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Pharmafirmen haben weniger neue Medikamente in der Pipeline

02.07.2013 -

Die Pharmaindustrie hat immer weniger neue Medikamente in der Pipeline. Derzeit werde 324 Arzneimitteln die Chance eingeräumt, innerhalb der kommenden vier Jahre auf den Markt zu kommen, teilte der Verband der forschenden Pharma-Unternehmen in Deutschland (vfa) am Dienstag mit. Noch vor zwei Jahren waren es 359, im Jahr 2009 sogar 442. Grund sei, dass es länger dauere, bis ein Medikament zugelassen werden könne, sagte Vfa-Experte Siegfried Throm. "Die Mittel stecken in den Studien fest." Die Unternehmen rechneten damit, dass es weniger Phase-II-Projekte binnen gut vier Jahren bis zur Zulassung schafften als dies noch vor ein paar Jahren der Fall gewesen sei. Arzneien müssen vor einer Zulassung erst drei Phasen der klinischen Erprobung am Menschen bestehen.

Viele Pharmafirmen sind auf neue Medikamente angewiesen, weil die Patente für wichtige Umsatzbringer ablaufen und sie deswegen neue Erlösquellen benötigen. "Patentabläufe stehen naturgemäß auch für die nächsten Jahre an, wenn auch nicht im selben Ausmaß wie 2012", sagte Vfa-Vorsitzender Hagen Pfundner. Die zunehmende Konkurrenz durch Nachahmerprodukte machte nach dem Ablaufen wichtiger Patente zuletzt zahlreichen Unternehmen weltweit schwer zu schaffen, viele Firmen mussten Gewinneinbrüche hinnehmen.

Ihre Hoffnung setzen die forschenden Pharmafirmen auf neue Behandlungsmöglichkeiten für Krebs. Jedes dritte Medikament, das sich derzeit in der Spätphase der klinischen Erprobung befinde, entfalle auf diesen Bereich, gefolgt von Entzündungskrankheiten wie Rheuma und Infektionserkrankungen, sagte Pfundner. Immer mehr in den Blickwinkel der Firmen gerieten neurodegenerative Erkrankungen wie Alzheimer, gegen die es bisher noch keine Medikamente gebe. Kaum noch eine Rolle spielten dagegen Mittel gegen leichtere Krankheiten wie Schlafstörungen, Wechseljahresbeschwerden oder Heuschnupfen.

An Bedeutung gewinne auch die personalisierte Medizin, sagte Pfundner. Dabei erfassen moderne Diagnoseverfahren genetische Besonderheiten, aufgrund derer das passende Medikament ausgewählt werden kann. "In der Krebsmedizin ist dieser Ansatz aufgrund der Komplexität der Erkrankung richtungsweisend", sagte er. Im Moment würden in Deutschland 31 derartige Medikamente eingesetzt, wie etwa das Darmkrebs-Mittel Erbitux, das mit Erlösen von 887 Mio. € zu den Umsatzstützen des Pharmakonzerns Merck gehört. Sechs weitere Medikamente seien im Zulassungsverfahren.

Der Vfa vertritt die Interessen von 44 Pharmakonzernen, darunter Größen wie Bayer, Pfizer, Glaxosmithkline und Sanofi. Seine Mitgliedsfirmen kommen derzeit für rund zwei Drittel des gesamten Arzneimittelumsatzes in Deutschland auf.