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Commerzbank-Studie „Der Mittelstand und seine Banken“

Kreditklemme: Chemie und Pharma leiden weniger als andere Branchen

17.11.2010 -

Über ein Drittel der Chemie- und Pharmaunternehmen spürt einen erschwerten Zugang zu Krediten - und das bei einem erhöhten Finanzierungsbedarf im Aufschwung. Dies ist das Ergebnis einer aktuellen Studie der Initiative Unternehmerperspektiven, einem Netzwerk für den deutschen Mittelstand, das im Jahr 2006 von der Commerzbank ins Leben gerufen wurde. Für die Mitte Oktober veröffentlichte Studie „Der Mittelstand und seine Banken" wurden deutschlandweit über 4.000 mittelständische Unternehmen befragt, darunter 162 aus der Chemie- und Pharmabranche mit einem Umsatz über 2,5 Mio. € (Grafik 1).

Nach den Ergebnissen der Befragung verbuchen 59 % der Unternehmen in der Chemie- und Pharmaindustrie derzeit eine schlechtere Ertragslage als vor der Finanzkrise. Damit ist die Situation in den Branchen noch wesentlich angespannter als im breiten Mittelstand (50 %). Gleichzeitig ist der Finanzierungsbedarf bei den meisten mittelständischen Chemie- und Pharmaunternehmen (60 % der Nennungen) konstant hoch. 27 % der Unternehmen melden derzeit sogar einen deutlich oder etwas erhöhten Bedarf an liquiden Mitteln. Nur 13 % haben einen geringeren Finanzierungsbedarf (Grafik 2).

In Sachen Kreditzugang schneidet die Branche besser ab: 38 % bemerken hier negative Veränderungen, fünf Prozentpunkte weniger als im Durchschnitt der Gesamtwirtschaft. Auch von einer flächendeckenden Kreditklemme kann in der Branche nicht die Rede sein. Nur 7 % der Unternehmen haben in den letzten zwei Jahren die Kürzung oder Einstellung wichtiger Kreditlinien hinnehmen müssen - so wenige wie in keiner anderen Branche. Gleichzeitig wurden den Unternehmen zu 35 % wichtige Kreditlinien bewilligt (Grafik 3).

Mittelstand fordert wirtschaftsfreundliche Steuerpolitik

Der Staat soll bei der Unternehmensfinanzierung vor allem durch eine mittelstandsfreundliche Wirtschaftspolitik helfen: 87 % der Unternehmen aus Chemie und Pharma weisen darauf hin, dass durch steuerliche Entlastungen die Eigenfinanzierungskraft der Unternehmen gestärkt wird. Eigene Kreditprogramme staatlicher Förderbanken (78 %) sowie staatliche Bürgschaften (68 %) sind aus Unternehmenssicht weitere wichtige Finanzierungshilfen (Grafik 4).
73 % der Chemie- und Pharmaunternehmen - und damit 12 Prozentpunkte mehr als im gesamtwirtschaftlichen Durchschnitt - erwarten Unterstützung bei der Exportfinanzierung, beispielsweise durch Hermes-Bürgschaften. Hier macht sich der in der Branche besonders hohe Anteil an internationalisierten Unternehmen bemerkbar (vgl. Grafik 1).
Weniger wichtig ist den Firmen, dass die Regierung über ihre Kernfunktionen hinaus eine vermittelnde oder regulierende Rolle einnimmt: Nur 42 % der Unternehmen wünschen sich den Staat als Vermittler zwischen Banken und Unternehmen - z. B. durch die Bereitstellung von Kreditmediatoren.
Krise beschädigt Vertrauen der Bankkunden

Die Finanzkrise hat das Vertrauen in die deutsche Bankenlandschaft und den Ruf der Branche aus Sicht von 57 % der Befragten deutlich beschädigt (Grafik 5). Das Vertrauen der Unternehmen in ihre Hausbanken und den persönlichen Berater hat dagegen selten gelitten. Die große Wechselwelle im Corporate Bank­ing bleibt daher aus. Die Bankbeziehungen blieben in der Krise recht stabil, und auch in Zukunft setzen 81 % der Unternehmen auf Kontinui­tät. Daher erstaunt es, dass trotz der hohen Stabilität die Mehrheit der Unternehmen aus der chemischen und pharmazeutischen Industrie mit ihren Banken bestenfalls zufrieden ist: Weit über 50 % der Unternehmen bewerten die Geschäftsbeziehungen nur durchschnittlich oder schlechter. Lediglich im Branchenvergleich relativiert sich dieses Bild: Hier gehören Chemie- und Pharmaunternehmen zu den zufriedensten Firmenkunden: Mit einem Anteil von 42 % sind überdurchschnittlich viele Unternehmen der Branche mit ihren Banken äußerst oder sehr zufrieden. Der Anteil weniger zufriedener oder gar unzufriedener Unternehmen beträgt lediglich 9 %, und damit vier Prozentpunkte weniger als im Vergleich zur Gesamtwirtschaft.

Beratung gewinnt an Bedeutung

Mehr als drei Viertel der befragten Unternehmen erwarten, dass sich der Wettbewerbsdruck auf die Banken künftig erhöhen wird und sich Service und Beratung dabei zu entscheidenden Wettbewerbsfaktoren entwickeln werden (Grafik 6). Konditionen und Preise bleiben aber ein weiterhin wichtiges Unterscheidungskriterium. Staatliche Förderung wird für 46 % der Unternehmen an Bedeutung gewinnen - deutlich weniger als im breiten Mittelstand. Dabei muss berücksichtigt werden, dass die Unternehmen aus Chemie und Pharma bereits überdurchschnittlich häufig über öffentliche Zuschüsse finanzieren. Insgesamt wird sich der Wettbewerbsdruck auf die Banken also deutlich erhöhen. Banken und Sparkassen können sich nicht auf Erreichtem ausruhen.

Die Bankpartner des Mittelstands sollen unternehmerischer denken, sich flexibler zeigen und bedarfsgerechte Produkte anbieten, fordern die Teilnehmer der Umfrage. Die Chemie- und Pharmaindustrie übt Kritik an den als starr empfundenen Standards der Banken. Sie fordert mehr Verhandlungsbereitschaft, weniger Bürokratie sowie individuellere Angebote und Lösungen. Aus Sicht der Unternehmen mangelt es seltener an kontinuierlicher Betreuung oder an einem guten Kontakt zum Firmenkundenberater. Auch das Interesse für die individuellen mittelständischen Geschäftsmodelle scheint bei den Banken mehrheitlich vorhanden.

Einzig beim Branchen-Know-how dürfen die Bankberater noch weiter zulegen.
Der Beratungsbedarf der mittelständischen Chemie- und Pharmaindustrie ist hoch. Banken werden jedoch nur in ihren Kernkompetenzfeldern zu Rate gezogen. Die beste Beratungsquote haben Banken im klassischen Banking: Von allen Unternehmen, die hier Beratung in Anspruch nehmen (54 %), gehen über 80 % zum Bankberater (Grafik 8). Auch Exportfinanzierung ist in der Branche ein gefragtes Beratungsfeld. Die Unternehmen nutzen hier häufiger Beratungsleistungen, gehen im Verhältnis allerdings etwas seltener zum Bankpartner als der Durchschnitt der Gesamtwirtschaft. Im Unterschied zur Gesamtwirtschaft fragen die Unternehmen auch bei Förderfinanzierung und modernen Finanzierungsinstrumenten häufig ihren Bankberater. Bei finanziellem Risikomanagement fällt die Quote dagegen eher gering aus. Noch seltener lassen sich die Unternehmen zu Fragen jenseits des klassischen Bankings - beispielsweise zur Geschäftsstrategie - von ihren Bankpartnern beraten.

Branche fordert mehr Transparenz bei Bewertungsverfahren

Die befragten Unternehmen halten ihr Finanzmanagement für insgesamt recht solide, sehen aber Handlungsbedarf bei Rating und Eigenkapitalquote (Grafik 9). Die chemische und pharmazeutische Industrie gibt sich insgesamt recht selbstkritisch und legt den Schwerpunkt klar auf die Verbesserung ihres Ratings (58 %). Die Eigenkapitalquote nehmen 53 % der Unternehmen auf die Agenda. Die Branche will sich zu diesem Zweck stärker in Finanzfragen weiterbilden und ihr Wissen über alternative Finanzierungsformen ausweiten.

Defizite im Finanzmanagement werden jedoch nur zu 27 % genannt, was angesichts der eingeräumten Wissenslücken erstaunt: Denn wer sich in Finanzfragen nicht gut auskennt, kann seine Finanzen auch nicht gut managen. Und wer seine Finanzen nicht gut managt, wird seine Leistungswerte kaum steigern können.
Mittelständler wissen, dass sie sich stärker öffnen müssen, fordern aber zugleich mehr Transparenz aufseiten der Banken. Die Unternehmen aus Chemie und Pharma gehen davon aus, dass Banken ihre Ansprüche an Sicherheiten und Offenlegung künftig weiter erhöhen werden. Rund die Hälfte der Unternehmen will sich in der Finanzkommunikation daher verbessern. Der Mittelstand fordert umgekehrt aber auch mehr Transparenz aufseiten der Banken: Zwei Drittel aller Umfrageteilnehmer wünschen sich standardisierte Bewertungsverfahren und eine klarere Begründung unternehmensrelevanter Entscheidungen durch die Banken.

Kontakt

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