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End-to-End-Prozessorganisation ist der Schlüssel zu operativer Exzellenz

26.09.2012 - Immer anspruchsvollere Kundenanforderungen und der stetig steigende globale Wettbewerb führen zu einem permanenten Druck auf die betrieblichen Abläufe und Prozesse.

Operative Exzellenz ist heute nicht mehr „nice to have", sondern ein strategisches Programm für global agierende Chemieunternehmen. Die zunehmende Komplexität von Organisationen getrieben durch globale Präsenz, sich weiter entwickelnde Produktionsnetzwerke, Fusionen und Übernahmen stellt Unternehmen vor die Herausforderung, ihre operativen Abläufe kontinuierlich zu hinterfragen und zu verbessern.

Prozessorientierung wird zunehmend wichtiger für global agierende Chemieunternehmen. Dabei hat sich die End-to-End (E2E)-Perspektive zu einem führenden Prinzip entwickelt. Selbst einfache Prozesse wie Rechnungslegung oder operative Beschaffung sind über komplexe Organisationsstrukturen verteilt, mit globaler Governance, regionalen Funktionen und lokalen Serviceeinheiten (Business Partnern).
Die Umstrukturierung von Prozessen, die sich vollständig, d.h. E2E, durch das gesamte Unternehmen ziehen, ermöglicht deutliche Leistungssteigerungen.

Eine umfassende End-to-End-Prozessorganisation stellt sicher, dass alle Abläufe in einem Geschäftsprozess bestmöglich zusammenarbeiten und auf den gemeinsamen Zweck hin, nämlich das Erfüllen der Kundenbedürfnisse, optimiert und abgestimmt sind. Die konkreten und messbaren Verbesserungen betreffen die variablen und fixen Kosten, Qualitätsaspekte, Schnelligkeit und letztendlich auch Rentabilität. Grundlage hierfür sind harmonisierte Prozesse als Voraussetzung für kontinuierliche Verbesserung, Konsistenz in der Leistungserbringung und Vermeidung von Redundanzen.

Vorteile einer Harmonisierung

Die Harmonisierung von Geschäftsprozessen über unterschiedliche Organisationseinheiten, Wertschöpfungsstufen und geografische Regionen hinweg eröffnet eine Reihe von Vorteilen:

  • besseres Prozessverständnis und -transparenz
  • vermeidet Prozess- und Systemschnittstellen
  • vereinheitlicht Transaktionsprozesse, auch unter Compliance-Aspekten
  • gesteigerte zwischenbetriebliche Koordination und Integration nach Fusionen und Übernahmen (M&A)
  • Voraussetzung für Steuerung mit Kennzahlen/KPIs
  • Ermöglicht eine Bündelung von einheitlich ausgeführten Prozessen
  • Bildet die Grundlage für Prozesstrainings und Dokumentationen
  • Schafft die Basis für kontinuierliches Prozessmanagement
  • Reduziert die Kosten für Prozessadministration sowie Cashflow- und Topline-Effekte

Geschäftsprozess-Management

Das Geschäftsprozess-Management beschreibt, wie die Organisation arbeitet, um ein bestimmtes Ziel zu erreichen. Es definiert also eine Reihe von Abläufen, die eine oder mehrere Personen nach bestimmten Anweisungen durchführen. Heute bewerten die meisten Unternehmen Prozesse als strategisches Kapital. Prozessmodellierung ist dabei weit verbreitet, um ein End-to-End-Management einzelner Prozesse zu erreichen.
Dabei gilt es fünf grundlegende Fragen zu klären:

  • Prozessdesign: Was sind die genauen Prozesse und die einzelnen Schritte, in denen diese auszuführen sind?
  • Mitarbeiter: Wer führt die Prozesse auf Grund seiner entsprechenden Fertigkeiten aus?
  • IT-Infrastruktur: Wie werden die Prozesse technologisch unterstützt?
  • Messung: Wie wird die Prozessleistung ermittelt und kontrolliert?
  • Ownership (Eigentümerschaft): Bei wem liegt die Verantwortlichkeit für den einzelnen Prozess und seine Ergebnisse?

So ist z.B. die Eigentümerschaft von Kernprozessen (Process Ownership) ein kritischer Erfolgsfaktor. Ohne eine klare Zuordnung der Eigentümerschaft sind Management und Bewertung von Prozessen nicht möglich. Außerdem stehen in den komplexen Konzernstrukturen viele Prozesse in Wechselwirkung mit anderen Unternehmensfunktionen. Dieses Maß an gegenseitiger Abhängigkeit zeigt bereits die Notwendigkeit eines einzigen Process Owners, der den Prozess von Anfang bis Ende im Blick hat. Der Order-to-Cash-Prozess etwa betrifft die Funktionen Vertrieb, Finanzen und Logistik. Nur ein definierter Process Owner kann die funktionsübergreifende Verantwortung über den gesamten Prozess wahrnehmen.

E2E-Prozessführung

Die bestehenden Organisationsmodelle von Chemieunternehmen sind häufig nicht geeignet für eine effektive E2E-Prozessführung. Die meisten kleinen und mittelständischen Unternehmen basieren auf einer funktionalen Struktur auf zweiter Ebene, während viele multinationale Chemiekonzerne in Geschäftseinheiten gegliedert sind, die von zentralen Funktionen unterstützt werden. Beide Organisationsprinzipien passen auf den ersten Blick nicht zum E2E-Prozessansatz.

Auch hier dient der Order-to-Cash-Prozess als Beispiel, der einzelne Prozessteile aus den Bereichen Vertrieb, Finanzen und Supply Chain Management vereint. Die grundlegende Frage ist, wie eine übergreifende E2E-Verantwortlichkeit in der Organisation verankert werden kann. Diesbezüglich lassen sich es drei grundlegende Typen von Prozessorganisation in der chemischen Industrie herausstellen: Process Owner-Organisation, Major User-Organisation, Governance-Organisation.

In der Process Owner-Organisation werden Verantwortlichkeiten für E2E-Prozesse definiert, die die entsprechenden Abläufe funktionsübergreifend verantworten. Sie sind verantwortlich für das Design und stellen sicher, dass dieses befolgt wird. Zudem werden die Prozesse kontinuierlich verbessert. Hiermit ist nicht zwingend die Verantwortung für die operative Durchführung sämtlicher Prozessteile verbunden. Dieses Modell legt die Grundlage für eine kontinuierliche Prozessharmonisierung und -optimierung.

Der Nachteil dieser Lösung sind jedoch zusätzliche Schnittstellen und der erhöhte Aufwand für Koordination und Eskalation. Während diese Koordination bei kleineren Unternehmen mit einem hohen Innovationspotential nützlich sein kann, um Prozessinnovation zu beschleunigen, kann sie bei großen multinationalen Konzernen mit komplexen Prozessen die Effizienz beeinträchtigen.

In der Major User-Organisation werden die E2E-Prozesse vollständig den Funktionseinheiten zugeordnet, in denen sie hauptsächlich verantwortet und/oder gesteuert werden. So wird in einem einfachen Fall z.B. der Purchase-to-Pay-Prozess der Beschaffungsfunktion zugewiesen. Die Major User-Organisation ist pragmatisch und ressourceneffizient, kann aber zu Interessenskonflikten und erhöhten Verwaltungskosten führen. Besonders bei Prozessen mit mehreren Schnittstellen, wie z.B. dem Order-to-Cash-Prozess, werden Hauptnutzermodelle oft aus einer individuellen und opportunistischen Perspektive gesteuert, wenn sie einer einzigen Funktionseinheit wie Vertrieb oder Finanzen/Controlling zugewiesen werden.
Die Governance-Organisation funktioniert über eine zentrale Konzernstelle, die eine globale fachliche Verantwortung für die Prozessvorgaben der E2E-Prozesse hat.

Die Governance-Organisation ist verantwortlich für die Prozessharmonisierung, erforderliche Entwicklungen, kontinuierliche Verbesserung sowie für Entscheidungen über nötige Prozessveränderungen oder Anpassungen an regionale/lokale Besonderheiten. Diese Führungsrolle lässt sich mit der Übernahme einer Service-Rolle zur Unterstützung von Projekten zur Prozessverbesserung verbinden. In jedem Fall bleibt die operative Verantwortung bei den Funktionseinheiten oder Geschäftseinheiten, sodass sich zusätzliche Koordinationsmaßnahmen auf das Management von Synergien und die Durchsetzung der Prozessharmonisierung konzentrieren.

Wesentliche Vorteile der Governance-Organisation liegen im Aufbau von prozessspezifischen Kompetenzen und in der neutralen Rolle der Governance im Fall von Interessenskonflikten zwischen Funktionen und Business Units. Dieses Organisationsmodell erfordert allerdings in der Aufbauphase Vorabinvestitionen, die sich je nach Business Case zwischen ein und drei Jahren refinanzieren. Um den Nutzen und den Business Case für das jeweilige Unternehmen zu bewerten, müssen bestimmte Einflussfaktoren bewertet werden, z.B. die Unternehmensgröße und -struktur, die Heterogenität des Geschäfts sowie der spezifische Reifegrad der Prozesse und Systeme.

Fazit

Geschäftsprozesse sind heute mehr als eine rein operative Notwendigkeit - immer mehr Unternehmen in der chemischen Industrie verstehen Geschäftsprozesse als echte Unternehmenswerte und strategische Ressource. Exzellenz in den Geschäftsprozessen wirkt sich entscheidend auf die Leistungsfähigkeit und Rentabilität eines Unternehmens aus.

End-to-End-Prozessmanagement stellt dabei einen entscheidenden Hebel dar, um Unternehmensfunktionen, Geschäftseinheiten und operative Abläufe optimal aufeinander abstimmzustimmen. E2E-Prozessmanagement erfordert jedoch fundierte Prozesskenntnisse und die richtige Auswahl und Einstellung der unterstützenden Systeme. Somit ist es für die Umsetzung unabdingbar, innerhalb des Unternehmens ein entsprechendes Expertennetzwerk aufzubauen. Dafür gibt es kein Patentrezept: Die richtige Prozessorganisation ist abhängig von der Größe, Komplexität und Kundenstruktur des jeweiligen Unternehmens. Aus organisatorischer Perspektive verspricht ein Governance-Modell klare Vorteile gegenüber Matrixmodellen oder einer pragmatischen Major User-Lösung. Damit ist aber eine Investition verbunden, die ebenso wie ein Investment in zusätzliche Anlagenkapazitäten gerechnet werden muss.

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