymer Sektor im Mittleren Osten zu sammeln. Bitte konkretisieren Sie.

R. Heath: Im Mittleren Osten tätig zu werden, ergab sich aufgrund des enormen Produktionswachstums in dieser Region. Wachsende Volumina führen zu neuen logistischen Herausforderungen und zu höheren Anforderungen an die Flexibilität.

Die Entwicklung drehte sich in der Hauptsache um die Einführung eines Konzeptes zum Outsourcing der Logistik, im engsten Umfeld der Produktionsstätte.

Talke konnte dieses Konzept erfolgreich etablieren und ist jetzt dabei, durch spezielle Kunststoff-Verladeterminals, so genannte Multi-User-Plattformen, die Flexibilität für die Kunden weiter auszubauen.

Angesichts der Entwicklung im Mittleren Osten bietet unser Schritt nach China den Kunden wiederum die Option, die bestmöglichen Konzepte für einen Export vom Mittleren Osten nach Asien zu nutzen.

 


Was ist unter dem Begriff „Multi-User-Plattform" zu verstehen?

R. Heath: Die „Multi-User-Plattformen" werden für die Industrie allgemein an strategisch interessanten Orten - sei es nahe an Produktionsstätten oder in der Nähe von Häfen - eingerichtet.

Die Plattformen können von einer Vielzahl von Kunden genutzt werden - je nach individuellem Bedarf. Die Nutzung erfolgt sporadisch oder mit dem Abschluss eines kurz- oder mittelfristigen Vertrages.

Wir erreichen hier einen hohen Grad an Flexibilität und Kosteneffizienz durch das Bedienen von mehren Kunden an einem Ort.

 


Wie schätzen Sie die weitere globale Entwicklung des Logistikmarktes für Chemikalien und chemische Produkte ein?

V. Wong: Der Logistikmarkt wird auch künftig von enormer Bedeutung sein.

Produzenten suchen nach Regionen mit optimalen logistischen Voraussetzungen, die sehr oft weit von den Verbrauchermärkten entfernt sind, speziell im Falle von Massengütern wie Granulatprodukten der Petrochemischen Industrie.

Hauptproduktionsländer - wie z. B. China - spielen nicht nur eine wichtige Rolle in der Produktion für den lokalen Markt sondern sind auch die Quelle für andere Regionen der Welt, die Produkte zu wettbewerbsfähigen Konditionen benötigen.

Der Kostendruck wird auch weiterhin auf der Industrie lasten und stellt eine anhaltende Herausforderung für Regionen wie Europa mit verhältnismäßig hohen Lohnkosten dar.