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Paperless Lab: Erfahrungen bei der Implementierung

Dr. Thomas Früh, Bachem; Andreas Prestel, Rentschler; Franz Breitfeld, Carbogen Amcis im Erfahrungsaustausch

17.10.2011 -

Vialis unterstützt als Anbieter für Paperless Lab-Lösungen Unternehmen bei der Einführung eines passenden Systems (s. auch CHEManager 16/2011 und 17/2011). Drei Chemie- und Pharmaunternehmen, die die Dienste von Vialis nutzen, berichten über die eigenen Erfahrungen bei der Einführung und Nutzung des Paperless Lab. Sie befinden sich in unterschiedlichen Projekt-Phasen: Bachem ist derzeit in der Bewilligungsphase, Rentschler befindet sich mitten in der Implementierung und Carbogen Amcis betreibt bereits seit acht Jahren ein papierloses Labor. Dr. Birgit Megges führte das Interview mit Dr. Thomas Früh, COO von Bachem, Andreas Prestel, Projektleiter ROOT-LIMS von Rentschler Biotechnologie und Franz Breitfeld, Leiter Analytik von Carbogen Amcis.

CHEManager: Welche Gründe haben Sie bewogen, sich für die Implementierung eines Paperless Lab zu entscheiden?

Franz Breitfeld: Es sind unterschiedliche Beweggründe: Es ist die höhere Effizienz in den Laborabläufen durch Wegfall der zeitraubenden Weitergabe von Papierdokumenten im Resultatreview und -freigabeprozess; die verbesserte Qualität der Dokumentation; die Wiederfindbarkeit der Daten durch vorgegebene strukturierte Datenablage und Suchtools; die Harmonisierung der Abläufe an allen Standorten; die elektronische Absicherung der Rückverfolgbarkeit von den Rohdaten bis zum fertigen Resultat und die Reduktion vom Papierarchiv und der Verwaltung.
Dr. Thomas Früh: Im aktuellen Wirtschaftsumfeld suchen wir aktiv nach Kosteneinsparungspotential. Unser „Paper based" Prozess benötigt großen Kontrollaufwand, der durch ein LIMS deutlich reduziert werden kann.
Andreas Prestel: Für das wachsende Unternehmen ist die Flut an papierbasierter Dokumentation immer schlechter handhabbar geworden. Der Wechsel zu einer datenbankbasierten Lösung sollte vor allem Informationen sicherer und schneller verfügbar machen.

Welche konkreten Vorteile versprechen Sie sich davon bzw. haben sich bereits ergeben?

Franz. Breitfeld: Von Vorteil sind vor allem die Datenverfügbarkeit und die Qualität der Daten. Ein weiterer Vorteil ist die Möglichkeit, unseren Kunden via Kundenportal Zugriff auf ihre Analysedaten zu ermöglichen. Damit sind umständliche Ausdrucke und PDF-Kopien, welche per E-Mail verschickt werden müssten, nicht mehr notwendig.
Andreas Prestel: Mit dem Wechsel zu Paperless-Lösungen verspricht man sich sowohl beschleunigte Freigabeprozesse für Wareneingänge und Endprodukte als auch eine Qualitätssteigerung, zum Beispiel durch Unterstützung des Mitarbeiters im Labor bei der Einhaltung von Vorgaben. Weiterhin geht es uns um die Absicherung der regulatorischen Compliance, beispielsweise durch Ersetzen von Excel-basierten Lösungen. Konkret verbessert hat sich zum Beispiel das Sample Tracking, das jetzt elektronisch auf Basis von Barcodelabels funktioniert.
Dr. Thomas Früh: Zusätzlich zu Kosteneinsparungen erwarten wir eine verbesserte Datenqualität und Datenverfügbarkeit.

Ein Paperless Lab beinhaltet auch eine automatisierte Auswertung der Daten. Macht es Sinn, den „Faktor Mensch" an dieser Stelle auszuschalten? Geht dem Unternehmen damit nicht langfristig Know-how im Unternehmen verloren?

Franz Breitfeld: Ganz im Gegenteil, das strukturierte Archivieren der Daten in elektronischer Form schafft erst die Voraussetzung, auf analytisches Know-how in effizienter Weise zuzugreifen.
Andreas Prestel: Wir haben ebenfalls die Erfahrung gemacht, dass das System den Kollegen ermöglicht, sich mit ihren analytischen Methoden noch intensiver wissenschaftlich auseinanderzusetzen, weil sie von administrativen Arbeiten entlastet werden.
Dr. Thomas Früh: Wir schalten vorwiegend die arbeitsintensiven Kontrollen, Übertragungen und Aufbereitung von Daten aus. Bevor eine automatisierte Auswertung erfolgen kann, braucht es immer Spezialisten, die notwendige Berechnungen oder Algorithmen hinterlegen.


Werden durch die Umstellung Arbeitsplätze eingespart?

Andreas Prestel: Wir hatten während der Einführung sogar einen erhöhten Aufwand. Mittelfristig erwarten wir uns Effizienzsteigerungen durch robustere Prozesse und Entlastung von administrativen Aufgaben. Somit können unsere Mitarbeiter sich noch besser um wertschöpfende Dinge kümmern. Ein Abbau von Arbeitsplätzen ist mit der Einführung dieses Systems definitiv nicht verbunden.
Franz Breitfeld: Bei konstanter Arbeitslast können sicherlich Arbeitsplätze eingespart werden. Im Fall von Wachstum reduziert sich die Zahl neu einzustellender Mitarbeiter.
Dr. Thomas Früh: Im Idealfall können wir geplantes Umsatzwachstum ohne zusätzliche Mitarbeiter in der Analytik bewältigen. Fehlt das Wachstum, kommt es gezwungenermaßen zum Abbau von Arbeitsplätzen.

Herr Dr. Früh, Sie sind in der Bewilligungsphase. Wie sehen die allerersten Schritte auf dem Weg zu einem papierlosen Labor aus?

Dr. Thomas Früh: Zuerst werden die internen Prozesse optimiert. Dann werden in einem Pilotversuch mögliche Systeme getestet, bevor eine Implementierung in der ganzen Firma erfolgt.

Herr Prestel, Sie haben das LIMS implementiert und sind aktuell mit der Anbindung der Geräte an das System beschäftigt. Gab es bei der Implementierung Probleme, die man zuvor nicht auf den ersten Blick gesehen hatte? Können Sie anderen Firmen Tipps mit auf den Weg geben?

Andreas Prestel: Bei der Systemauswahl ist die Einbettung des LIMS in das Systemumfeld wie ERP, DMS, eQMS und eventuell weiterer Systeme wie Projekt- und Ressourcenplanungstools wichtig. Hier gibt es in einer IT-Landschaft mit entsprechender Größe schnell komplexe Schnittstellenanforderungen. Man muss sich entscheiden, ob in der Systemauswahl die zugrunde liegende Technologie des LIM-Systems wesentlicher ist, als die Funktionen, die das System standardmäßig mitbringt, da diese eventuell durch andere IT-Systeme im Unternehmen abgebildet werden. Haben sie dann noch ein hoch konfigurierbares LIMS mit Tools für benutzerdefinierte Masken, Berichte und für die Geräteintegration, sind die Voraussetzungen für eine erfolgreiche Implementierung vom System her gegeben.
Bei der Implementierung hatten wir auf Anwenderseite Probleme, die große Anzahl an komplexen Anforderungen an das System zu formulieren. Hierfür sollte reichlich Zeit im Projekt eingeplant werden.
Bis auf Zusatzentwicklungen wurde bei Rentschler nahezu alles im Projekt von den Anwendern selbst gemacht - unser Implementierungspartner übernahm hierbei beratende Funktion. Diese Vorgehensweise erforderte einen sehr hohen internen Schulungsaufwand - nicht nur für das LIMS selbst, sondern auch für Prozessmodellierung, Projektdokumentation, Schulung und Validierung.

Herr Breitfeld, Sie betreiben bei Carbogen Amcis bereits seit acht Jahren ein Paperless Lab. Haben sich die Kosten bereits amortisiert?

Franz Breitfeld: Die zugrunde liegende „Return on Investment"-Berechnung lag bei sechs Jahren bis zur Amortisierung des Systems. Die Prozessvereinfachungen und der reduzierte Aufwand, Daten zu suchen und zur Verfügung zu stellen, stellten sich als enormer Zeitgewinn heraus. Allein diese Parameter amortisierten das System bereits nach vier Jahren.

Wie sehen Ihre Erfahrungen bezüglich der Benutzerakzeptanz in den verschiedenen Phasen aus?

Dr. Thomas Früh: Heute - vor dem Start der Implementierung - freut sich die Mehrheit der Mitarbeiter auf einen Systemwechsel.
Andreas Prestel: Wir sind den ersten Hemmschwellen, sich mit einem neuen System zu beschäftigen, erfolgreich begegnet. Alle Benutzer wurden eingehend geschult, dadurch ist die Benutzerakzeptanz der Mitarbeiter überwiegend hoch.
Franz Breitfeld: Die Erfahrung haben wir auch gemacht: Während der Planungsphase ist es wichtig, die Labormitarbeiter über die bevorstehenden Pläne zu informieren. Die schafft zuallererst mehr Vertrauen. Die Erfahrung zeigt im Weiteren, dass ein gutes Trainingskonzept im Vorfeld des Roll-outs die Akzeptanz sehr schnell erhöhen kann. Nach dem Roll-out ist es wichtig, in den ersten zwei bis vier Wochen den Support direkt im Labor anzubieten. Ein persönliches Gespräch bzw. eine Anleitung ist für den Benutzer anfänglich aussagekräftiger als ein Telefonsupport oder ein E-Mail-Helpdesk.
Es ist jedoch so, dass die Vorteile eines solchen Systems nur zum Tragen kommen, wenn man konsequent mit dem Alten bricht und die Möglichkeiten des neuen Systems nutzt. Bei uns gab es viele Mitarbeiter, die den Sinn und Zweck des papierlosen Labors auch nach drei Jahren noch in Frage stellten. Das große positive Aha-Erlebnis kam beim Upgrade der Systeme. In der Zeit standen für mehrere Tage die Systeme und Altdaten nicht zur Verfügung und die alten Papierprozesse mussten wieder genutzt werden.

Wie aufwendig ist die Erhaltung bzw. Optimierung der Strukturen nach der Implementierung?

Franz Breitfeld: Grundsätzlich hängt dies vor allem von der Firma, Ihrer Dynamik und der Art des Q-Systems ab. Im regulierten Pharmabereich mit elektronischen Unterschriften ist der Aufwand sicherlich erhöht durch die wechselnden Behördenvorgaben. Unserer Erfahrung nach sind je nach Umfang der Optimierungspläne ein bis zwei Mannjahre notwendig um das System in einem funktionsfähigen und vor allem in einem validierten Zustand zu halten. Die jährlichen Kosten Belaufen sich auf ca. 15% der Implementierungskosten.
Andreas Prestel: Wir waren darauf bedacht, die Prozesse im LIMS möglichst konfigurierbar abzubilden, um schnell auf Änderungen reagieren zu können. Dies ist uns vor allem dort nicht immer gelungen, wo ein zweites oder drittes System beteiligt ist. Ich kann deshalb nur empfehlen, möglichst viel internes Know-how aufzubauen, um geänderte Anforderungen zu implementieren und zu validieren. 

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