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Diagnostikmarkt profitiert vom Trend zur personalisierten Medizin

13.12.2011 -

Der Diagnostikmarkt profitiert vom Trend zur personalisierten Medizin. Es wird der Tag kommen, an dem Therapieentscheide auf dem genetischen Profil eines Patienten basieren und nicht auf Versuch und Irrtum, an dem Behandlungen auf die eigentlichen Krankheitsursachen zugeschnitten sind und nicht auf Symptome. "Dies ist unsere Vision einer personalisierten Medizin“, sagt Dr. Severin Schwan, CEO des Schweizer Roche-Konzerns. Damit steht der Anfang 40-Jährige, der im März 2008 die Konzernleitung von Dr. Franz B. Humer übernahm, nicht nur für das bewährte Geschäftsmodell von Roche, das auf der Kombination von Diagnostik und Therapie basiert, sondern beschreibt einen wesentlichen Trend in der Pharmabranche.

Denn immer mehr forschende Pharmaunternehmen setzen auf die parallele Entwicklung neuer Medikamente und Labortests zu deren Wirkung und Verträglichkeit. Nach Angaben des Verband der Forschenden Arzneimittelhersteller (VFA) werden zu einem Viertel der Medikamente, die derzeit in Deutschland entwickelt werden, gleichzeitig Labortests erprobt. Zwei Jahre zuvor war der Anteil nur halb so groß.

Zwar ist im Vergleich zu den weltweiten Pharmaumsätzen von 675 Mrd. US-$ das Volumen des Weltmarkts für In-vitro-Diagnostik, das auf 32 Mrd. US-$ geschätzt wird, noch gering, doch dies könnte sich aufgrund des erhöhten Kostendrucks in der Gesundheitsbranche schon bald ändern. Nach einer Studie von Booz Allen Hamilton ließen sich weltweit rund 380 Mrd. US-$ einsparen, würde das Potential personalisierter Medizin genutzt. Mittels Labortests zur Wirkung eines Medikaments könnten ineffiziente oder gar gefährliche Therapien vermieden werden, insbesondere im Bereich der Krebs- oder Alzheimertherapie, bei der bestimmte Medikamente nur bei 25 bzw. 30 % der Patienten ansprechen.

Hohes Wachstumspotential bei molekularer Diagnostik

Rund 2,7 Mrd. US-$ des Diagnostikmarktes entfallen auf molekulare Diagnostik, für die besonders hohe Wachstumsraten vorausgesagt werden. Während Experten für den Gesamtmarkt mit einem Plus von 3-5 % pro Jahr rechnen, werden für das Segment der molekularen Diagnostik jährliche Wachstumsraten von 17 % prognostiziert. Nach einer Studie der Bayern LB könnten im Jahr 2012 weltweit bereits 5 Mrd. US-$ mit molekularen Diagnostika umgesetzt werden.

50 % der molekularen Diagnostik machen derzeit Tests auf Infektionskrankheiten aus, insbesondere für Blutproben, die z. B. auf Hepatitis und HI-Viren getestet werden. Je rund ein Viertel entfallen auf Krebstests und auf pharmakogenetische Tests, die vorhersagen, ob ein Patient ein Medikament verträgt bzw. ob es bei ihm wirkt. Sowohl im Bereich der kostenintensiven Krebstherapie ebenso wie bei den pharmakogenetischen Tests besteht ein großes Wachstumspotential für die molekulare Diagnostik. Kaum ein Krebsmedikament wird heute ohne den entsprechenden Labortest entwickelt.

Konsolidierung in der Diagnostikindustrie

Um in Zukunft vom schnell wachsenden Markt für Diagnostika zu profitieren, setzen derzeit sowohl die großen Pharmaunternehmen als auch Diagnostikanbieter auf gezielte Zukäufe und schrecken dabei auch nicht vor hohen Preisen zurück. Seit der Übernahme der Diagnostiksparte von Bayer für 5,25 Mrd. US-$ (2006) und Dade Behring für 1,74 Mrd. US-$ (2007) durch Siemens schreitet die Konsolidierung der Branche mit raschem Tempo voran. Im Februar 2008 übernahm Marktführer Roche das US-Unternehmen Ventana für einen Kaufpreis von 3,4 Mrd. US-$, was dem 67-fachen des EBITDA entspricht. Das US-Unternehmen hat sich auf Geräte zur Gewebeuntersuchung spezialisiert, mit denen sich Krebsmedikamente schneller entwickeln lassen.

Qiagen verstärkte sich in den zurückliegenden 12 Monaten gleich zweimal: durch die Übernahme des Spezialisten für molekulare Diagnostik, Digene, für 1,6 Mrd. US-$ (76-fache des EBITDA) im Jahr 2007 und aktuell durch den Kauf von Corbett Life Science im Juli 2008 (70 Mio. US-$) in der Gerätetechnik. Derweil übernahm Hologic den Qiagen-Wettbewerber Third Waves, der noch keine Gewinne erzielt, für 580 Mio. US-$.

Mit der Aufstockung des Übernahmeangebots von Solvay an das belgische Unternehmen Innogenetics steht eine weitere Akquisition durch ein europäisches Unternehmen aus. Auch in Übersee ist man aktiv: Im Juni 2008 kündigte der US-Biotechkonzern Invitrogen die 6,4-US-$-Milliarden-schwere Übernahme von Applied Biosystems vom Applera-Konzern an.

Weg vom Blockbuster?

„Natürlich braucht es für die Umsetzung einer personalisierten Medizin noch Jahre herausragender Forschung, und kein Unternehmen kann diese Aufgabe allein lösen. Wir wollen dabei jedoch eine führende Rolle spielen. Damit einhergehende Vorteile wie verbesserte Behandlungsresultate, geringere Nebenwirkungen und sinkende Gesundheitskosten sind allemal der Mühe wert“, kommentiert Schwan seine eingangs zitierte Vision.

In der Tat kommt der Trend zur personalisierten Medizin einem Paradigmenwechsel in der Pharmabranche gleich. Über viele Jahre lag der Fokus der forschenden Pharmaunternehmen auf der Entwicklung so genannter Blockbuster – Medikamente, mit Umsätzen von über 1 Mrd. US-$, mit der eine breite Gruppe an Patienten behandelt werden kann. Doch die Entwicklungskosten eines innovativen Umsatzschlagers steigen stetig und liegen heute im Schnitt bei 800 Mio. US-$. Eine Ursache dafür sind breit angelegte klinische Studien an bis zu 100.000 Probanden, die aufgrund der großen Einsatzbreite eines Blockbusters durchgeführt werden müssen. Zudem wird durch die zunehmende Konkurrenz von Generika-Anbietern der Zeitraum immer kürzer, in dem Unternehmen ihre Entwicklungskosten wieder erwirtschaften können.

Personalisierte Medikamente verfügen

Im Vergleich zu Blockbustern über einen kleineren Markt. Damit reduziert sich auch die Zahl der Probanden in den klinischen Studien. Auch trägt die parallele Entwicklung eines Labortests oft zu einer verkürzten Zeitspanne bis zur Zulassung bei, was wiederum Entwicklungskosten reduziert. Darüber hinaus bietet die pharmakogenetische Diagnostik den forschenden Pharmaunternehmen einen strategischen Vorteil gegenüber Generika-Wettbewerbern, die eine kombinierte Entwicklung von Diagnostik und Therapie in der Regel nicht leisten können.

Doch die Strategie birgt auch Risiken: Das Entlohnungssystem im Gesundheitswesen legt seinen Schwerpunkt derzeit fast ausschließlich auf die Behandlung von Krankheiten und nicht auf deren Diagnostik und Vorbeugung.

Dennoch ist ein Großteil der forschenden Pharmaunternehmen zuversichtlich und investiert weiter in die personalisierte Medizin. Die Ökonomie wird es richten, so die Meinung internationaler Experten. Diagnostika werden helfen, das Gesundheitssystem effizienter zu gestalten.

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