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Dow zwischen Krisenbewältigung und Milliardengeschäft

Olympia 2012 ist für den Chemiekonzern eine Medaille mit zwei Seiten

27.07.2012 -

Dow Chemical steht bei den olympischen Spielen in London vor einem schwierigen Spagat. Als offizieller Chemie-Partner bieten sich dem US-Chemiekonzern zahlreiche neue Geschäftsmöglichkeiten und die Chance, das Bild des Unternehmens in der Öffentlichkeit langfristig positiv zu verankern. Gleichzeitig wird der Chemikalienhersteller im Vorfeld der Spiele immer wieder mit dem tragischen Unglück in Bhopal 1984 in Verbindung gebracht. Ein Zwischenfall der viele tausend Tote forderte - und mit dem Dow direkt nichts zu tun hatte. Im Rampenlicht der Olympiade 2012 kämpft Dow gegen die Schatten der Vergangenheit.

Seit Juli 2010 ist der amerikanische Konzern Dow ein fester Teil des TOP-Programms („The Olympic Partners") und somit Partner der olympischen Spiele. Für den Chemieriesen werden es die ersten Spiele als offizieller Chemie-Partner des IOC sein, obwohl es in der Vergangenheit bereits mehrfach Kontakt zwischen Dow und Olympia gab. „Unsere Beziehung zu den olympischen Spielen reicht 30 Jahre bis zu den Winterspielen in Lake Placid zurück", sagt Keith Wiggins, Geschäftsführer Dow UK, Ireland & Nordic im Interview mit CHEManager Europe. „Damals haben wir große Mengen Isolationsstoffe gespendet, die auf den Eis- und in den Bobbahnen eingesetzt wurden."

Drei Jahrzehnte später gestaltet sich der Beitrag des zweitgrößten Chemikalienherstellers der Welt deutlich umfangreicher. Bei Olympia 2012 in London finden sich zahlreiche Produkte von Dow in mehreren Sportstätten und in Infrastruktureinrichtungen. Besonderes Augenmerk gilt dem Aushängeschild jeder Olympiade: dem Olympiastadion. Die Arena wird von einer Textilhülle umspannt, die von Dow gefertigt und mit Elastomer-Harz ausgehärtet wurde. Emissionen entstanden bei der Produktion der mehr als 300 Kunststoffelemente nicht - und damit folgt die Außenhaut des Stadions voll dem olympischen Nachhaltigkeitsgedanken. „Im „Sustainable Sourcing Code" hat das Londoner Organisationskomitee seinen Wunsch ausgedrückt, die Spiele zu einer Referenz für Nachhaltigkeit zu machen, an der sich Organisationen weltweit messen lassen müssen", sagt Wiggins.

Harte Kritik an Dow und IOC

Dow, als offizieller Chemie-Partner, spielt bei diesem Unterfangen eine tragende Rolle, wird in der Öffentlichkeit jedoch nicht unkritisch gesehen. Immer wieder stellen Organisationen wie Amnesty International Verbindungen zwischen Dow und dem Chemieunglück im indischen Bhopal 1984 her. Aus einer Produktionsanlage des US-Konzerns Union Carbide strömten damals mehrere Tonnen giftige Gase, die zum Tod von bis zu 10.000 Menschen führten. Dow hatte 2001 Union Carbide übernommen und soll nun für die längst überfälligen Aufräumarbeiten in Bhopal zur Verantwortung gezogen werden. Der Konzern muss sich harter Kritik erwehren. „Durch die giftige Altlast, die Dow Chemicals anhängt, scheint es absurd, dass das Londoner Organisationskomitee diese Firma als Sponsor für eine Veranstaltung gewählt hat, die als die nachhaltigsten Spiele aller Zeiten angekündigt wurde. Es wird Zeit, dass sie (Anm.: Die Mitglieder des Organisationskomitees) ihren Fehler zugeben und sich entschuldigen", so Madhu Malhotra, Direktorin für Gleichberechtigung bei Amnesty International.

Wiggins kontert im Interview mit CHEManager Europe, Dow sei nie im Besitz der Produktionsanlage in Bhopal gewesen, noch habe Dow die Anlage betrieben. Zudem sei es bereits 1989 zu einer Einigung zwischen der indischen Regierung und Union Carbide gekommen, lange bevor Dow 2001 Union Carbide erworben hat. „Wir, genau wie der Rest der Industrie, haben aus diesem tragischen Unglück gelernt und mitgeholfen, die Sicherheit so zu verbessern, dass solche Vorfälle nie wieder geschehen", so Wiggins. Die Diskussion scheint festgefahren und wird die Olympiade wohl bis zur Abschlusszeremonie am 12. August begleiten.

Milliardengeschäft trotz Gegenwind

Während man auf der einen Seite nicht müde wird, die Zustände in Bhopal zu thematisieren, freut man sich auf der anderen Seite darüber, Olympia-Partner zu sein. „Wir hoffen, dass unsere Mitarbeiter stolz darauf sind, für den offiziellen Chemie-Partner der olympischen Spielen zu arbeiten", sagt Wiggins. Doch abgesehen von guter PR soll sich das langfristige Engagement für Olympia auch positiv auf die Bilanzen von Dow auswirken. Mehr als 30 Dow-Unternehmen sind an Infrastrukturprojekten der olympischen Spiele beteiligt, man erhofft sich von den Spielen in London sowie den folgenden Olympiaden in Sotchi (2014), Rio (2016) und Pyeongchang (2018) Zugang zu Investitionen in Höhe von 150 Mrd. US-$. Neben allen Nachhaltigkeitsstrategien und sportlichen Höchstleistungen bleiben die olympischen Spiele für die Beteiligten eben doch vor allem eines: eine Investitionsmöglichkeit mit großartigen Gewinnchancen.

Das vollständige Interview mit Keith Wiggins von Dow lesen sie hier.

Weitere Themen zu Olympia, z.B. zum olympischen Geist oder zur Geschichte der olympischen Spiele, bietet Wiley hier.

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